Vor allem Junge in der Schuldenfalle
Der typische Schweizer Schuldner ist 24 bis 34 Jahre alt, alleinstehend und ohne Berufsbildung.
Laut einer Studie des Inkasso-Unternehmens Intrum Justitia bezahlen Tessiner und Romands ihre Rechnungen schlechter als Deutschschweizer.
Der durchschnittlich geschuldete Betrag liegt bei rund 500 Franken, wie Thomas Hutter von der Firma Intrum Justitia sagte.
Die Verschuldung junger Erwachsener trete oft mit dem Auszug aus dem Elternhaus auf, so Hutter.
In den letzten Jahren habe sich aber auch die Gesellschaft gewandelt: «Heutzutage bekomme ich alles auf Kredit.» Und sperre eine Handy-Firma dem Kunden das Mobiltelefon, werde einfach zur Nächsten gewechselt.
Wenig gefährdete Senioren
Das Risiko junger Menschen zwischen 25 und 34 Jahren sich zu verschulden, liegt laut Intrum Justitia um 61% über dem Schweizer Durchschnitt.
Überdurchschnittlich wenig Schulden machen dagegen Senioren über 65 Jahren: «Hier ist das Nicht-Bezahlen von Rechnungen noch verpönt», meint Hutter.
Säumige Welsche und Tessiner…
Generell weisen Stadtbewohner mehr Schulden auf als Leute, die auf dem Land oder in der Agglomeration leben, so die Studie.
Auffallend ist dabei aber das Gefälle zwischen der deutschen und der lateinischen Schweiz: Sämtliche Städte in der Romandie und im Tessin schneiden schlechter im «Schuldnerranking» ab als diejenigen der Deutschschweiz.
Am schlechtesten ist die Zahlungsmoral laut der Erhebung in La-Chaux-de-Fonds, gefolgt von Lugano. Aber auch Bewohner von Neuenburg, Genf, Freiburg, Lausanne oder Biel zahlen schlechter als im Schweizer Durchschnitt. Das seien einfach seine Resultate, meinte Hutter: «Ich will damit nicht den Röstigraben aufreissen.»
…und gute Zahlungsmoral der Deutschschweizer
Am wenigsten zum Schuldenmachen neigen in der «Städterangliste» dagegen die Schaffhauser.
Überdurchschnittlich gut ist die Zahlungsmoral auch in Thun und Zürich, aber auch in Chur, Basel, Winterthur und Bern macht man weniger Schulden als im Landesdurchschnitt.
Nur noch knapp über dem Durchschnitt liegen St. Gallen und Luzern.
Stabile Paare
Weniger anfällig für Schulden sind auch Menschen, die in einer Paarbeziehung leben, sowie Familien: «Kinder erhöhen das Verschuldungsrisiko kaum.» Singles müssten dagegen für Kosten wie Wohnen, Auto und Versicherung alleine aufkommen, meint Hutter.
Interessant sei, dass auch Alleinerziehende weniger anfällig auf Schulden seien als Singles: Vermutlich sei dies auf regelmässige Alimenten-Zahlungen zurückzuführen.
Sinkendes Schuldenrisiko bei gut Ausgebildeten
Wenig überraschend ist dagegen, dass das Schuldenrisiko mit der Höhe des Einkommens sinkt. Weniger Schulden machen auch beruflich gut ausgebildete Personen.
Neben Ungelernten laufen aber auch selbständig Erwerbende höhere Gefahr, in Schulden zu geraten.
swissinfo und Agenturen
Die Schweizer Bevölkerung hat Schulden von insgesamt 9 Milliarden Franken. Ein bis zwei Prozent aller Schulden – derzeit also etwa 90 bis 180 Millionen Franken – werden gemäss der Inkassofirma Intrum Justitia nie zurückbezahlt.
Allerdings hat sich die Zahlungsmoral in der Schweiz letztes Jahr verbessert, wie der von der gleichen Firma im vergangenen Herbst veröffentliche Schweizer Risk Index zeigte.
Eine verbesserte Zahlungsmoral wurde bei Privaten, Firmen und beim Staat festgestellt: Privatkunden zahlten ihre Rechnungen im Schnitt 40,7 Tage nach der Rechnungsstellung, verglichen mit 42,3 Tagen im Vorjahr.
Firmenkunden beglichen ihre Forderungen nach 44,1 Tagen oder zwei Tage früher als im Vorjahr. Und beim Staat waren es 48,4 Tage, verglichen mit 49,2 Tagen im Vorjahr.
Zur Besserung beigetragen hat wahrscheinlich, dass Schweizer Lieferanten zu immer drastischeren Mitteln greifen, wenn Rechnungen nicht bezahlt werden. So stellen sie Lieferungen an säumige Kunden im Durchschnitt 83 Tage nach dem Zahlungstermin ein.
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