Zug verneint Regelverstoss im Steuersystem
Der Kanton Zug verneint, dass seine tiefen Steuern für Unternehmen das Freihandels-Abkommen von 1972 zwischen der Schweiz und der EU verletzen.
Kantonsvertreter zeigen sich erstaunt, dass die EU-Generaldirektion für Aussenbeziehungen die Schweizer Behörden in dem Zusammenhang angeschrieben hat.
Der Brief wurde am 26. September an die Schweizer Mission in Brüssel geschickt, wie erst letzte Woche bekannt wurde. Darin gratuliert die Generaldirektion für Aussenbeziehungen der EU-Kommission der Schweiz zum Ausgang der Abstimmung über die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Länder.
Doch er geht noch weiter: «Die Kommission wurde darauf aufmerksam gemacht, dass gewisse Unternehmensbesteuerungen in der Schweiz nicht kompatibel sind mit den Auflagen des Freihandels-Abkommens von 1972, besonders Artikel 23.»
Der Brief nennt spezifisch die beiden als Steueroasen bekannten Kantone Zug und Schwyz: «Deren Rechtslegung bringt Unternehmen grosse steuerliche Vorteile, wenn sie Geschäfte ausserhalb der Schweiz tätigen», heisst es weiter.
Unverständlich
Guido Jud, Chef der Unternehmensbesteuerung im Kanton Zug, versteht nicht, warum die EU plötzlich Druck auf den Zentralschweizer Kanton macht.
«Wir sind etwas erstaunt über den Brief», sagt er gegenüber swissinfo. «Er nimmt Bezug auf das Freihandels-Abkommen von 1972. Wir haben unsere Steuerpolitik in letzter Zeit nicht mehr geändert. Darum sehen wir nicht ein, warum dies nun plötzlich, im Jahr 2005, ein Problem sein sollte.»
Zug habe keine unterschiedliche Steuerpolitik als andere Kantone, betont Jud. «Alle 26 Kantone unterliegen dem Steuerharmonisierungs-Gesetz. Es ist jedoch ein Teil der Schweizer Tradition, dass die Kantone die Höhe ihrer Steuern selber bestimmen können. Es ist auch Teil des Schweizer Erfolgs, dass es einen Steuerwettbewerb gibt zwischen den Kantonen.»
Die Schweizer Kantone sind frei, die Höhe ihrer Steuern zu setzen. Dies innerhalb der Steuerharmonisierung, die seit 2001 in Kraft ist.
Firmen anziehen
Zug und Schwyz sind jene Kantone, die diese Autonomie zu ihrem Vorteil nutzen, indem sie die Unternehmenssteuern tief ansetzen, um internationale Unternehmen anzuziehen. Insgesamt bezahlt ein Unternehmen im Kanton Zug zwischen 14 und 17 Prozent des Einkommens an Bundes-, Kantons- und Gemeindesteuern.
economiesuisse, der Dachverband der Schweizer Wirtschaft, warnt, dass die Versuche der Europäischen Kommission, sich ins Schweizer Steuersystem einzumischen, beim Volk nicht gut ankommen könnten.
«Auf den ersten Blick sehen wir nicht ein, warum ein Kanton mit einer tiefen Steuerrate Artikel 23 des Freihandels-Abkommens verletzen sollte. Es ist eine Frage der Interpretation», sagt Pressesprecher Pascal Gentinetta gegenüber swissinfo.
«Die Schweizerinnen und Schweizer könnten Probleme damit haben, wenn die Kommission nach einem Fehlverhalten von kantonalen Steuerbehörden sucht.»
Schweizer Beamte und Vertreter der Generaldirektion für Aussenbeziehungen der EU-Kommission sollen im Dezember zusammenkommen, um die Umsetzung des Freihandels-Abkommens zu erörtern.
«Nur generelle Anfrage»
Doch sowohl die Kommission wie auch das Schweizer Integrationsbüro in Bern spielen die Bedeutung des Briefes herunter. Er sei nur eine generelle Anfrage für Informationen und keine offizielle Beschwerde.
Der Brief wurde auch an das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) weitergeleitet. Dieses will keinen Kommentar dazu abgeben. Man untersuche den Inhalt, heisst es.
Der Kanton Schwyz will auf eine Stellungnahme der Bundesbehörden warten, bevor er den Brief kommentieren will.
swissinfo, Matthew Allen
Artikel 23.iii des Freihandels-Abkommens von 1972 sagt, «jede staatliche Beihilfe, die den Wettbewerb durch Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige verfälscht oder zu verfälschen droht», sei «mit dem guten Funktionieren dieses Abkommens unvereinbar».
Das Steuerharmonisierungs-Gesetz ist seit 2001 in Kraft und regelt die kantonalen Steuersysteme.
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