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Wichtiger Schritt im Steuerstreit mit den USA

Rechnet mit weiterem Druck von Seiten der OECD: Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Keystone

Die Schweiz reagiert auf den Druck der USA und wird künftig bei der Steuer-Amtshilfe auch Gruppenanfragen zulassen. Auch nach dieser weiteren Durchlöcherung bleibt das Bankgeheimnis unter Beschuss.

Lange Zeit war die Zustimmung des Parlaments zur Erweiterung des DBA mit den USA unsicher. Noch im vergangenen Herbst lehnte es der Ständerat ab, den USA auch bei Gruppenanfragen Amtshilfe zu leisten. Im Dezember gab der Ständerat nach. Nun ist der Nationalrat dem Ständerat gefolgt und sagt – wie dieser zähneknirschend – Ja.

Für den Bundesrat ist das Ja des Parlaments ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Lösung des Steuerstreits mit den USA, in den elf Schweizer Banken verwickelt sind. Mit der Ausweitung des DBA wird die Schweiz den USA in Fällen mutmasslicher Steuerdelikte auch bei Gruppenanfragen und auch im Falle von Steuerhinterziehung Amtshilfe leisten und so ihren Forderungen nachkommen. Das heisst auch dann, wenn sich eine Anfrage auf mehrere Personen bezieht und diese nicht über Namen oder Kontonummern, sondern lediglich über Verhaltensmuster identifiziert werden.

Doch auch mit dieser weiteren entscheidenden Durchlöcherung des Bankgeheimnisses ist der Steuerstreit mit den USA noch nicht ausgestanden. Insbesondere ist sie noch keine Globallösung für die von den USA angeschuldigten elf Schweizer Banken in Sachen Altlastenbereinigung und drohende Bussen.

Privileg der USA

Dazu kommt, dass andere Staaten nicht lange zusehen werden, dass die USA exklusiv vom Privileg der Gruppenanfragen profitieren. «Wenn die Amerikaner Tausende von Kundendaten bekommen, wollen das die Europäer auch», sagte der Chef der Raiffeisen-Banken, Pierin Vincenz,  kürzlich in einem Interview mit dem Tages-Anzeiger.

Mit den USA werde es «ja sowieso zu einer Art freien Datenaustauschs kommen», sagte Vincenz und forderte die Politik auf, mit der EU Verhandlungen für einen automatischen Informationsaustausch aufzunehmen.

Jeder rede nun von Weissgeldstrategie, aber  keiner meine dasselbe damit, so Vincenz. Deshalb forderte er ein Umdenken und die Suche nach der besten Strategie. Dabei dürfe es «keine Tabus» geben.

Widerstand der Banken bröckelt ab

«Es stimmt, es darf keine Denktabus geben. Man darf sogar über alles reden, aber nicht zuerst in der Öffentlichkeit.», sagte der Sprecher der Bankiervereinigung in einer ersten Reaktion. Einzelne Privatbankiers kritisierten Vincenz scharf.

Doch der Glaube an die Abgeltungssteuer als Lösung im Steuerstreit mit der EU oder mit einzelnen EU-Ländern scheint mittlerweile selbst in Bankenkreisen so wenig in Beton gegossen wie der Widerstand gegen den automatischen Datenaustausch. «Es gibt Signale, dass manche Banken den Informationsaustausch bevorzugen. Die Politik sollte auch diesen Weg prüfen» sagte der Freisinnige Nationalrat Otto Ineichen der SonntagsZeitung.

Modell Abgeltungssteuer wackelt

Klar ist: Das Abkommen für eine Abgeltungssteuer, das die Schweiz und Deutschland im vergangenen Sommer unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert haben, steht auf wackligen Füssen. Die deutschen Sozialdemokraten wollen es zurückweisen. Dass es ihnen gelingt, hat eine hohe Wahrscheinlichkeit, denn sie verfügen im Bundesrat (Länderkammer) über eine Mehrheit.

Der EU-Kommission ist auch das ähnlich gelagerte und ebenfalls noch nicht ratifizierte Abkommen mit Grossbritannien ein Dorn im Auge. In den Augen der Kommission ist die Abgeltungssteuer eine «Amnestie durch die Hintertür». Sie drängt die Schweiz seit Jahren und zusehends offensiver dazu, den automatischen Informationsaustausch einzuführen.

EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta hat am Montag die EU-Staaten ausdrücklich davor gewarnt, mit der Schweiz bilaterale Steuerabkommen abzuschliessen. Deutschland und Grossbritannien wollen die Abkommen nun überarbeiten.

OECD macht weiter Druck

Innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist die Debatte über eine Weiterentwicklung der Standards zur Steueramtshilfe weit fortgeschritten. Laut dem Direktor des Zentrums für Steuerpolitik der OECD gibt es einen grundsätzlichen Konsens, Gruppenanfragen bei der Amtshilfe zuzulassen.

Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf geht davon aus, dass die OECD noch im laufenden Jahr den Standard entsprechend anpassen wird. In diesem Fall müsste auch die Schweiz über kurz oder lang Gruppenanfragen auch für andere Länder als die USA zulassen. Der Bundesrat habe 2009 entschieden, den OECD-Standard zu übernehmen, dazu gehöre auch dessen Weiterentwicklung sagte Widmer-Schlumpf bei der Beratung des Amtshilfegesetzes letzte Woche vor dem Nationalrat.

Der Nationalrat lehnte die Anträge der Linken, wonach Gruppenanfragen auch für andere Länder als die USA zugelassen werden sollten, ab. Das Gesetz kommt im Juni noch vor den Ständerat. Laut Widmer-Schlumpf ist es möglich, dass bis dann feststeht, wie sich der OECD-Standard weiter entwickelt. Sie schliesst deshalb nicht aus, dass der Ständerat Gruppenanfragen im Gesetz verankern wird.

Das in den 1930er-Jahren in der Schweiz eingeführte Bankgeheimnis verpflichtet zur vertraulichen Behandlung von Informationen über Bankkunden und deren Finanztransaktionen.

Das Gesetz zwingt die Banken aber auch, die Identität ihrer Kunden und die Herkunft der Gelder zu erfassen.

Weil Steuerhinterziehung in der Schweiz nicht als Straftat geahndet wird, wird den Steuerbehörden aus dem In- und Ausland bei Verdacht auf Steuerhinterziehung bislang keine Auskunft erteilt. Nur bei Strafverfahren, z.B. gegen Steuerbetrug, dürfen die Behörden Auskünfte verlangen.

2009 musste die Schweizer Regierung zum ersten Mal die Daten von tausenden Kunden der UBS an die USA liefern. Die amerikanischen Behörden hatten mit massiven Sanktionen gegen die Schweizer Grossbank gedroht, die beschuldigt wurde, zehntausenden Kunden geholfen zu haben, Steuern zu hinterziehen.

Im letzten Januar gab Washington bekannt, dass 11 Schweizer Banken wegen gleicher Delikte beschuldigt würden. Die amerikanische Justiz fahndet nach 20 Schweizer Bankiers. Washington verlangt von Bern jetzt die Daten von zehntausenden Kunden von Schweizer Banken in den USA.

Infolge des internationalen Drucks hat die Schweiz in den letzten Jahren 30 Doppelbesteuerungs-Abkommen unterzeichnet, wobei die Amtshilfe gemäss OECD-Standards auch auf Fälle von Steuerhinterziehung erweitert wurde.

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