Religions-Gemeinschaften suchen Basis
Vertreter der Schweizer Christen, Juden und Muslime treffen sich am Donnerstag in Bern, zum ersten Mal seit dem Krieg in Irak.
Sie wollen eine Plattform bilden, um das Verhältnis und die Kommunikation zwischen den drei grossen Religionen zu verbessern.
Das Treffen wird vom Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK) organisiert. Die Idee war entstanden beim Anlass zum gemeinsamen Gebet aller Glaubensrichtungen in der Berner Kathedrale im März 2003, zwei Wochen vor Beginn des Kriegs in Irak.
«Es fiel mir beim Gebets-Treffen auf, dass wir keinen Ort haben, wo wir uns regelmässig sehen und unsere Ansichten austauschen können über Angelegenheiten, welche alle Religions-Gemeinschaften betreffen», sagt Thomas Wipf, SEK-Präsident gegenüber swissinfo. «Es ist auch wichtig, dass wir eine Plattform haben, wo wir uns kennen lernen und Vertrauen aufbauen können.»
Das Treffen am Donnerstag soll der erste Schritt sein zu einem «Rat der Religionen», der regelmässig zusammen gerufen werden könnte, um gemeinsame Probleme und Ziele zu diskutieren.
Dialog zwischen den Religionen
Amédée Grab, Präsident der Schweizerischen Bischofskonferenz (SBK), und Alfred Donath, Präsident des Jüdischen Gemeindebundes der Schweiz, werden beide zum Treffen erwartet.
Auch Fritz-René Müller, Bischof der Christkatholischen Kirche, und Farhad Afshar, Präsident der Koordination Islamischer Organisationen, werden anwesend sein.
Trotz der Dominanz der katholischen und der protestantischen Kirche in der Schweiz könne man die anderen Religions-Gemeinschaften nicht ignorieren, so Wipf.
«In der Schweiz, wie in anderen Ländern, hat sich die religiöse Landkarte verändert. Wir müssen die Aufgabe annehmen, friedlich miteinander zu leben.»
Rund 330’000 Muslime leben in der Schweiz. Afshar hofft, dass das Treffen zu engeren Verbindungen zwischen der islamischen und den andern religiösen Gemeinschaften führen wird.
«Es ist wichtig, im Dialog Vertrauen zu schaffen zwischen den verschiedenen Religionen», sagt er. «Dann sind wir in der Lage, Probleme zu diskutieren und gemeinsame Ziele zu erreichen.»
Kopftuchstreit diskutieren
Auf dem Tapet des ersten Treffens steht die Kontroverse um die Zurschaustellung religiöser Symbole in der Öffentlichkeit. Das französische Parlament hat kürzlich beschlossen, alle solchen Symbole von der Schule zu verbannen. Darunter fallen das islamische Kopftuch ebenso wie das christliche Kreuz oder die jüdische Kippa. Auch in der Schweiz wurde der Ruf nach einem Kopftuchverbot schon laut.
«Am Treffen könnten wir über die Diskussion in Frankreich über das Verbot von Kopftüchern sprechen oder ob ein Kruzifix in der Schule akzeptabel ist», sagt Wipf.
Islam nicht offiziell anerkannt
Afshar warnt jedoch vor zu hohen Erwartungen bei der konfessions-übergreifenden Debatte. Das Treffen sei nur ein Schritt in einem Prozess, der gegenseitiges Vertrauen und Respekt aufbaue.
«Der Hauptgrund, warum der Islam in der Schweiz nicht etabliert ist, liegt darin, dass er nicht offiziell anerkannt ist, wie es Christentum und Judentum sind», sagt er. «Dieses Zusammenkunft könnte ein Schritt auf dem Weg zur offiziellen Anerkennung als Religions-Gemeinschaft sein.»
swissinfo, Ramsey Zarifeh
(Übersetzung aus dem Englischen: Philippe Kropf)
Konfessionen in der Schweiz (2000):
42% Katholiken
35,2% Protestanten
4,3% Muslime
0,2% Juden
1,8% Orthodoxe
11,1% Konfessionslose
Am Donnerstag treffen sich Vertreter der christlichen, jüdischen und muslimischen Gemeinschaften in Bern zur Diskussion über gemeinsame Probleme.
Die Idee entstand beim Treffen zum Gebet für alle Gläubigen vor dem Golfkrieg im Jahre 2003.
Ziel ist, einen «Rat der Religionen» zu bilden, der sich regelmässig treffen soll.
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