Bischof spricht sich für Minarette aus
Im Bau von Minaretten sieht der Basler Bischof Kurt Koch keine Probleme, wie er in einem Interview mit der "NZZ am Sonntag" erklärt.
«Das muss den Muslimen zugestanden werden», meint der Kirchen-Vertreter: Der Konflikt hinter der Minarett-Debatte sei viel wichtiger.
Im August war in Langenthal (BE) eine Petition mit rund 3500 Unterschriften gegen das geplante Minarett eingereicht worden. Bei der Gemeinde gingen rund 80 Einsprachen gegen den geplanten, sechs Meter hohen Moscheenturm ein.
In dieser Kontroverse haben sich darauf die dortige reformierte und katholische Kirche gemeinsam zu Wort gemeldet. Verbote seien ein schlechtes Mittel, stattdessen sei verstärkt auf Dialog zu setzen.
Petitionen, Einsprachen und rote Köpfe
Geplante Minarettbauten sorgen derzeit auch in Wangen bei Olten (SO) und in Will (SG) für rote Köpfe. Das Projekt der albanischen muslimischen Gemeinde wird von der jungen SVP (Schweizerische Volkspartei) angefochten, die eine Motion ausgearbeitet hat, um Minarette im Kanton zu verbieten.
In Wangen beschäftigt sich das Kantonsgericht mit einem Minarett-Projekt, nachdem die Gemeinde die Baubewilligung verweigert hatte.
Auch Wohlen (AG) hat ein Projekt verboten. Und die Muslime in Biel verzichten auf ein ursprünglich vorgehenes Projekt in Nidau.
Moschee ohne Minarett ist wie Kirche ohne Turm
Ein Minarett sei für die Muslime ein Zeichen der Identität, sagte Koch in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag». Wenn man einer christlichen Kirche sagen würde, sie dürfe eine Kirche, aber keinen Turm bauen, würde man sich fragen, wo das Problem sei.
Koch betonte jedoch, dass nicht nur über Minarette gesprochen werden müsse, sondern auch darüber, was sich hinter diesem Konflikt verberge.
Religionsfreiheit für Christen im Orient
Der Basler Bischof sieht in der Empörung über geplante Minarette ein Zeichen für eine grosse Angst vor dem Fremden.
Koch erwartet andererseits, dass auch in muslimischen Ländern die Religionsfreiheit für Christen gelten sollte. «Der Bischof von Arabien beispielsweise darf in gewissen Ländern keine Eucharistie feiern. Das sind offene Fragen, die man stellen muss.»
Schwäche des Christentums als Problem
Der Islam sei noch wenig in die Schweizer Gesellschaft integriert und habe zudem ein starkes Bekenntnis. Dies sei für die Christen, die eher ein «bisschen bekenntnisresistent» seien, eine grosse Herausforderung.
Das Problem sei eigentlich nicht die Stärke des Islams, sondern die Schwäche des Christentums.
Wenn die Christen zu ihren Wurzeln stehen würden, könnten sie auch offener auf andere Religionen zugehen.
Pauschalisierungs-Gefahr
Koch ortet zudem die Gefahr, dass der Islam pauschal mit dem Terror gleichgesetzt werde. Hier müsse man helfen zu unterscheiden, dass nicht die fanatischen Auswüchse einer Religion deren Wesen ausmachten.
Der Islam sei etwas ganz anderes als die terroristischen Verblendungen, die es gebe.
Das Argument, ein Minarett in der Schweiz sei Symbol für die Unterwerfung des umliegenden Territoriums, lässt Koch nicht gelten.
Das könne bei fundamentalistischen Gruppierungen so sein. Bei den Muslimen, die er kenne, sei dies sicher nicht der Fall.
swissinfo und Agenturen
Zur Zeit gibt es in der Schweiz nur zwei Moscheen mit Minaretten. In Genf seit 1978 und in Zürich seit 1963.
Den Muslimen in der Schweiz stehen mehr als 120 Gebetshäuser zur Verfügung, meistens in islamischen Kultur-Zentren.
Die traditionelle Funktion eines Minaretts besteht darin, dem Muezzin eine erhöhte Plattform zu bieten, um die Gläubigen zum Gebet zu rufen.
In der Schweiz wird vom Minarett nicht zum Gebet aufgerufen.
In der Schweiz leben rund 340’000 Muslime, hauptsächlich aus Südosteuropa und der Türkei.
Ihr Anteil an der Bevölkerung nimmt zu: 1990 betrug er 2,2%, 2000 belief er sich auf 4,3%.
Ein Grossteil dieses Zuwachses entfällt auf vertriebene Kriegsflüchtlinge aus den Gebieten des früheren Jugoslawien.
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