Forscher entschlüsseln, wie Sauerstoff in die Erdatmosphäre kam
(Keystone-SDA) Berner und kanadische Forscher haben herausgefunden, wie sich vor rund 2,4 Milliarden Jahren relativ plötzlich Sauerstoff in der Erdatmosphäre sammeln konnte. Zentral dafür waren demnach Änderungen in der Erdkruste.
Ohne Sauerstoff wäre das Leben auf der Erde, wie wir es heute kennen, unmöglich. Während der ersten rund 1,5 Milliarden Jahre war unser Planet jedoch frei davon – zumindest von Sauerstoff, der nicht in chemischen Verbindungen vorlag. Das änderte sich erst in einem Zeitraum von vor drei bis 2,4 Milliarden Jahren, als – relativ plötzlich – freier Sauerstoff erst in den Ozeanen, dann in der Atmosphäre auftauchte.
Klaus Mezger von der Universität Bern und Matthijs Smit von der University of British Columbia haben nun an uralten Sedimenten Hinweise gefunden, wie es zu diesem «Great Oxidation Event» (etwa «Grosse Sauerstoffanreicherung») gekommen sein könnte: Der Schlüssel liegt demnach in einer Veränderung der Erdkruste. Davon berichten die Forscher im Fachblatt «Nature Geoscience».
Sauerstoff wurde zunächst abgefangen
Zwar betrieben vor drei Milliarden Jahren bereits Cyanobakterien Photosynthese und produzierten dabei freien Sauerstoff, dieser reagierte jedoch direkt mit anderen Elementen. «Die Erdkruste war damals noch sehr basaltisch und damit reich an zweiwertigen Eisen- und Magnesium-Ionen», erklärte Mezger im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. Diese wurden durch Verwitterung in die Ozeane gewaschen und reagierten mit dem Sauerstoff, den die Cyanobakterien produzierten.
Durch chemische Daten von Milliarden Jahre alten Sedimenten stellten die Forscher fest, dass sich etwa zur Zeit des Einsetzens der grossen Sauerstoffanreicherung auch die Zusammensetzung des Erdmantels veränderte.
«Die Erdkruste ist granitischer geworden, also ärmer an den zweiwertigen Ionen, vor allem Eisen, die den Sauerstoff bis dahin abgefangen hatten», so Mezger. Dadurch konnte sich freier Sauerstoff in den Meeren anreichern, bis diese gesättigt waren, und schliesslich auch in die Atmosphäre übergehen.
Abbild der frühen Erdkruste
«Die Vermutung, dass die Zusammensetzung der Erdkruste eine Rolle gespielt haben könnte, gab es zwar schon, aber wir konnten sie mit unserer neuen Methode erstmals untermauern», sagte der Berner Forscher. Die Idee dafür stammte von Smit, der Vorschlug, das Verhältnis der Menge von Chrom und Uran in den Sedimenten als Anzeiger für die Basalt- oder Granit-reiche Zusammensetzung der Erdkruste zu verwenden.
«Chrom kommt praktisch nur in Basalt vor, Uran fast nur in Granit», erklärte Mezger. «Die Erdkruste von damals existiert heute nicht mehr, wir können sie also nicht direkt analysieren. Aber die Sedimente sind ein Abbild, das wir auch recht genau datieren können.»
Wie es zu der Veränderung der Erdkruste kam, sei eine der grossen Fragen der Geologie, sagte Mezger. Möglicherweise habe das Einsetzen der Plattentektonik damit zu tun, die Wasser in den Erdmantel beförderte. Wasser wiederum sei nötig für die Granitbildung.