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Viel Geduld gefragt bei Cisalpino

www.cisalpino.com

Die SBB rechnen nicht mehr damit, dass zum Fahrplanwechsel im Dezember die seit langem erwarteten neuen Cisalpino-Züge zur Verfügung stehen. Dies hat negative Folgen für Kunden im Bahnverkehr mit Italien. Für Cisalpino ist die Angelegenheit äusserst peinlich.

Cisalpino als Tochterunternehmen der schweizerischen und der italienischen Staatsbahnen kümmert sich um den Personenverkehr zwischen der Schweiz und Italien. Neben den konventionellen EC-Zügen setzt Cisalpino vor allem Neigezüge des Typs ETR 470 ein. Sie sind ihr eigentliches Markenzeichen.

Leider kam es bei diesen Neigezügen immer wieder zu Pannen und technischen Störungen. Toiletten funktionierten nicht, Türen klemmten, die Klimaanlage fiel aus. Für die Kunden besonders ärgerlich waren und sind aber die ständigen Verspätungen.

Cisalpino hat das Problem erkannt und bemüht sich um Abhilfe. So wird ein Teil der ETR-470-Flotte momentan einem «Restyling» unterworfen. Auf der Strecke Zürich-Mailand-Zürich sind diese Neigezüge daher vorübergehend nicht im Einsatz.

Versprechungen nicht gehalten

Verbesserungen versprach die Cisalpino AG seit Jahren auch mit dem Einsatz der neuen Generation von Neigezügen, den schnabelförmigen ETR 610. Bereits im Jahr 2004 hatte Cisalpino bei Alstom 14 dieser Zugskompositionen für ein Auftragsvolumen von über 300 Millionen Euro bestellt.

Vereinbart war eine erste Lieferung im Mai 2007. Im Dezember 2007 hätten die ersten Cisalpino-Züge der Baureihe ETR 610 im Personenverkehr zwischen der Schweiz und Italien zum Einsatz kommen sollen. Doch dann wurde dieser Termin um ein Jahr verschoben. Technische Probleme.

Und jetzt ist klar: Selbst für den geplanten Einsatz ab der Fahrplanumstellung am 14. Dezember wird der Zug nicht bereit sein. Dabei teilte die Cisalpino AG noch Juni 2008 in einem Mediencommuniqué mit: «Cisalpino blickt mit Optimismus auf die ETR 610 –Ära.»

Neues Wording bei Cisalpino

Die Situation ist peinlich. «Wir wollen keinen konkreten Termin für den Einsatz der ETR 610 mehr nennen», sagt Cisalpino-Sprecher Renzo Cicillini. Und spricht jetzt von einer «schrittweisen Einführung der neuen Neigezuggeneration».

Cicillini bestätigt indes, dass Alstom für die Verspätung Konventionalstrafen bezahlen muss. Ihre Höhe ist vertraglich abgemacht, bleibt aber geheim.

Diese Situation hat konkrete Auswirkungen auf den Personenverkehr mit Italien. Denn im Fahrplan 2008/2009 war vorgesehen, dass sieben ETR-610-Kompositionen über die Grenze von und nach Mailand fahren. Sie müssen durch anderes Rollmaterial ersetzt werden.

Doch im Gegensatz zu den vorgesehen ETR-Neigezügen können weder herkömmliche Lokomotiven noch IC-Neigezüge der SBB auf dem italienischen Netz verkehren. Deshalb müssen Passagiere von und nach Italien vermehrt in Lugano oder Brig umsteigen und längere Fahrzeiten in Kauf nehmen.

Nur noch bis Mailand

Wegen des ETR 610-Ausfalls soll die bestehende Flotte der ETR-470-Neigezüge nur noch bis Mailand geführt werden, «zumindest vorübergehend», wie SBB-Sprecher Roland Binz betont. Von dort bestünden gute Anschlussverbindungen an weitere italienische Destinationen.

Einige Cisalpino-Neigezüge fahren somit nicht mehr bis Venedig, Triest oder Florenz, weil sie im Schweiz-Verkehr eingesetzt werden. Dabei halten die SBB prinzipiell an ihrem Konzept fest, Cisalpino- und IC-Neigezüge im Nord-Süd-Verkehr abwechselnd im Stundentakt einzusetzen.

Auch bei der Cisalpino AG ist man verärgert über die Situation. Doch das Unternehmen will sicher gehen, dass die neuen ETR 610 technisch einwandfrei sind. Ein Desaster, wie es mit den ETR 470 geschehen ist, soll unbedingt vermieden werden. Lieber nochmals eine Verspätung als neuen Spott.

swissinfo, Gerhard Lob

Die Cisalpino AG wurde am 23. November 1993 durch die italienischen und die schweizerischen Bahnen (Trenitalia SpA und SBB) gegründet. Ziel der Gesellschaft ist die Förderung des internationalen Personenverkehrs auf der Schiene.

Seit Dezember 2005 ist die Cisalpino AG für sämtliche internationalen und alpenquerenden Tagesverbindungen zwischen der Schweiz und Italien verantwortlich.

Die wichtigsten Strecken sind Genf-Brig-Mailand, Basel-Bern-Lötschberg-Mailand und Zürich-Gotthard-Mailand und umgekehrt.

Der Unternehmenssitz befindet sich in Bern. Pro Jahr werden rund 12 Millionen Passagiere transportiert.

Neben den von Fiat Ferroviaria gebauten Neigezügen des Typs ETR 470 gehört auch konventionelles Rollmaterial EC/IC zur Cisalpino-Flotte.

Im Jahr 2004 hat Cisalpino 14 neue Neigezüge mit dem avantgardistischen Design von Giorgetto Giugiaro (ETR 610) bestellt. Sie sollten eigentlich schon verkehren, sind aber immer noch nicht im Einsatz.

Wegen Pannen, technischen Problemen und Verspätungen mit dem ETR Neigezug 470 ist Cisalpino häufig ins Kreuzfeld der Kritik geraten.

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