World Economic Forum erhält Armeeschutz
Beide Parlamentskammern haben sich für einen Armee-Einsatz am World Economic Forum (WEF) in Davos ausgesprochen.
Allgemein wird jedoch eine Verkleinerung des Anlasses gewünscht.
Das Parlament unterstützt den Einsatz der Armee am World Economic Forum (WEF) vom 21. bis 25. Januar in Davos. Der Ständerat hiess einen entsprechenden Bundesbeschluss mit 31 zu 8 Stimmen gut, der Nationalrat mit 92 zu 68.
Die Behandlung im Parlament wurde nötig, weil mehr als 2000 Armeeangehörige eingesetzt werden sollen. Je nach Lage könnten es sogar maximal 6500 Personen sein, da ein ganzes Bataillon aufgeboten wird.
Nötig oder nicht?
In beiden Räten fiel der Entscheid nach einer Diskussion um Sinn und Unsinn des Grossanlasses. Eine Minderheit befand, der Kosten-Nutzen-Aufwand sei viel zu gross. «Die Höhe der Kosten ist nicht mehr verantwortbar», sagte stellvertretend Josef Lang von der grünen Fraktion. Und er befürchtete: «Wir erleben eine Militarisierung der inneren Sicherheit.»
Der freisinnige Kommissionssprecher Eduard Engelberger sprach sich für den Armee-Einsatz aus, zeigte sich jedoch zufrieden, dass «der Anlass in Zukunft auf ein vernünftiges Mass reduziert werden soll».
Verteidigungsminister Samuel Schmid betonte, dass der Armee-Einsatz wohl 18 Mio. Franken kosten würde. Doch weil der Grossteil der Soldaten sowieso im Wiederholungskurs (WK) sei, würden die eigentlichen Mehrkosten nur 1 Mio. Franken betragen.
Hohe Kosten trotz Einsparungen
Rund 13 Millionen Franken kostete die Sicherheit am letzten WEF in Davos. Auch dieses Mal wird die Sicherheit wohl mehr als die Hälfte der Kosten des Grossanlasses von rund 22 Mio. Franken verschlingen.
Während der Bundesrat mit 8 Mio. Franken rechnet, schätzt die Bündner Regierung die Sicherheitskosten auf einen Umfang von 10 bis 11 Mio. Franken. Dies trotz ernsthafter Bemühungen zu Einsparungen.
«Man konnte die Budgets gegenüber den Vorjahren massiv reduzieren», erklärte Walter Schlegel, Sekretär des WEF-Ausschusses des Kantons, gegenüber swissinfo. «Es ist das bestrebte Ziel der Behörden, dass die Kosten noch mehr gesenkt werden können.»
Wegen der immer noch hohen erwarteten Sicherheitskosten erbat die Bündner Regierung neben dem Armee-Einsatz wieder eine Beteiligung des Bundes. Sonst sei die Durchführung des WEF gefährdet, hiess es. Doch der Bund wollte vorab nur 3,75 Mio. Franken einsetzen.
Neuer Verteilschlüssel
Nach den Sommerferien einigte man sich schliesslich auf einen neuen Verteilschlüssel. So berappt der Bund von 2004 bis 2006 jährlich 3 Mio. Franken und steuert bis zu 2 Mio. zusätzlich als Defizitgarantie bei. Bedingung: Die Kosten der Sicherheit müssen auf 10 und in den Jahren darauf auf 8 Mio. Franken gesenkt werden.
Der Kanton Graubünden und das WEF selber werden jährlich je 2 Mio., die Gemeinde Davos 1 Mio. Franken übernehmen. In einer entsprechenden Gemeindeabstimmung sprach sich am 19. Oktober eine Zweidrittels-Mehrheit der Bevölkerung dafür aus.
Die genaue Anzahl der im Januar eingesetzten Polizeikräfte kann der Kanton Graubünden nicht nennen. «Es sind mehrere Hundertschaften aus der ganzen Schweiz», sagte Schlegel. Total werden also über 2000 Personen im Sicherheitsbereich im Einsatz stehen.
Dezentrale Störungen
Ob ein derart grosses Aufgebot in Davos selber überhaupt nötig sein wird, ist aber unsicher. Die Gegner der Veranstaltung haben für Ende Januar zu «dezentralen Blockaden» aufgerufen, die «verantwortungsvoll» durchgeführt werden sollen.
Vor allem am 21. Januar sollen WEF-Teilnehmer an der Reise nach Davos gehindert werden. Dabei dürfe jedoch nicht riskiert werden, dass Menschen zu schaden kommen oder verunfallen könnten, hiess es.
Die dezentralen Aktionen seien als Antwort auf die Militarisierung des WEF 2004 zu sehen, so die Anti-WTO-Koordination, die sich unter anderem gegen WTO und WEF einsetzt.
Zu einer Demonstration in Davos selber wird es aber auch kommen. Ein überregionales «Revolutionäres Bündnis» gegen das WEF hat dazu aufgerufen. Ein Dialog mit dem WEF oder den Behörden komme nicht in Frage.
Erinnerungen an Evian
Töne, die an die Ausschreitungen neben dem G8-Gipfel vom letzten Sommer in Evian erinnern, wo die Sicherheit insgesamt 43 Mio. Franken gekostet hatte.
Nach einigem Ringen hatten sich Frankreich und die Schweiz auf die Bezahlung von je 17,2 Mio. Franken geeinigt. Die restlichen 20%, 8,6 Mio. Franken, hatten die Kantone Genf, Waadt und Wallis übernommen.
Weiter bezahlte der Bund die Kosten der 1000 deutschen Polizisten, die zur Unterstützung im Kanton Genf eingesetzt worden waren. Was mit weiteren 5,3 Mio. Franken zu Buche geschlagen hatte.
swissinfo, Christian Raaflaub
Das World Economic Forum (WEF) in Davos wird im nächsten Jahr eine Vielzahl von Themen behandeln. Zusammengefasst werden sie mit der «Partnerschaft für Prosperität und Sicherheit».
Weiter auf der Liste steht das Thema Nord-Süd-Integration und natürlich die Sicherheit: Irak, der palästinensisch-israelische Konflikt, aber auch die Situation in Pakistan und Saudi-Arabien, welche gemäss WEF-Gründer Klaus Schwab «Schlüsselländer» sind.
In den vergangenen Jahren habe sich das WEF demgegenüber jeweils um ein zentrales Thema gedreht: 2003 lautete dies «Vertrauen bilden», im Vorjahr stand – nach dem 11. September 2001 – der Terrorismus im Zentrum, und im Januar 2001 waren es die Zusammenbrüche der Finanzmärkte in Russland und Brasilien.
Die Teilnehmerschaft am WEF besteht 2004 aus rund 1000 «Top-Business-Teilnehmern» und weiteren 1000 Nicht-Geschäftsleuten. Dazu gehören NGOs (Nichtregierungs-Organisationen), Wissenschaftler und auch Medienvertreter.
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