Liechtenstein feiert 300 Jahre enge Beziehung zur Schweiz
Am 23. Januar 1719 erhob der germanisch-römische Kaiser Karl VI. die Landkreise Vaduz und Schellenberg in den Rang eines kaiserlichen Fürstentums. Die Führung lag bei der Dynastie von Liechtenstein. Das Datum gilt seither als Geburtsstunde des Staats Liechtenstein, auch wenn das Fürstentum formal erst nach dem Fall des Römisch-Deutschen Reiches (1806) unabhängig wurde.
Die Gedenkfeier am Mittwoch wird auch der Startschuss sein für eine Reihe von Veranstaltungen, die über das ganze Jahr verteilt stattfinden werden. «Das Jubiläum ist nicht nur ein Anlass für die Liechtensteiner, über ihre eigene Geschichte nachzudenken, sondern zieht auch die Aufmerksamkeit vieler Touristen und Besucher auf sich», heisst es auf der englischsprachigen Version der offiziellen Website für die 300-Jahr-FeiernExterner Link.
Liechtenstein stand während des gesamten 19. Jahrhunderts dem österreichisch-ungarischen Reich sehr nahe. Doch wegen der tiefen Krise, in die das im Ersten Weltkrieg besiegte Österreich-Ungarn gestürzt war, näherte sich das Fürstentum ab 1919 immer mehr der Schweiz an.
Hundert Jahre später sind die Beziehungen zwischen den beiden Ländern nach wie vor sehr eng. Ein kurzer Überblick.
Seit 1919 gilt ein Vertrag zwischen den beiden Ländern mit der Auflage, dass Schweizer Botschaften und Konsulate die Interessen Liechtensteins in jenen Ländern vertreten, in denen das Fürstentum nicht vertreten ist.
Heute verfügt Liechtenstein über acht eigene diplomatische Vertretungen (Berlin, Bern, Brüssel, Genf, New York, Strassburg, Washington und Wien) und eine Vertretung beim Heiligen Stuhl (Vatikan).
1923 haben die beiden Länder eine Zollunion geschlossen. Das auffälligste Beispiel für diese Verbindung ist die Verwendung derselben Währung. 1924 führte Liechtenstein offiziell den Schweizer Franken als Landeswährung ein.
Die beiden Länder gehören auch beide der Europäischen FreihandelsassoziationExterner Link (EFTA) an, zusammen mit Island und Norwegen. Wirtschaftlich sind die Schweiz und Liechtenstein daher sehr nahe beieinander. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass das Fürstentum in seiner Annäherung an die Europäische Union weiter als die Schweiz ging, indem es 1995 dem Europäischen Wirtschaftsraum beigetreten ist – ein Beitritt, den das Schweizer Stimmvolk 1992 abgelehnt hatte.
Besonders im Sportbereich bestehen sehr enge Verbindungen zwischen Liechtenstein und der Schweiz. So spielt etwa der FC VaduzExterner Link in der Schweizer Fussball-Liga. Die Sportförderung und die Ausbildung von Jugendlichen erfolgen in enger Zusammenarbeit mit der Schweiz, da Liechtenstein in das Programm «Jugend+Sport»Externer Link (J+S) integriert ist.
Generell sind unzählige liechtensteinische Verbände in Schweizer Dachverbänden integriert, wo sie den gleichen Status wie ein kantonaler Schweizer Verband haben. Beispiele dafür sind der Verband der öffentlichen Arbeitslosenkassen der Schweiz und des Fürstentums LiechtensteinExterner Link oder die Feuerwehr Koordination SchweizExterner Link.
Laut dem Eidgenössischen Departement für auswärtige AngelegenheitenExterner Link (EDA) lebten Ende 2016 mehr als 3600 Schweizerinnen und Schweizer – ohne Doppelbürger – in Liechtenstein. Das sind mehr als 10% der lokalen Bevölkerung. Zudem waren die Hälfte der 37’453 in Liechtenstein Beschäftigten per 31. Dezember 2016 Grenzgängerinnen und Grenzgänger, von denen fast 55% in der Schweiz wohnten.
Liechtenstein muss allerdings keine Angst haben, kolonialisiert zu werden, weil seine Vorschriften die Einwanderung aus der Schweiz und anderen Ländern massiv einschränken: Jährlich werden maximal zwölf Erwerbsbewilligungen und fünf Aufenthaltsbewilligungen an Schweizerinnen und Schweizer erteilt.
Die beiden Länder teilen schliesslich auch eine strenge Neutralität, die während der beiden Weltkriege eingehalten wurde. Liechtenstein gehört zu den rund 30 Staaten auf der Welt, die keine eigene Armee haben. Im Falle einer akuten Bedrohung erlaubt das Gesetz, alle Bürger unter 60 Jahren einzuberufen.
Es ist aber höchst unwahrscheinlich, dass dies eintritt: Die einzige wirkliche Gefahr für Liechtenstein der letzten Jahrzehnte ist…. die Schweizer Armee. Der schwerste Vorfall ereignete sich 1968, als die Schweizer Artillerie versehentlich fünf Schüsse in die Nähe einer Liechtensteiner Gemeinde abfeuerte – glücklicherweise, ohne dass Opfer zu beklagen gewesen wären.
Und 1985 entfachte die Schweizer Armee den grössten Waldbrand in der Geschichte des «Ländle»: Übungsraketen hatten auf einem Schweizer Waffenplatz nahe der Grenze einen Wald in Brand gesetzt. Ein Föhnsturm trug den Brand über die Grenze nach Liechtenstein hinein. Vaduz reagierte mit einer «Protestnote» an die Schweiz.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch