Wie die Nationalbank den Reichtum der Schweizer verwaltet
Negative Zinssätze, der Kurs des Schweizer Frankens, Milliardengewinne, die an Bund und Kantone ausgeschüttet werden: Die Entscheide der Schweizerischen Nationalbank wirken sich zunehmend auf die sozioökonomische Entwicklung des Landes und das Alltagsleben in der Schweiz aus. Ein kritischer Blick auf die Entwicklungen.
Im Bundeshaus ist immer wieder zu hören, dass die mächtigste Person der «offiziellen» Schweiz weder in der Regierung noch im Parlament in Bern sitze. Die mächtigste Person arbeitet demnach in Zürich, und ihr Name ist Thomas Jordan. Er ist Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und verdient doppelt so viel wie ein Bundesrat, also einem Mitglied der Landesregierung.
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Thomas Jordan: Fünf Jahre Kampf gegen starken Franken
Thomas Jordan bestimmt gemeinsam mit seinen Kollegen von der SNB viele Dinge, welche die Menschen direkt betreffen: etwa die Höhe der Hypotheken oder der Mieten. Aber bei der SNB laufen auch die Fäden zusammen, wenn es um die Frage geht, wie sicher ein Schweizer Bankkonto ist. Oder wie teuer Ferien in der Schweiz sind.
Neue Rolle der Zentralbanken
Spätestens im letzten Jahrzehnt lenkten die wichtigsten Zentralbanken nicht mehr nur die Geldpolitik und kontrollierten die Inflation, sondern übernahmen eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung der Staaten bei der Überwindung schwerer Finanz- und Wirtschaftskrisen. Dies, indem sie die Zinssätze senkten, Staatsanleihen und andere Wertpapiere aufkauften und den Privatbanken und indirekt den Unternehmen enorme Mengen an Liquidität zur Verfügung stellten.
Das war auch in diesem Jahr wieder der Fall: Die Federal Reserve, die Europäische Zentralbank, die SNB und viele andere Emittenten griffen massiv ein, um die Folgen der historischen Krise zu lindern, die durch die Coronavirus-Pandemie ausgelöst wurde.
Kampf gegen starken Franken
Seit der internationalen Finanzkrise von 2008 ist die Nationalbank gezwungen, einen Grossteil ihrer Strategie auf die Bekämpfung des starken Frankens zu konzentrieren und dabei beispiellose Mittel und Ressourcen einzusetzen. 2011 führte sie einen Mindestwechselkurs zwischen dem Schweizer Franken und dem Euro ein. Damit wollte sie eine übermässige Aufwertung der Schweizer Währung verhindern, welche die Volkswirtschaft, besonders die Exportindustrie, stark beeinträchtigt hätte.
Unter anderem wegen des zunehmenden internationalen Drucks schaffte die Schweizer Zentralbank diese Mindestschwelle 2015 ab und beschloss, ihren Hauptreferenz-Zinssatz für Guthaben der Geschäftsbanken bei der Zentralbank auf minus 0,75% zu senken. Dies wiederum sollte von ausländischen Investitionen in Schweizer Währung abschrecken und den Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken verringern.
Auch heute noch ist kein Ende der negativen Zinspolitik in Sicht, auch wenn diese zunehmend in die Kritik gerät. Fabio Canetg, Makroökonomen am Institut für Volkswirtschaft der Universität Bern, erläutert die Gründe.
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Negativzinsen: Im Teufelskreis nach unten
Gemäss dem Makroökonomen der Universität Bern intervenierte die SNB gezielt und effizient bei der Bewältigung der durch das Coronavirus ausgelösten schweren Krise. Wenn die Nationalbank die Inflation in Zukunft unter Kontrolle halten will, kommt sie jedoch nicht umhin, wieder einen Mindestwechselkurs zwischen dem Schweizer Franken und dem Euro einzuführen.
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Drei Gründe für einen neuen Mindestkurs
Während die Ökonomen über die Strategie der SNB streiten, hat die in den letzten Jahren verfolgte Geldpolitik in der Schweiz grosse sozioökonomische Auswirkungen auf die Bevölkerung gehabt. Die Massnahmen zur Bekämpfung des starken Schweizer Frankens ermöglichen es, die Wettbewerbsfähigkeit der Exporte und des Tourismus bis zu einem gewissen Grad zu sichern, benachteiligen aber andere wirtschaftliche und soziale Bereiche.
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Wer bei den Negativzinsen gewinnt – und wer verliert
Den Preis für die negativen Zinsen zahlen heute vor allem Pensionskassen und Mieter. Die Wohnkosten sind in den letzten Jahren gestiegen, und der Traum vom Eigenheim ist für viele Schweizerinnen und Schweizer in immer weitere Ferne gerückt.
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Warum die Renten der Alten die Mieten für Junge unerschwinglich machen
Die SNB hat im letzten Jahrzehnt Devisenreserven in Höhe von mehr als 800 Milliarden Franken angehäuft, um an den Devisenmärkten mit dem Ziel intervenieren zu können, den Wertanstieg des Schweizer Frankens zu bremsen.
Das starke Wachstum der Liquidität der SNB in den letzten Jahren hat zu deutlich höheren Gewinnen geführt: 2019 erreichte der Gewinn ganze 49 Milliarden Franken. Während die SNB irgendwie im Geld schwimmt, kämpfen viele Schweizerinnen und Schweizer um ihr Auskommen. Wo landen diese Milliardengewinne?
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Wohin gehen all die von der Nationalbank angehäuften Milliarden?
Ob reich oder arm, Geld ist und bleibt ein wichtiger Wert für alle. Eine kleine Liebeserklärung an das Geld von Fabio Canetg.
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Kleine Liebeserklärung an das Geld
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