Die Ansichten des Lehrers Hani Ramadan
"Ich äussere mich nicht, bevor ich die offizielle Begründung des Staatsrates erhalten habe", sagte Hani Ramadan.
Der Direktor eines islamischen Zentrums in Genf ist als Lehrer freigestellt worden und befindet sich auf dem Weg auf die Insel la Réunion.
Stein des Anstosses ist ein offener Brief, den Ramadan am 10. September 2002 in der französischen Zeitung «Le Monde» publiziert hatte. Darin rechtfertigte er die Steinigung der Frau als Strafe bei Ehebruch.
Der Brief führte in Frankreich und in Genf zu einer heftigen Polemik. Ramadan ist Schweizer Bürger und unterrichtet an Genfer Sekundarschulen Französisch.
Seit Freitag ist nun Hani Ramadan, Autor des Buches «Aspects du monothéisme musulman» vom Unterricht freigestellt.
Kündigung für Ramadan?
Für den Genfer Staatsrat hat sich Ramadan «wissentlich in eine Situation versetzt, die eine Kündigung des Dienstverhältnisses rechtfertigen könnte», heisst es in einem Communiqué der Genfer Regierung.
Laut Erziehungsdirektorin Martine Brunschwig-Graf ist die Entscheidung über Ramadans Freistellung nach «reiflicher Überlegung» gefallen. Gegenüber swissinfo sagte Brunschwig-Graf, dass sie das Erziehungsdepartement beauftragt habe, sich um die Angelegenheit zu kümmern.
Ramadan habe schon früher zwei Verweise erhalten, so die Genfer Erziehungsdirektorin. Mit dem offenen Brief in «Le Monde» habe er nun aber das erlaubte Mass überschritten.
Hani Ramadan stelle das göttliche Recht über jenes des Staates, während er als Lehrer an einer öffentlichen Schule diesen Staat und seine Institutionen vertreten müsse.
Hani Ramadan hat seine vorgesehene Reise ins französische La Réunion im indischen Ozean trotzdem angetreten. Er will dort eine wichtige muselmanische Gemeinschaft besuchen. «Ich werde alles unternehmen und meine Rechte geltend machen», hat er am Telefon erklärt.
Verbindung zur Moslem-Bruderschaft?
Hani Ramadan leitet seit 1995 das von seinem Vater Said gegründete «Centre islamique de Genève». Er ist der Enkel von Hassan al-Banna, dem Gründer der Moslem-Bruderschaft in Ägypten. Diese kämpft für eine islamische Gesellschaft.
1997 wurde Ramadan die Einreise nach Frankreich verboten. Die französische Regierung befürchtet, dass seine Anweisenheit die öffentliche Ordnung gefährdet. Seit 1999 verweigert ihm auch Ägypten die Einreise.
Swissinfo, Jan Hamel und Agenturen
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch