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«Vision zero»

Keine Toten und Schwerverletzten im Strassenverkehr mehr: Die utopisch anmutende "Vision zero". astra

Durch Massnahmen bei der Verkehrssicherheit sollen in der Schweiz die Toten und Verletzten im Strassenverkehr massiv reduziert werden.

Das Bundesamt für Strassen hat Vorschläge vorgestellt, welche die Zahl der Verkehrstoten gar auf 0 reduzieren soll.

«Wir streben nach einem Strassenverkehrs-System, in dem es keine Toten und Schwerverletzten mehr gibt», sagt Olivier Michaud, Direktor des Bundesamtes für Strassen (ASTRA). Die Experten-Vorschläge, die zu diesem Ziel führen sollen, tragen den englischen Titel «Vision zero» und sind am Freitag veröffentlicht worden.

In der Schweiz starben im vergangenen Jahr 544 Personen im Strassenverkehr, und 6194 wurden schwer verletzt. Viele von ihnen sind ein lebenlang handicapiert.

Unfallfrei mobil

Im Bericht «Vision zero» werden nun 77 Massnahmen vorgeschlagen, welche das utopisch anmutende Ziel von null Toten und null Schwerverletzten ermöglichen soll. «Das Ziel der Vorschläge besteht nicht darin, die Mobilität zu reduzieren, sondern diese unfallfrei zu gestalten», schreibt das ASTRA.

Generell geht der Bericht davon aus, dass der Mensch Fehler begeht. Das tue er auch im Strassenverkehr. Deshalb müsse ein Paradigma-Wechsel eingeleitet werden.

Nicht mehr der Mensch soll dem Strassenverkehrs-System angepasst werden, sondern umgekehrt. Das künftige System müsse so gestaltet werden, dass menschliche Fehler, die sich nicht verhindern lassen, keine fatalen Folgen mehr haben. Dazu müssten zum Beispiel «forgiving roads», Strassen, welche Fehler verzeihen, geschaffen werden.

Auch müsse akzeptiert werden, dass nicht nur Verkehrsteilnehmer Unfälle verursachten. «Mitverantwortlich dafür sind auch die Behörden, welche Strassen bauen, unterhalten und betreiben und die Regeln festlegen, welche Art von Fahrzeugen zugelassen werden und unter welchen Bedingungen», heisst es im Bericht weiter.

Weniger schnell

Eine wichtige, wenn nicht die zentrale Frage bei «Vision zero» ist diejenige nach der Geschwindigkeit der Verkehrsteilnehmer. Denn: «Bei den getöteten Personen stehen Geschwindigkeit und Fahrunfähigkeit (Alkohol und Drogen) mit Anteilen von 40 bzw. 30 Prozent als Unfallursache im Vordergrund.»

Die Experten schlagen deshalb vor, bis 2005 das «Tempo-Regime» 50/30 innerorts einzuführen. Bis ins Jahr 2010 soll dann auf Autobahnen Tempo 110 und ausserorts Tempo 70 gelten. Für Motorräder wird generell Tempo 80 gefordert.

Die Alkohol-Promillegrenze soll auf 0,5 Promille gesenkt, den Fahrzeugen eine Lichteinschalt-Automatik eingebaut werden.

«Wir wollen eine Sicherheitskultur und ein Bewusstsein in der Gesellschaft erreichen, die das Akzeptieren von Toten und Schwerverletzten im Strassenverkehr nicht mehr zulässt», heisst es im Bericht «Strassenverkehrs-Sicherheitspoltik des Bundes».

TCS will keine Temporeduktion

Grundsätzlich werden die Experten-Vorschläge von den Verkehrsverbänden als «Weg in die richtige Richtung» begrüsst.

Der Strassenverkehrs-Verband (FRS) und der grösste Schweizer Automobil-Verband TCS lehnen aber eine Reduktion der Tempolimiten oder die Senkung der Maximal-Geschwindigkeiten ab.

Sie setzten auf verbesserte Ausbildung der Neulenker und die konsequente Beseitigung von Gefahrenquellen.

Negatives Urteil der Bundesratsparteien

SVP, FDP und CVP sind gegen die Senkung der Höchstgeschwindigkeiten. Die SVP – und damit geht die SP für einmal mit ihr einig – verlangt, dass die bestehenden Tempolimiten durchgesetzt werden. Für die CVP ist der Massnahmenkatalog zudem überladen. Die FDP verlangt eine sofortige Vernehmlassung und zudem den Bau einer zweiten Tunnelröhre am Gotthard.

VCS und Grüne reagieren positiv

Der Verkehrs-Club der Schweiz VCS steht im Gegensatz zu den anderen Strassenverkehrs-Verbänden hinter der neuen Verkehrspolitik. Er stufe das Recht auf Leben höher ein, als das Recht auf Mobilität.

Die Grüne Partei fordert eine Einschränkung der Mobilität, damit die «Vision Zero» umgesetzt werden könne. Sie verlangt Tempo 30 innerorts, die Senkung der Alkoholtoleranz auf 0 Promille sowie bei krassen Verstössen gegen das Strassenverkehrs-Gesetz den Fahrzeugentzug oder Führerausweisentzug auf Lebenszeit.

Urs Maurer und Agenturen

Die Vorschläge beinhalten einige politisch «Heisse Eisen»:

Tempo 110 auf Autobahnen
Tempo 70 ausserorts
Tempo 80 für Motorräder
Tempo 50/30 innerorts
Verkehrssysteme dem Mensch anpassen, nicht umgekehrt
Schwächere Verkehrsteilnehmer mehr schützen
Velohelm-Obligatorium
Erhöhung der Ordnungsbussen
Erhöhung der Versicherungs-Prämien
Einbau von digitalen Fahrtenschreibern

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