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Wie weiter mit den Grossbanken in der Schweiz?

Rudolf Minsch

Die Schweiz sollte bei der Entscheidung, wie sie das Risiko von Too-big-to-fail-Instituten reduzieren will, auf ein Mikromanagement der Banken verzichten und das Regulierungsnetz nicht zu weit spannen. Das schreibt Rudolf Minsch, Chefökonom des Dachverbands der Schweizer Wirtschaft economiesuisse.

Mit dem Untergang der Credit Suisse ist sogleich der Ruf nach weiterer und strengerer Regulierung aufgekommen. Dabei hat diese bereits nach der Finanzmarktkrise von 2008 drastisch zugenommen, und konnte die Credit Suisse nicht retten.

Im Rahmen der Too-big-to-fail-Regulierung wurden Eigenkapitalquoten und die Liquiditätsvorschriften für systemrelevante Banken stark erhöht und Vorkehrungen getroffen, dass eine Abwicklung einer solchen Bank im Krisenfall möglich sein sollte.

Keine Bank dürfe mehr zu gross sein, um nicht Konkurs gehen zu können, weil sie dann ganze Volkswirtschaften oder das weltweite Bankensystem in Schieflage bringen könnte. 

Die Credit Suisse erfüllte diese regulatorischen Vorschriften und war mit genügend Eigenkapital und Liquidität ausgestattet. Trotzdem geriet sie Anfangs 2023 in Not, die sich derart verschärfte, dass sich der Bundesrat im März 2023 einbringen musste.

Er entschied aber, die Credit Suisse nicht entlang der Vorbereitungen der Too-big-to-Fail-Regulierung abzuwickeln, sondern sie durch die UBS übernehmen zu lassen. 

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Welche Lehren sollten nun aus dem CS-Debakel gezogen werden und wie sollte es nun mit der Bankenregulierung weitergehen? 

Verantwortung des Managments

Beginnen wir zunächst mit der Haupterkenntnis der Credit Suisse-Krise: Keine Regulierung der Welt kann verhindern, dass die Bank durch Fehler ihres Managements in Not gerät. Es ist die zentrale Aufgabe der Führung eines Unternehmens, dieses langfristig stabil und auch durch schwierige Gewässer zu steuern.

Diese Aufgabe kann keine Regulierungsbehörde übernehmen. Letztere kann auch nicht verantwortlich dafür sein, ob ein Geschäftsmodell funktioniert oder nicht. Sie kann nur sicherstellen, dass bestehende Regulierungsvorschriften auch eingehalten werden.

Die Credit Suisse ist primär untergegangen, weil das Vertrauen in die Unternehmensführung nicht mehr gegeben war. Noch komplexere oder feingliederigere Regulierung werden nicht helfen, sondern können den Blick aufs Ganze vielmehr sogar vernebeln.

Mit Mikromanagement und Expertendiskussionen abseits der obersten Führungsebene würde man zwar viel in Compliance investieren. Doch dadurch besteht die Gefahr, dass von den grossen Risiken abgelenkt wird und sich das Unternehmen in falscher Sicherheit wiegt. 

Eine weitere grosse Gefahr lauert, wenn Regulierungen auf den ganzen Finanzmarkt oder gar die ganze Wirtschaft ausgedehnt würden. So haben zum Beispiel Versicherungen ein risikoärmeres Geschäftsmodell als Banken. Vergibt eine Bank einen Kredit, schöpft sie Geld und die sich im Umlauf befindliche Geldmenge erhöht sich.  

Versicherungen sind keine Banken

Versicherungen hingegen verändern die Geldmenge nicht, wenn sie einen Kredit vergeben. Sie sind dadurch viel weniger anfällig, wenn Kunden in grossem Umfang Gelder abziehen.

Bei einem erneuten Regulierungsschub besteht aber die akute Gefahr, dass auch Geschäftsbereiche wie die Versicherungen strenger reguliert werden, obwohl diese weder Too-big-to-fail sind noch ein vergleichbares Risiko eingehen wie Banken. 

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Schliesslich darf die Übernahme der CS durch die UBS nicht dazu führen, dass das Hauptaugenmerk ausschliesslich daraufgelegt wird, eine solche Krise künftig zu vermeiden.

Die Erfahrung lehrt: Jede künftige Krise – von der wir hoffen, dass sie nicht eintreten wird – wird anders ausfallen als die vorangehende. Unbedarfte Regulierungsverschärfungen an einem Ort können sogar Krisen an einem anderen Ort begünstigen. Es gilt daher den Blick auf die gesamte Systemstabilität zu legen. 

Damit lässt sich auch schon festhalten, was auf keinen Fall getan werden sollte: Die Regulierungsbehörde darf nicht in die Rolle der Unternehmensführung gedrängt werden.

Es darf damit auch keine Verstärkung des Mikromanagements und keine Ausweitung der Regulierung auf andere Teilnehmer wie Versicherungen geben. Die Regulierung muss den Fokus auf künftige und nicht auf vergangene Krisen haben. 

Globale Bank essenziell

Die Antwort auf die Krise ist damit nicht einfach mehr Regulierung. Doch auch wenn klar formuliert werden kann, was nicht zu tun ist, ist es deutlich schwieriger aufzuzeigen, was zu tun wäre. Hier der Versuch einer groben Auslegeordnung. 

  • Erstens sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dass der Bund ohne Notrecht die notwendigen Schritte zur Sanierung einer systemrelevanten Bank einführen kann. Dazu gilt es, den Public Liquidity Backstop, ein international anerkanntes Instrument zur Gewährung von Liquidität, gesetzlich zu verankern.  
  • Zweitens muss die Regulierungsbehörde der Risikobasierung ein höheres Gewicht als bisher beimessen. Wie ausgeführt, geht es dabei nicht um mehr Regulierung, sondern darum, die Aufsichtskompetenzen derart auszuüben, dass dort, wo die Risiken für die Finanzstabilität hoch sind, die Aufsicht auch die besten Fachleute einsetzt. 
  • Drittens ist es zwingend, dass alle Anpassungen der Schweizer Too-big-to-fail-Regulierung auch international abgestimmt werden. Die Schweiz ist keine Insel. Schiesst sie hier mit neuen Regeln weit am internationalen Standard vorbei, riskiert sie ihre Wettbewerbsfähigkeit 
  • Viertens muss die Unabhängigkeit der Nationalbank weiterhin gewährleistet bleiben. Diese darf nicht zum Spielball der Politik werden, denn dies würde die geldpolitische Stabilität gefährden. Das Dispositiv der Liquiditätsversorgung durch die Nationalbank ist im Sinne einer Gesamtbetrachtung gleichzeitig kritisch zu überprüfen und gegebenenfalls zu optimieren. 
  • Schlussendlich ist auch zu klären, wie die Verantwortung des Managements gestärkt werden kann. Dieses muss die Konsequenzen von unternehmerischen Fehlentscheiden selber im eigenen Portemonnaie spüren. Auch eine Antwort braucht es auf die Entwicklung, dass heute Informationen, Gerüchte und falsche Behauptungen derart rasch verbreitet werden. Diese können zu flutähnlichen Kundenabflüssen innert kurzer Zeit führen und selbst kerngesunde Banken erschüttern. 

Doch warum sollten wir das alles machen? Ist die Schweiz – wie immer wieder behauptet wird – nicht sowieso zu klein für eine Grossbank?

Hier ist die Antwort glasklar: Wir haben jedes Interesse daran, verlässliche Rahmenbedingungen zu erhalten, die es einer international tätigen Grossbank ermöglichen, aus der Schweiz heraus tätig zu sein. Eine Schweizer Grossbank ist für die ganze Wirtschaft von herausragender Bedeutung.  

economiesuisse setzt sich dafür ein, dass die Schweiz auch künftig mindestens eine international führende Grossbank beheimaten wird. Diese ist für verschiedene Dienstleistungen, welche die restliche Wirtschaft benötigt, essenziell. Auch für den Finanzplatz ist eine internationale Grossbank eine wesentliche Stütze. 

Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten sind ausschliesslich jene des Autors und müssen sich nicht mit der Position von SWI swissinfo.ch decken. 

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