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Deutsche kämpfen für ihr Schweizer Fernsehen

Meteo-Moderator mit Schirm auf dem Dach im Leutschenbach.
Die Schweizer Wettersendung “Meteo“ gilt im Gebiet des Hochrheins als zuverlässiger als das deutsche Pendant. Keystone

Viele Deutsche in grenznahen Regionen schätzen Schweizer Fernsehkanäle als willkommene Alternative zum deutschen Programm. Dass SRF 1 und SRF 2 ab dem 3. Juni dort nicht mehr empfangen werden können, sorgt für Unmut unter deutschen Zuschauern.

Die Entscheidung steht bereits seit dem Frühling 2018 fest, doch nun, da ihre Umsetzung näher rückt, scheinen die Betroffenen aufzuwachen: Grenznahe Zeitungen wie die Badische Zeitung, die Schwäbische Zeitung und der Südkurier bereiten ihre Leser auf Standbilder statt Schweizer Programme vor. Bundestagsabgeordnete aus dem betroffenen Südwesten Deutschlands richten Appelle an die Schweiz sowie an deutsche Kabelbetreiber, die Abschaltung zu überdenken und eine Lösung zu finden.

Schweizer Spielfilme und Magazine aber auch die Sportübertragungen der öffentlichen gebührenfinanzierten Sender sind bei vielen deutschen Zuschauern beliebt. Die Erfolgsserie “Der Bestatter“ wurde eigens für den deutschen Markt synchronisiert. Die Schweizer Wettersendung “Meteo“ gilt im Gebiet des Hochrheins als zuverlässiger als das deutsche Pendant. In den Stuttgarter Nachrichten wird der einstige Chef der Weissen Bodenseeflotte Konrad Frommer zitiert: “Der Schweizer Wetterbericht passt für uns ja viel besser.“

Externer Inhalt

Noch sind SRF 1 und SRF 2 im deutschen Südwesten per Antenne zu empfangen. Doch am 3. Juni schaltet die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG die digitale Übertragungstechnik DVB-T, eine Abkürzung für «Digital Video Broadcasting-Terrestria», ab. Damit entfällt auch die technische Grundlage für deutsche Kabelanbieter wie Unity Media oder die Konstanzer Seeconnect, die Schweizer Sender in ihr Angebot aufzunehmen.

Bislang konnten und durften sie den sogenannten overspill, also Antennensignale, die über die Grenze fliessen, ganz legal in ihr Netz einspeisen. Mit der Abschaltung der rund 200 terrestrischen Sendeanlagen ist damit Schluss. Über Satellit können Deutsche die Schweizer Programme wiederum nicht empfangen, da die Inhalte aus urheberrechtlichen Gründen verschlüsselt sind.

Abschaltung nach No-Billag-Initiative

Die Entscheidung der SRG, die Übertragung aus Kostengründen einzustellen, ist auch eine Folge der No-Billag-Initiative zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren. Sie wurde zwar im März 2018 mit mehr als zwei Dritteln der Stimmen abgelehnt. Doch im Zuge der Diskussionen kündigt die SRG an, ihre Gebühren und damit auch ihre Ausgaben um 100 Millionen Franken zu senken. Neben der Streichung von Stellen und Programmen legte der Bundesrat fest, dass «das Recht und die Pflicht der SRG», TV-Programme über Antenne zu verbreiten «bis spätestens Ende 2019 erlösche». Nur 2% der Schweizer nutzen das Signal noch, zu wenig, als dass es einen teuren Weiterbetrieb rechtfertigt.  

Appelle aus der Politik

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter aus dem südbadischen Waldshut appelliert an die privaten Kabelbetreiber auf deutscher Seite, «eine schnelle und pragmatische Lösung» zu finden. Auch ihr Kollege von der CDU, der Bundestagsabgeordnete Felix Schreiner, ist aktiv geworden. «Das drohende Aus des freien Empfangs der Schweizer Sender trifft die Menschen in der Grenzregion sehr», schreibt er in einer Pressemitteilung.

Schreiner hat sich gemeinsam mit seinem Konstanzer Parteikollegen Andreas Jung sogar an den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) gewandt und ihn gebeten, in dieser Sache aktiv zu werden.  Die Schweizer Sender seien «ein Mehrwert für den kulturellen Austausch über die Grenzen hinweg», schreibt Schreiber. Viele Bürgerinnen und Bürger seines Wahlkreises hätten ihn in dieser Angelegenheit kontaktiert.

Im Konstanzer Gemeinderat brachte die FDP Ende März gar den Antrag «Kein Abschalten des Schweizer Fernsehens in Konstanz» ein. In einer «Phase einer bedauernswerten grenzüberschreitenden Abkühlung» sei der Empfang dieser Sender wichtiger denn je, zitiert der Südkurier aus dem Papier. Die grenzüberschreitend geschauten Fernsehsender trügen enorm zum gegenseitigen Verständnis bei. Zumal die deutschen Sender nach wie vor in der Schweiz zu empfangen sind. 

85% nutzen Schweizer Sender

Wie beliebt die Schweizer Sender bei Deutschen sind, zeigt unter anderem eine Online-Umfrage der Schwäbischen Zeitung, deren Verbreitungsgebiet die betroffenen grenznahen Regionen umfasst. «Schade, ich habe dort regelmässig reingeschaut», bedauern dort immerhin 64% der Teilnehmer die Abschaltung. Weitere 21% gaben an, ab und zu ins Schweizer Fernsehen reinzuschalten und nur 15% finden die Ankündigung «nicht schlimm».

Pay-TV-Anbietern wie Sky kommt die Abschaltung hingegen recht. Ihnen sind die im Grenzgebiet frei zu empfangenden Sportsendungen wie Übertragungen der Champions-League-Spiele eh ein Dorn im Auge. Deutsche Zuschauer sollen vielmehr ein Abo bei dem Unternehmen abschliessen.

Die SRG scheint in dieser Frage jedoch keinen grossen Handlungsspielraum zu besitzen. Der Grund: Sie besitzt an vielen Sendungen nur die Rechte für die Ausstrahlung in der Schweiz. Dass die Signale über die Grenze schwappen, konnten sie ja mit Übertragungstechnik DTB1 nicht verhindern. Es wurde in Kauf genommen. 

Auslandschweizer können weiterhin schauen

Auslandschweizerinnen und -schweizer im grenznahen Gebiet betrifft die Abschaltung übrigens nicht: Sie können mit einer speziellen Entschlüsselungskarte weiter ihre Heimatsender empfangen. Diese so genannte Sat-Access-Karte kostet 60 Franken plus einen jährlichen Beitrag von 120 Franken. Deutschen bleibt dieser Zugangsweg verwehrt. Lizenzrechtliche Gründe verbieten der SRG, diese sogenannten Smartcards Nicht-Schweizern zur Verfügung zu stellen. Auslandschweizer bilden eine Ausnahme.

Einen kleinen Trost gibt es für deutsche Zuschauer: Der Kanal SRF Info ist weiterhin unverschlüsselt und kann nach wie vor ausserhalb der Schweiz empfangen werden. Darüber sind über die website www.srf.ch/play im Ausland jene SRF-Eigenproduktionen aufrufbar, an denen das Schweizer Fernsehen alle Rechte besitzt.

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