Währungsfonds gibt sich selbstkritisch
Zur Erhöhung der Transparenz bei der Kreditvergabe hat der IWF die Bedingungen angepasst. Bei der Armutsbekämpfung bleibt aber noch einiges zu tun.
Eine Tagung der Erklärung von Bern beschäftigte sich am Mittwoch in Bern mit diesem Thema.
Früher habe der Internationale Währungsfonds (IWF) bei den Engagements vor allem auf das Schlussresultat geschaut, sagte Fritz Zurbrügg, Schweizer Exekutivdirektor beim IWF, an dem Treffen in Bern. «Hauptsache, das Defizit des betroffenen Landes wurde gesenkt.»
Inzwischen interessiere sich aber der IWF dafür, wie viel Defizit sich ein Land leisten dürfe und wo konkret gespart werden könne. Kritiker hatten bemängelt, der IWF liesse zu, dass die Regierungen armer Länder bei Bildung und Gesundheit die Staatsausgaben kürzten, um ihr Defizit zu senken.
Tabu gebrochen
Noch vor zehn Jahren wäre es ein Tabu gewesen, bei der Kreditvergabe Bedingungen zu machen, wie ein konkretes Verbot, die Mittel für Waffen zu gebrauchen, sagte Zurbrügg an der EvB-Tagung.
In den letzten fünf Jahren sei es aber stets Bedingung für die Auszahlung weiterer Tranchen gewesen, dass die nicht-produktiven Ausgaben, die Waffen einschliessen, gekürzt werden müssen, wenn ein Land mit Mittel des IWF unterstützt wird.
Inzwischen liess der IWF einige interne und externe Kontrollen durchführen, die gemischte Resultate hervorbrachten, wie ein Vertreter des Independent Evaluation Office des IWF ergänzte.
Die aufgespürten Schwächen sollen der Organisation nun aber Möglichkeiten zur Verbesserung aufzeigen.
Transparenz gesteigert
Aus einer geheimniskrämerischen, arroganten Black Box sei eine Organisation geworden, die um Transparenz bemüht sei, sagte Zurbrügg.
Die Nichtregierungs-Organisation (NGO) EvB hielt dem IWF denn auch zu Gute, dass die Transparenz gerade im vergangenen Jahr wesentlich erhöht wurde.
Trotzdem würden wichtige Entscheidungen weiterhin nicht vorgängig veröffentlicht, obwohl sie direkte Auswirkungen auf die Bevölkerung hätten.
Die EvB fordert deshalb, dass das neue Kreditprogramm des IWF öffentlich diskutiert und angegangen wird.
Zwischen Rhetorik und Versagen
Der IWF ist zusammen mit der Weltbank zweifellos die bedeutendste Institution der globalen Entwicklungspolitik. Doch ihre Stellung sei nicht mehr unangefochten, so Christine Eberlein von der EvB.
Die öffentliche Kritik an den beiden internationalen Finanz-Institutionen nehme auch unter prominenten Wissenschaftern und Politikern zu.
Die Organisationen erwidern, dass sie Reformprozesse in die Wege geleitet hätten. Für Eberlein sind sie aber den Beweis dafür schuldig geblieben, dass sie zu wirklichen Reformen aus sich selbst heraus fähig sind.
Arme und kleine Länder benachteiligt
IWF und Weltbank könnten sich langfristig nur ändern, wenn sie eine Änderung ihrer Statuten vornehmen und demokratischere Entscheidungsprozesse einführen würden, so Eberlein.
«Ihr Dilemma: Sie sind Finanzinstitutionen, die von 183 Mitglieds-Regierungen finanziert und verwaltet werden, welche untereinander stark abweichende Interessen haben. Die Stimmrechtsanteile sind keineswegs demokratisch und benachteiligen arme und kleine Länder.»
Zudem sei der Sitz von Weltbank und IWF in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten und werde stark von deren Politik beeinflusst. Unterschiedlichen Bedürfnissen verschiedener Länder werde nur wenig Rechnung getragen.
Schleppender Schuldenerlass
«Kein Wunder also, dass zum Beispiel der Schuldenerlass für die ärmsten Länder nur schleppend vorangeht, denn zwei Drittel der Stimmberechtigten sind Mitglieder aus Industrie- und Schwellenländern», so Eberlein weiter.
Der IWF scheine zumindest aus den letzten Finanzkrisen in Argentinien und Brasilien Lehren zu ziehen und fordere jetzt, dass sich auch private Gläubiger am Schuldenerlass beteiligen.
Doch sein Vorschlag, für Regierungen mit Zahlungsproblemen ein insolvenzähnliches Verfahren einzuführen (Sustainable Debt Restructuring Mechanism), drohe am harten Veto internationaler Banken und dem US-Kongress zu scheitern.
«So werden die Bretton-Woods-Institutionen auch weiterhin mit harscher Kritik von aussen leben müssen», bilanzierte Christine Eberlein von der EvB.
swissinfo, Jean-Michel Berthoud und Agenturen
Wachstum der Entwicklungsländer 2004: durchschnittlich 6,1%
Ostasien wie in den vergangenen Jahren 2004 mit 7,1% an der Spitze
Für 2005 erwartet die Weltbank für alle Entwicklungsländer 5,4% Wachstum
1944 wurden in Bretton Woods, New Hampshire USA, an einer internationalen Konferenz der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank geschaffen.
Die Schweiz ist seit 1992 Mitglied der Bretton-Woods-Institutionen.
Der IWF hat für ein geordnetes Währungssystem zu sorgen und hilft Staaten bei akuten Zahlungs-Schwierigkeiten mit kurzfristigen Krediten aus der Krise.
Die Weltbank mit langfristigen Krediten hat die Aufgabe, die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu finanzieren.
1999 führte der IWF als weltgrösste Finanzinstitution die Kreditlinie «Armutsbekämpfung und Wirtschaftswachstum» (PRGF) ein, die mit Armutsbekämpfungs-Strategien verknüpft ist.
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