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Die Geschichte des Christbaums

Der mit Kerzen und Glaskugeln geschmückte Christbaum blieb lange der Oberschicht vorbehalten. Gina Folly / © Museum der Kulturen, Basel

Tannenbäume in der Weihnachtszeit festlich zu schmücken, dieser weltweit verbreitete Brauch hat seine Wurzeln am Oberrhein. Der mit Kerzen und Glasschmuck geschmückte Baum blieb lange der Oberschicht vorbehalten.

Das Museum der Kulturen in Basel erzählt in der Ausstellung «Rot in Grün» die Geschichte vom Weihnachtsbaum.

Grün ist die Hoffnung – und Grün ist das Leben. Seit jeher holen sich die Menschen in der kalten und kargen Winterzeit etwas Grün ins Haus.

Die immergrünen Pflanzen brachten in den toten Wintermonaten nicht nur lebendige Natur in die Stube. Die Mistel, Eiben-, Stechlorbeer- und Tannenzweige sollten mit ihren spitzigen Blättern oder Nadeln auch vor bösen Geistern schützen.

Vor allem aus dem Elsass ist die Verwendung von Tannengrün überliefert. Tannenäste wurden an die Decke gehängt, später auch ganze Bäumchen.

Zurück zu den Wurzeln

Die Ausstellung «Rot in Grün» im Museum der Kulturen in Basel führt den Besucher durch die Geschichte des Christbaums bis zurück zu dessen Wurzeln.

Die Geschichte beginnt fernab von Bethlehem, nämlich im Elsass. Gemäss der ältesten Quelle, standen die ersten mit Äpfeln, Oblaten, Zischgold (Lametta) und Zucker geschmückten Weihnachtsbäume um 1600 als Gabenträger in den oberrheinischen Zunftstuben.

Die roten Äpfel, die an die Zweige gehängt wurden, erinnern an Paradiesäpfel, Sinnbild für Fruchtbarkeit und Liebe. Die Kinder der Zunftgenossen durften den Baum «abblümen», plündern, aber erst am Dreikönigstag.

Auch aus Basel wird berichtet, dass Schneidergesellen um diese Zeit einen mit Äpfeln und Käse dekorierten Baum zur Schau trugen, bevor sie ihn in der Zunftstube aufstellten. Die Leckereien sollen sie anschliessend gleich selbst verschlungen haben.

Von der Zunftstube zu den Adligen

Von den Zunftstuben gelangte der Weihnachtsbaum schon bald in die privaten Wohnzimmer. Und er erstrahlte im Kerzenlicht. Es blieb aber bis ins 19. Jahrhundert den gehobenen Gesellschaftsschichten vorbehalten, den Tannenbaum mit Kerzen zu schmücken.

Der Grund: Die Wachslichter waren damals teuer. Erst mit der Erfindung von Stearin (1818), das aus pflanzlichen und tierischen Fetten hergestellt wird, und dem aus Erdöl gewonnenen Paraffin (1830) wurden die Weihnachtskerzen für die breite Bevölkerungsschicht erschwinglich.

Auch der Glasschmuck blieb ein Privileg der Reichen. Dies änderte sich erst mit der industriellen Massenproduktion von Glaskugeln und -figuren.

Ende 19. Jahrhundert wurden aus den Glasbläserhütten in Lauscha in Thüringen bunte Christbaumkugeln in alle Welt exportiert. Der Glasschmuck wurde in Akkordarbeit hergestellt.

Krippen für Katholiken

Christbäume galten noch lange als Rarität. Für die breite Bevölkerung wurde der festlich geschmückte Weihnachtsbaum erst im 20. Jahrhundert populär.

Der Christbaum war zuerst ein evangelischer Brauch. Die Katholiken hatten Krippen. In den katholischen Gebieten erfuhr der geschmückte Baum erst in der Nachkriegszeit breite Akzeptanz.

Auch in der Romandie und im Tessin, wo der Weihnachtsbaum um 1940 noch kaum bekannt war, wurde dieser Brauch erst relativ spät eingeführt.

Kirche gegen diese «Lappalie»

Von der Verbreitung des Weihnachtsbaums war die Kirche am Anfang alles andere als begeistert. Der Strassburger Münsterprediger Johann Conrad Dannhauer geisselte den neuen Brauch 1645 als «Lappalie» und «Kinderspiel», mit der man die Weihnachtszeit «oft mehr als mit Gottes Wort begehet».

Doch den Siegeszug des Weihnachtsbaums um die Welt war nicht mehr aufzuhalten: Ab Ende des 18. Jahrhunderts trugen auch Illustrationen, Gedichte und Erzählungen zur Verbreitung des Weihnachtbaumes bei. Eine der bekanntesten Hymnen an den Christbaum ist wohl «O Tannenbaum» des deutschen Dichters und Komponisten Ernst Gerhard Salomon Anschütz (1780-1861), die auf ein altes Volkslied zurückgeht.

Doch auch der Krieg spielte eine Rolle: Während dem deutsch-französischen Krieg von 1870/1871 wurden auf Anweisung von Kaiser Weilhelm II in deutschen Lazaretten und Militärquartieren Weihnachtsbäume aufgestellt. Im Lichterglanz der Kerzen vermengten sich bei den Soldaten Heimweh und Nationalstolz.

Nach dem Krieg wurde der Baum zu einem Symbol für den deutschen Sieg. Das Bedürfnis, Weihnachten zu Hause mit der Familie unter einem geschmückten Tannenbaum zu verbringen, war geweckt.

Propaganda und Patriotismus

Der Christbaum ist weltweit zum festen Bestandteil der Weihnachtsfeier geworden, zum Symbol von Liebe und Eintracht. Die Ausstellung «Rot in Grün» zeigt aber neben Äpfeln, Nüssen, Lametta und Glaskugeln noch anderen Baumschmuck.

Baumschmuck, der als Kriegspropaganda dient, wie das Ausstellungsobjekt aus dem Zweiten Weltkrieg: Eine rote Kugel mit Hakenkreuz. «Heil Hitler» steht darauf geschrieben.

An der Ausstellung finden sich auch Weihnachtsfiguren zum Irak-Krieg. Weihnachtsfiguren, bei denen Religion und Patriotismus vermischt, die Realität verklärt wird: Lächelnde amerikanische Soldaten, mit USA-Flagge und Gewehr bei Fuss – oder mit einem irakischem Kind auf dem Arm.

swissinfo, Corinne Buchser

«Rot» ist der Titel der Sonderausstellung im Museum der Kulturen in Basel, die noch bis zum 2. März 2008 dauert.

Das grösste ethnologische Museum der Schweiz nimmt den Besucher mit auf eine Spurensuche nach den Bedeutungen, die diese Farbe in den verschiedenen Kulturen hat: Rot als Indiz der Macht, Rot als Mittlerin zwischen dem Dies- und dem Jenseits, Rot als Signalfarbe, Rot als Farbe des Lebens.

«Rot in Grün», die aktuelle Weihnachtsausstellung im Museum der Kulturen, läuft noch bis am 6. Januar 2008.

Als Vorläufer des Christbaums gilt das so genannte Weihnachtsgestell aus Holzstäben und Äpfeln, das um 1800 im deutschsprachigen Raum aufkam.

Die im Gestell platzierten Äpfel beziehen sich auf mittelalterliche Weihnachtsspiele, in denen die Vertreibung aus dem Paradies nachgespielt wurde. In Österreich wurde das Weihnachtsgestell bis um 1900 verwendet.

Ebenfalls als Vorläufer gelten die Leuchterspinne (eine Art Deckengehänge) und die Weihnachtspyramide, die beide aus dem sächsischen Erzgebirge stammen. Sie enthalten Szenen aus der Weihnachtsgeschichte, aber auch bergmännische Motive.

Eine besondere Form der Weihnachstpyramide kam aus dem Kanton Appenzell-Innerrhoden: Auf eine mit Äpfeln und Nüssen gefüllte Milchschale wurde eine hölzerne Pyramide gestellt, die mit Lebkuchen und Äpfeln bedeckt war. Darauf stand teilweise ein Bäumchen.

Mitte 19. Jahrhundert wurde in Hamburg der erste Adventskranz aufgehängt. Das tägliche Anzünden einer Kerze war jeweils mit dem Vorlesen einer prophetischen Verheissung verbunden.

Einige Jahre später folgte der Adventsbaum. Die auf Zettel geschriebenen Adventsverheissungen wurden nach dem Vorlesen an den Baum gehängt. Der Adventsbaumbrauch dürfte ungefähr gegen 1960 erloschen sein.

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