Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Villiger verteidigt Finanzplatz Schweiz

Bundespräsident Villiger verwahrt sich gegen Kritik aus der EU - und warnt vor Kapitalflucht in den Fernen Osten. Keystone

Bundespräsident Kaspar Villiger hat den Finanzplatz Schweiz gegen Angriffe von Seiten der EU, vor allem Deutschlands, gegen das Bankgeheimnis verteidigt.

Zugleich bekräftigte der Bundespräsident und Finanzminister bei einem Auftritt vor dem Schweizer Presseclub (Ausland-Presse) in Genf die Bemühungen der Schweiz im Kampf gegen die Geldwäscherei und gegen den Missbrauch der Finanzmärkte für kriminelle und terroristische Aktivitäten.

Die Härte der Vorwürfe

Kaspar Villiger zeigte sich vor allem erstaunt über die Kritik des deutschen Finanzministers Hans Eichel an der Schweiz. Zudem warnte er, dass ein zu starker Druck der Europäischen Union auf die Schweiz sich kontraproduktiv auswirken könnte.

Er sei über die Härte der Aussagen Eichels am Rande des EU-Gipfels in Sevilla vom vergangenen Freitag schon ein wenig erstaunt gewesen, sagte Villiger. Denn persönlich habe er einen freundschaftlichen Kontakt mit seinem deutschen Amtskollegen.

Gleichwertig und grosszügig

Der Schweizer Finanzminister reagierte damit auf Vorwürfe der EU-Finanzminister und die Äusserungen Eichels im Zusammenhang mit den bilateralen Verhandlungen über die Zinsbesteuerung. Sie hatten der Schweiz vorgeworfen, sich mit ihrem Widerstand gegen die Einführung eines automatischen Informationsaustausches international immer mehr zu isolieren.

Villiger unterstrich demgegenüber, dass die Schweiz der EU mit der Einführung einer Zahlstellensteuer ein wirksames, gleichwertiges und grosszügiges System vorgeschlagen habe. «Ich kenne keinen souveränen Staat, der seinen Nachbarn eine solche Lösung vorgeschlagen hätte.»

Ein automatischer Austausch von Informationen, wie dies die EU fordert, würde lediglich zu einer Kapitalflucht in den Fernen Osten führen.

Falsche Schlüsse

Wenn man der Schweiz vorwerfe, sie sei an keiner Lösung interessiert und blockiere die Verhandlungen, so sei dies eindeutig nicht wahr, sagte Villiger. Es gehe nicht an, das Schweizer Angebot als wertlos zu bezeichnen.

Er wandte sich auch gegen die Stossrichtung der Kritik des deutschen Finanzministers. Es sei nicht korrekt, einen Zusammenhang herzustellen zwischen dem 11. September, der Terrorfinanzierung und dem Bankgeheimnis, unterstrich Villiger.

Zuvor hatte Villiger das Interesse der Schweiz bekräftigt, die zweiten bilateralen Verhandlungen zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen. Das umfasse auch die Dossiers Zinsbesteuerung und Betrugsbekämpfung, an denen die EU besonders interessiert ist.

Der Spielraum der Schweiz sei bei den beiden Dossiers aber eng, weil sie entscheidende wirtschaftliche Interessen der Schweiz beträfen und letztlich das Volk darüber entscheiden werde.

Kritik an Bankgeheimnis ist Sorge um Konkurrenzfähigkeit

Das Schweizer Finanzsystem, das der Internationale Währungsfonds (IWF) vor kurzem als leistungsfähig und stabil beurteilt habe, sei «ein wertvoller Trumpf gegenüber der Konkurrenz,» sagte Villiger weiter.

Laut dem Bundespräsidenten ist die am Bankgeheimnis geübte Kritik unbegründet. Sie drücke vielmehr die Sorge anderer Länder um ihre Konkurrenzfähigkeit und den Verlust von Steuereinnahmen aus. Jeder Finanzplatz biete aufgrund seiner Steuer- oder Anlagegesetzgebung oder einer besonderen Form des Bankgeheimnisses gewisse Vorteile.

Die Schweiz teile auch die Auffassung der G7-Staaten, dass die modernen Finanzmärkte für kriminelle Aktivitäten oder zur Terrorismus-Finanzierung missbraucht werden können, sagte Villiger. Aus diesem Grund habe sie im letzten Oktober in Washington einen Vorstoss gemacht, der auf eine bessere Transparenz der Finanzmärkte abziele.

swissinfo und Agenturen

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft