Papst-Nachfolge: Konklavenentscheid offen
Während die Gläubigen noch Anteil am Leiden vom Papst Johannes Paul II nehmen, spekulieren Vatikan-Kenner über die Nachfolge.
Nach katholischer Überlieferung waltet bei einer Papstwahl der Heilige Geist. Dennoch lässt sich der Ausgang eines Konklave nie voraussagen.
Das vatikanische Konklave, die Versammlung aller noch nicht 80-jährigen Kardinäle, wählt den Papst auf Lebenszeit. Es findet jeweils in der Sixtinischen Kapelle statt.
1978 war der damals 58-jährige Karol Wojtyla im achten Wahlgang zum Papst gewählt worden. Schwarzer Rauch, der aus einem Kamin aufsteigt, zeigt der Öffentlichkeit erfolglose Wahlgänge an. Weisser Rauch bedeutet demgegenüber: Habemus papam.
Überraschung als Regel
Während am Freitag die Gläubigen in aller Welt Anteil an den Leiden des Papstes nahmen, wird seit langem schon über die Nachfolge spekuliert. Doch beim Ausgang eines Konklave sind Überraschungen nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Auch die Wahl Wojtylas kam überraschend – doch sein Pontifikat dauerte lange 27 Jahre.
Wenn die derzeit 117 Kardinäle unter 80 Jahre zusammenkommen werden, deutet vieles auf die Wahl eines Kirchenführers aus Italien oder Lateinamerika hin.
Wunsch nach «Zwischenpapst»
Viele wünschen sich nach dem langen Pontifikat Karol Wojtylas eine Art «Zwischenpapst», einen älteren Kandidaten, der eher wenige Jahre regiert und keine grundlegenden Weichenstellungen vornimmt.
«Nachdem Johannes Paul die Kirche fast 27 lang prägte, will man ein deutlich kürzeres Pontifikat», heisst es häufig in Kirchenkreisen. Grosse Reformen sollen erst einmal verschoben werden. Was den Namen betrifft, stochern die Experten allerdings im Nebel.
Angebliche Favoriten
«Wer als Papst in das Konklave geht, kommt als Kardinal wieder heraus», besagt ein altes römisches Sprichwort. Im Klartext: Auf so genannte Favoriten sollte man nicht allzu viel geben. Arithmetische Überlegungen machen die Sache auch nicht leichter: Rund die Hälfte der Wahlberechtigten kommt aus Europa, die andere aus Nordamerika und der Dritten Welt.
Schon seit geraumer Zeit werden Stimmen nach einem künftigen Kirchenführer «aus dem Süden» laut. Immer häufiger fällt der Blick nach Lateinamerika. Dort leben fast die Hälfte der Katholiken in der Welt, die Kirchen sind lebendig und noch weitgehend unberührt vom Geist des Zweifels, der in so vielen Ländern Europas umgeht.
Als «heisse Tipps» gelten Oscar Rodríguez Maradiaga aus Honduras, in Glaubenssachen eher konservativ, politisch ein Kritiker des ungebremsten Kapitalismus. Oder Castrillon Hoyos (Kolumbien), Norberto Rivera Carrera (Mexiko).
Vorteil für Südamerikaner
Als Vorteil der Südamerikaner gilt, dass sie bei einem Konklave wohl auf die «Dritte-Welt»-Kollegen aus Afrika und Asien bauen können, zudem auf Rückendeckung spanischer und portugiesischer Purpurträger.
Schon sagen Kommentatoren voraus, die Wahl eines Nachfolgers von Johannes Paul II. werde zu einem Kräftemessen «Italien gegen den lateinamerikanisch-iberischen Block» führen.
Viele Insider, nicht nur aus Italien, meinen, es steige wieder ein Italiener auf den Petrusstuhl. Am häufigsten werden der Bischof von Mailand, Kardinal Dionigi Tettamanzi, genannt, sowie die Kurienkardinäle Angelo Sodano und Giovanni Battista Re.
«Blockade der Blöcke» möglich
Sollte es zu einer «Blockade der Blöcke» kommen, schlägt jedoch die Stunde der Aussenseiter. So wie 1978, als die Kardinäle den Überraschungskandidaten Karol Wojtyla kürten.
Beim nächsten Konklave könnten dies der Belgier Godfried Danneels, der Prager Kardinal Miloslaw Vlk oder der deutsche Kurienkardinal Joseph Ratzinger sein. Aber meist läuft eine Papstwahl ganz anders ab als vorausgesehen – ob mit oder ohne Eingreifen des Heiligen Geistes.
swissinfo und Agenturen

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