Vier autofreie Sonntage?
Eine Volksinitiative verlangt, dass viermal pro Jahr alle Strassen und Plätze nicht für Autos, sondern für autofreie Mobilität, für "Lifestyle" zur Verfügung stehen.
Regierung und Parlamentsmehrheit lehnen die Vorlage des rot-grünen Lagers ab. Die Stimmenden entscheiden am 18. Mai.
In den letzten Jahren hatten verschiedene rot-grüne Initiativen zur Verkehrspolitik Schiffbruch erlitten. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wollten klar nichts wissen von der Halbierung des Strassenverkehrs (2000) und auch eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 (2001) blieb chancenlos.
Die aktuelle Volksinitiative «für einen autofreien Sonntag pro Jahreszeit – ein Versuch für vier Jahre» kommt deutlich weniger radikal daher: An vier Sonntagen, verteilt auf die vier Jahreszeiten jeweils exakt von 04.00 bis 24.00 Uhr, soll schweizweit das Privatauto von Strassen und Plätzen verbannt werden – inklusive Autobahnen.
Wird die Initiative angenommen, so ist es Aufgabe der Regierung, in einer Verordnung die Ausnahmen zu bestimmen. In ihrem Argumentarium wollen die Initianten beispielsweise Hilfs- und Notfalltransporte, Feuerwehr und Polizei, Taxifahrten in begrenztem Rahmen, landwirtschaftlichen Verkehr oder den Transport von verderblichen Gütern auch an den autofreien Sonntagen fahren lassen.
Nicht Umweltschutz sondern Lebensgefühl
Die so genannte «Sonntags-Initiative» will «der Schweizer Bevölkerung und ihren Gästen vier Mal jährlich autofreie Strassen schenken». Sie ist gemäss eigener Einschätzung «weniger eine Umwelt- als eine Lebensstil-Initiative».
Argumentiert wird denn auch nicht mit Umweltschutz, sondern die vier zentralen Botschaften lauten «Freiraum», Lebensfreude», Freizeit» und «Besinnung».
Die Grüne Nationalrätin Franziska Teuscher verweist ebenfalls auf das Gefühl «eines richtigen ruhigen Sonntags». Es brauche ein schweizweites Autoverbot, «damit wir das neue Lebensgefühl überall erleben können».
Pierre Triponez, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes und freisinniger Nationalrat, spricht hingegen von einem «einzigartigen Eingriff in die Bewegungsfreiheit» der Bürgerinnen und Bürger: «Nirgends auf der ganzen Welt gibt es ein so flächendeckendes Fahrverbot.»
Chance oder Gefahr für Tourismusregionen?
Zudem sieht Triponez wirtschaftliche Probleme: «Es geht um weit mehr als Garagen oder Autobahnraststätten. Der Tourismus sowie vor allem Berg- und Randregionen wären mit den Fahrverboten eindeutig benachteiligt und wirtschaftlich gefährdet.»
Franziska Teuscher betont hingegen die Chancen für den Tourismus: «Es wäre einmalig in ganz Europa, dass die Schweiz an vier Sonntagen im Jahr keinen Autoverkehr auf der Strasse hat.» Zudem wäre ja der öffentliche Verkehr vom Verbot nicht betroffen.
Die Mehrheit des Parlaments folgte dieser Haltung nicht. Der Ständerat lehnte die Initiative mit 34 Nein zu 8 Ja, der Nationalrat mit 96 Nein zu 70 Ja ab. Ein Gegenvorschlag kam nicht zustande.
Autofreie Sonntage 1956 und 1973
Die ersten autofreien Tage gab es in der Schweiz bereits 1956 wegen der Suezkrise. Und 1973 verordnete der Bundesrat drei autofreie Sonntage: Die Ölkrise hatte zu einem Versorgungs-Engpass geführt.
Seither tauchte die Idee immer wieder auf – allerdings ohne Erfolg. 1978 verwarfen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger eine Initiative für 12 autofreie Sonntage deutlich (bloss 36% Ja-Stimmen).
Auch verschiedene Standes-Initiativen, welche autofreie Tage forderten, blieben chancenlos. Mitte 90er Jahre versuchte das Jugendparlament erfolglos, die Abgeordneten von autofreien «Erlebnistagen» zu überzeugen.
Es gab und gibt – vor allem in Zusammenhang mit Aktionen in weiteren europäischen Ländern – verschiedene Schweizer Städte und Regionen, die autofreie Tage propagieren und auch durchführen.
Ob künftig viermal pro Jahr das Fahrverbot schweizweit durchgesetzt werden soll, entscheidet sich am 18. Mai.
swissinfo, Eva Herrmann
Die Volksinitiative «für einen autofreien Sonntag pro Jahreszeit – ein Versuch für vier Jahre» will das Privatauto viermal pro Jahr einen Sonntag lang von Strassen und Plätzen verbannen und damit Raum schaffen für andere Aktivitäten.
Der Bundesrat soll gemäss Initiativtext die Ausnahmen festlegen, nach vier Jahren Erfahrung mit autofreien Sonntagen sollen Volk und Stände über die definitive Regelung entscheiden können.
Getragen wird die Vorlage von links-grünen Kreisen und Jugend-Organisationen. Parlamentsmehrheit und Regierung lehnen die so genannte «Sonntags-Initiative» ab.
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