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Mit dem Baugesetz gegen Muslime

Mahmud Moschee in Zürich 1963: Nur sie und die Moschee in Genf haben ein Minarett. RDB

Fremdenfeindliche Kreise in der Schweiz haben eine neue Waffe gegen Muslime entdeckt: das Planungs- und Baugesetz.

Mit entsprechenden Gesetzesänderungen soll der Bau «störender religiöser Bauten» gestoppt werden.

Im Kanton Zürich will ein Parlamentarier der Schweizerischen Volkspartei (SVP) den Bau von Minaretten verbieten. Mit einer parlamentarischen Initiative forderte er jüngst eine entsprechende Änderung des kantonalen Planungs- und Baugesetzes.

Die Gemeinden würden sich bei der Bewilligung von Gebetstürmen oft schwer tun, kommentierte der Politiker seinen Vorstoss. Mit klaren gesetzlichen Grundlagen wolle er Abhilfe schaffen.

Minarette als Politikum

Doch Minarette sind nicht nur im Kanton Zürich ein Politikum. Erst vor kurzem lehnte der Gemeinderat in Wohlen, Kanton Aargau, den Bau eines Gebetsturms in einer Gewerbezone ab. Im aargauischen Windisch beschieden die Behörden einem Verein von albanischen Muslimen, der geplante Bau eines islamischen Zentrums sei am vorgesehenen Standort in einer gemischten Wohn- und Gewerbezone nicht möglich.

In Oberentfelden, ebenfalls im Kanton Aargau, läuft eine Sammeleinsprache gegen ein bosnisches Vereinslokal mit Gebetsraum, und die Gemeinde Rebstein im Kanton St. Gallen versuchte die Nutzung eines Gebäudes als Gebetsraum mit Cafeteria zu vereiteln.

In Wangen im Kanton Solothurn lehnte die Baukommission den Bau eines Minaretts ab. Ein Minarett wäre nicht zonenkonform, wurde der Entscheid begründet. Der türkische Kulturverein fechtet den Entscheid an.

Bau- und Planungsgesetz als Tarnung für andere Motive

In all diesen Fällen tarnen baurechtliche Argumente andere Motive. Die SVP-Fraktion im Solothurner Kantonsrat fordert mit einem Vorstoss: «Stopp dem Bau störender religiöser Bauten.»

Die Regierung soll beauftragt werden, die Gesetzgebung des Kantons Solothurn so zu ändern, dass der Neu- und Umbau von religiösen Bauten auf Kantonsgebiet grundsätzlich verboten ist und nur noch per Ausnahmebewilligung der Regierung gutgeheissen werden kann.

Dem Mediensprecher der SVP Schweiz und Solothurner Kantonsrat Roman S. Jäggi sind die «zunehmenden islamischen Symbole in unserem christlichen Kulturkreis» ein Dorn im Auge. Die verklausulierte Form des SVP-Vorstosses im Solothurner Kantonsrat zur Verhinderung von «störenden religiösen Bauten» kommt nicht von ungefähr. Denn: «Ein Minarett- oder Moscheeverbot wäre juristisch und politisch nicht realisierbar», erklärt Jäggi.

«So kann es in Wangen nicht weitergehen!», ereifert sich der frühere freisinnige Gemeinderat und heutige SVP-Politiker Rudolf Kissling in der Sammeleinsprache gegen das Minarett-Projekt des türkischen Kulturvereins.

Zwei weitere Einsprecher sehen «durch die Dominanz des Minaretts» den Religionsfrieden gefährdet. Ähnlich tönt es bei den Präsidien der katholischen und reformierten Kirchgemeinden von Wangen: «Ein Minarett passt nicht ins Dorfbild, befinden wir uns hier doch in einem christlichen Kulturkreis», steht in der gemeinsamen Einsprache.

Weniger Probleme für andere Religionen

In dieser aufgeheizten Stimmung überraschte es nicht, dass die Wangener Baukommission im Februar die Baubewilligung für das Minarett ablehnte. Besonders irritiert hat eine der Begründungen: Das geplante Minarett sei zu hoch.

Sechs Meter hoch sollte es werden – ein Nichts gegenüber dem 20 Meter hohen Turm des geplanten hinduistischen Tempels in Trimbach, ebenfalls im Kanton Solothurn. Trimbach hat den Gestaltungsplan für das Projekt des örtlichen tamilischen Kulturvereins letztes Jahr genehmigt. Der Tempel soll, wie das Minarett in Wangen, in einem Gewerbegebiet gebaut werden.

Wenige Kilometer von Wangen entfernt steht auch der buddhistische Tempel von Gretzenbach – in einem Industriegebiet. Deshalb glaubt der Anwalt des türkischen Kulturvereins in Wangen, dass das Baurecht wohl kaum ein taugliches Mittel sei, um ein unerwünschtes Minarett zu verhindern.

Unklare Haltung der CVP

Als erste Partei der Schweiz hat die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) ihre Position zum Islam umrissen. Unter anderem plädiert die CVP dafür, dass der Bau von Moscheen nur bei einer eindrücklichen gesetzlichen Grundlage eingeschränkt werden dürfe.

Gleichzeitig spricht sich der für das Positionspapier federführende CVP-Nationalrat Reto Wehrli gegen den Bau von Minaretten aus. «Dass in der Schweiz der Bau von Minaretten nicht zugelassen wird, erachte ich nicht als Eingriff in die Religionsfreiheit. Ich bin gegen ein derartiges aktives und deutliches Eindringen des Islams in den öffentlichen Raum», sagte er in einem Interview mit der Neuen Luzerner Zeitung.

swissinfo, Jean-Michel Berthoud

In der Schweiz verstecken sich Gebetsräume von Muslimen, aber auch von Hindus und Buddhisten, in Lagerhallen, Industriezonen und Privatquartieren. Die Gläubigen, allen voran die Muslime, wollen heraus aus diesen Ghettos und fordern mehr öffentliche Anerkennung.

Den über 300’000 Muslimen in der Schweiz dienen laut Experten heute mindestens 160 so genannte Hinterhofmoscheen. Abseits der Öffentlichkeit beten nicht nur Muslime in unscheinbaren Gebäuden und Baracken, sondern auch 28’000 Hindus, 21’000 Buddhisten und 500 Sikhs. Für die 18’000 Juden gibt es 35 Synagogen.

Zum Vergleich: Laut Schätzungen der römisch-katholischen und der evangelisch-reformierten Landeskirchen stehen in der Schweiz rund 3000 christliche Gotteshäuser.

In der Schweiz leben 311’000 Muslime, viele aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei.

1990 hatten sie 2,2% der gesamten Wohnbevölkerung der Schweiz ausgemacht, 2000 waren es 4,3%.

Ein wichtiger Grund für die Zunahme waren die Kriege auf dem Balkan, die Tausende von Menschen in die Flucht nach Norden getrieben hatten.

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