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Die Geheimbasis der Schweizer Regierung in Irland

Altes Hotel
Das Hotel Liss Ard Estate in Irland ist auch heute noch im Geschäft. RTS

Im Süden Irlands, in der Nähe der Stadt Cork, befindet sich ein ganz besonderes Hotel. Es hätte während des Kalten Kriegs bei einer Invasion der Schweiz zum geheimen Stützpunkt des Bundesrats werden sollen. Diese abenteuerliche Geschichte hatte sich der damalige Schweizer Geheimdienst ausgedacht.

Eingebettet in ein grosses Anwesen auf dem irischen Land, rund 40 Kilometer westlich von Cork, liegt ein prächtiges Herrenhaus mit Blick auf einen privaten See: Das Liss Ard EstateExterner Link.

Es ist ein besonderes und diskretes Hotel. Das georgianische Gebäude ist sogar «der perfekte Ort», um sich zurückzuziehen, wenn man dem heutigen Direktor Alexi Argyris glauben darf.

Ein Versteck, ein Hideaway, ist genau die Rolle, die dieser geschichtsträchtige Ort für den Bundesrat auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs gespielt haben könnte.

In den 1970er-Jahren spielten die Geheimdienste das Szenario eines Exils der Schweizer Regierung im Fall einer russischen Invasion in der Schweiz durch.

Ein Spion am Werk

Im Untergeschoss des vor zwei Jahren renovierten Gebäudes befindet sich ein rustikal eingerichteter Raum, ein so genanntes Carnotzet. Früher war dieser Raum ein Fernmeldezentrum, von dem aus der Bundesrat die Schweiz hätte regieren können.

Das war zumindest die Vision des damaligen «Hoteliers» Albert Bachmann. Er war Chef eines Sonderdiensts des Schweizer Nachrichtendiensts, der den Widerstand im Fall einer militärischen Besetzung der Schweiz vorzubereiten hatte.

Mann mit Schnauz und Pfeife
In den Aufgabenbereich von Albert Bachmann fiel die Weiterführung der Widerstandsvorbereitungen für den Fall einer Besetzung der Schweiz. Keystone

In Irland hatte sich Bachmann alles ausgedacht, bis hin zur Finanzierung des Hotelkaufs. «Aus Gründen der Vertraulichkeit wurde darauf geachtet, dass keine Bundesgelder eingesetzt wurden», sagt der Historiker Titus Meier gegenüber dem Schweizer Radio und Fernsehen SRF.

«Man fand eine Bank, die damalige Schweizerische Bankgesellschaft (SBG), welche die Idee unterstützte. Sie gab Geld für den Kauf des Hotels.»

Doch das Geheimnis wurde gelüftet, und das Parlament interessierte sich plötzlich für den Spionagering. Die Untersuchung führte eine Arbeitsgruppe der Geschäftsprüfungskommission unter der Leitung des damaligen Nationalrats und späteren Bundesrats Jean-Pascal Delamuraz aus dem Waadtland.

Für ihn entsprang die «verrückte» Idee, eine Schweizer Exilregierung zu installieren, allein dem «fruchtbaren Hirn Bachmanns» und «entsprach in keiner Weise einem Auftrag des Bundesrats», wie er im Fernsehen erklärte.

«Alles war vorbereitet»

In Irland erinnert man sich noch gut an diese Geschichte. «Alles war vorbereitet. Wäre der Krieg ausgebrochen und wären Bomben auf Europa gefallen, hätten sich die Schweizer hier noch lange mit frischem Fisch aus dem eigenen Teich versorgen können», sagt Brian McCarthy, dessen Mutter in den 1970er-Jahren die Bar und die Küche des Hotels leitete.

Anfang der 1980er-Jahre traf ein Team des französischsprachigen Fernsehens RTS Oberst Albert Bachmann in seinem Haus in Irland. «Die anderen, vor allem in Bern, denken, ich führe ein unorthodoxes Leben. Und vielleicht haben sie Recht, ich passe nicht in die Landschaft», sagte er.

Die Legende besagt, dass irgendwo auf dem Landgut ein Schatz versteckt gewesen sein soll, Gold der Schweizerischen Nationalbank, um den Lebensstandard des Bundesrats für den Fall der Fälle aufrecht zu erhalten… Ein solcher wurde jedoch nie gefunden.

Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub

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