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Wechselhaftes Wetter für die Schweizer Konjunktur

KOF-Chef Bernd Schips gibt sich weniger optimistisch als der Bund. Keystone

Eines der wichtigsten Schweizer Konjunkturforschungs-Institute revidiert seine Wachstums-Prognosen: Stärkere Erholung in diesem Jahr; verhaltener Ausblick auf 2005.

Die KOF geht für 2004 von einer Erhöhung auf 1,6% aus. 2005 soll das Wachstum 1,8% betragen.

Die Konjunkturforscher der ETH Zürich sehen das diesjährige Wachstum der Schweizer Wirtschaft in einem besseren Licht als noch im Frühjahr. Der Ausblick ist aber verhaltener. Eine weitere Verschärfung ist auf dem Arbeitsmarkt in Sicht.

Für das laufende Jahr hat die KOF ETH ihre Schätzung für das Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) gegenüber der Frühjahrsprognose von 1,4% auf 1,6% nach oben revidiert. Überrascht wurden die Ökonomen vor allem von einem eigentlichen Aufschwung im Wohnungsbau seit 2003.

«Die Schweiz hat eine kleine, offene Wirtschaft, die stark von internationalen Trends abhängig ist», sagte KOF-Leiter Bernd Schips gegenüber swissinfo.

Kein anhaltender Aufschwung

Für 2005 und 2006 ist die Konjunkturforschungsstelle aber bereits wieder etwas pessimistischer gestimmt. Statt eines Wachstums von 1,9% werden für 2005 noch 1,8% angenommen.

«Wir glauben, dass die Wachstums-Raten in den Vereinigten Staaten und in der Europäischen Union langsam sinken werden. So erwarten wir nach 2005 für die Schweiz ein Absinken auf 1,5%», meinte Schips.

Optimistisches seco

Der KOF-Leiter mochte denn auch nicht von einem Aufschwung, sondern nur von einer kurzen «Erholung» sprechen. Die höchste Wachstumsdynamik dürfte bereits Ende 2004 erreicht werden.

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) hatte Ende August eine optimistischere Sicht auf die kommenden Jahre dargelegt. Es prognostiziert für das laufende Jahr ein BIP-Wachstum von 1,8% und für 2005 sogar 2,3%.

Wiederholung von Fehlern

Mit der Verringerung öffentlicher Investitionen würden in der Schweiz zudem konjunkturpolitische Fehler der Vergangenheit wiederholt. «Konjunkturpolitisch unpassend» sei angesichts der moderaten gesamtwirtschaftlichen Erholung und der anhaltenden Arbeitslosigkeit die in den kommenden zwei Jahren spürbar restriktiv wirkende Fiskalpolitik.

Die Ausgabenkürzungen beim Bund und praktisch allen Kantonen – so genannte Sparanstrengungen – wirkten sich aus, sagte Schips.

Moderater Einfluss des Ölpreises

Die Erholung der internationalen Konjunktur dürfte schwach und kurz ausfallen, was sich wegen der sinkenden Exporte auf die Schweizer Wirtschaft übertragen wird. Schips sagte gegenüber swissinfo: «Wir glauben, dass die Ölpreise nächstes Jahr auf dem selben Niveau verharren werden, auf ungefähr 40 Dollar pro Barrel.» Dies sollte jedoch das Wirtschaftswachstum nur wenig beeinflussen.

Positiv wirken weiterhin die Exporte, zumal von der Franken-Euro-Konstellation keine Gefahr droht. In den nächsten zwei Jahren dürfte sich das Exportwachstum aber von 5,9% in diesem Jahr auf 4,4% und 4,1% abschwächen.

Der private Konsum wird zwar in diesem wie auch im nächsten Jahr um 1,4% zunehmen, im Jahr 2006 dann noch um 1,3%. Dies reicht gemäss Schips nicht, die Konjunkturerholung zu verstärken.

Immerhin wird die expansive Geldpolitik der Nationalbank, selbst bei einer Rücknahme, die Erholung leicht stützen, zumal kaum Teuerungsrisiken vorhanden sind.

Keine Inflation in Sicht

«In näherer Zukunft werden wir kein Inflations-Problem haben», sagte Schips. Die Schweizerische Nationalbank könne ihre Politik zur Unterstützung der Wirtschaft weiter führen.

In der Prognose der KOF sei ausser den steigenden Erdöl-Preisen keine grosse andere Teuerung auszumachen.

Arbeitsmarkt: Entspannung erst ab 2008

Das Wirtschaftswachstum wird aber in den nächsten zwei Jahren zu schwach sein, um die Arbeitslosigkeit spürbar zu senken. Die Beschäftigung wird sich zwar wachstumsbedingt erhöhen. Die Zunahme wird aber von der steigenden Zahl an Arbeitswilligen noch überflügelt.

Die KOF rechnet deshalb mit einer Erhöhung der Arbeitslosenquote von 3,9% in diesem Jahr auf 4,0% im nächsten und sogar 4,3% im Jahr 2006.

Eine Entspannung sieht Schips erst in den Jahren zwischen 2008 und 2010. Dann nämlich werden die Pensionierungen die Neueintritte ins Arbeitsleben übersteigen, was zu einer Verknappung des Arbeitskräfteangebots führen wird. Von hoher Bedeutung werde dann der Beizug von ausländischen, qualifizierten Arbeitskräften, so Schips.

swissinfo und Agenturen

Das KOF prognostiziert für die Schweizer Wirtschaft ein Wachstum von 1,6% für dieses Jahr, 1,8% für 2005 und 1,5% für 2006.

Für die Zürcher Konjunktur-Forscher spielen die Exporte in diesem Szenario eine Schlüsselrolle.

Die Schweizer Exporte werden dieses Jahr schätzungsweise um 7,6% wachsen, 5,7% im Jahr 2005 und 5,2% im Jahr 2006.

Der Export von Dienstleistungen wird dieses Jahr wahrscheinlich um 1,7% ansteigen und in den zwei folgenden Jahren um je 1,2%.

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