Schweizer Missionar im Hochland von Tansania
Pater Philipp lebt seit fast einem halben Jahrhundert im afrikanischen Busch, genauer in der südöstlichsten Ecke von Tansania. Dort betreut er mehr als 2000 Christen.
Als die Schweizer Wirtschaftsministerin, Bundesrätin Doris Leuthard, im Mai dieses Jahres auf Durchreise war, sagte er die Messe ab, um den hohen Besuch zu treffen.
Erst hört man ihn angeregt mit tansanischen Gesprächspartnern am Mittagstisch in der Provinzstadt Mtwara reden. Als sich Bundesrätin Leuthard später an seinen Tisch setzt, wechselt er in seine Muttersprache. Die beiden unterhalten sich auf Schwyzerdüütsch – sie aargauert und beim ihm bricht unverwechselbar St. Galler Dialekt durch.
«Ich rede, wie mir der Schnabel gewachsen ist», entschuldigt sich Pater Philipp, Mitglied des Benediktiner Missions-Ordens von Uznach.
Seine neue Pfarrei von Chihangu im südöstlichsten Teil von Tansania umfasse etwa 700 km2, vermessen sei das äusserst wasserarme Gebiet noch nicht genau. Etwa 30’000 Leute wohnen in dieser Region, davon sind 2257 Christen.
Er betreut in seinem Gebiet neun Aussenposten. «Ich besuche sie jeden Monat nach einem festen Plan und halte einen Gottesdienst», erklärt der Geistliche.
Unterwegs ist er mit einem geräumigen deutschen Auto, nur da könne er die Beine richtig durchstrecken, sagt er und zeigt auf seine Krücken, die am Tisch lehnen.
Hoher Besuch
An diesem Tag im Mai hat das Programm aber kurzfristig eine Umstellung erfahren. Für den hohen Besuch aus der Schweiz ist er vom Makonde Hochland herunter in die Küstenstadt gefahren, wo er sich für das Mittagessen einer offiziellen Delegation der Schweizer Regierung und Wirtschaftsvertretern angeschlossen hat.
«Wenn Frau Bundesrätin da ist, gibt’s keine Messe draussen im Busch. Da wollte ich nach Mtwara reisen, um sie zu grüssen», strahlt er.
Als Philipp Eisenlohr, kaum zum Priester geweiht, 1958 nach Ostafrika kam, gab’s das heutige Land in dieser Form noch gar nicht. Die ehemals britische Kolonie steckte erst am Anfang ihrer Unabhängigkeitsbestrebungen.
An spezielle Schwierigkeiten am Anfang kann sich Pater Philipp nicht erinnern und auch Sehnsucht nach der Schweiz quälte ihn bisher offenbar nicht.
«Man muss sich schon gewöhnen, aber die Art der Leute hier gefiel mir gleich. Als Schweizer haben wir auch gewisse Vorteile. Wir gehen die Dinge viel bedächtiger an als andere.» Das komme bei den Einheimischen besser an als resolutes Auftreten. «Zerschlagenes Porzellan lässt sich nicht wieder flicken.»
Wörter auf Vorrat
Er sei damals von einem anderen, mittlerweile verstorbenen Schweizer Pater in die Sprache eingeführt worden. Dieser habe noch ein sehr klassisches Suaheli gesprochen.
«Man lernte ein ganzes Wörterbuch auswendig, damit man immer einen Vorrat an Ausdrücken hatte.»
Heute sei das ganz anders. Die Sprache entwickle sich ständig weiter mit neuen Ausdrücken. Man müsse nur mal den «jungen Porschte» zuhören, was denen wieder für neue Dinge eingefallen seien.
Erst fertig bauen
Eigentlich hätte Pater Philipp dieses Jahr in die Schweiz zurückreisen sollen für eine Klassenzusammenkunft. Aber er sagte die Reise ab.
«Das Schwesternhaus, Büro und Unterrichtsräume will ich fertig haben, vorher gehe ich nicht in die Schweiz», sagt er.
Sorgen macht sich Pater Philipp jedes Mal, wenn er wegfahren muss. Wenn der Chef ausser Haus sei, versuchten einige dies auszunützen, und es werde vermehrt gestohlen. Auch aus purer Armut.
Er frage sich jeweils: «Komme ich wieder gut zurück? Treffe ich alle wieder, oder hat wieder ein Teufel dreingepfuscht?»
Das Geld
Zweifel hat Pater Philipp, wenn er von den weltlichen Problemen erzählt in seiner Region. Korruption mache alles kaputt. Es funktioniere eigentlich nur mit Geld. Beamte seien bestechlich, dieses System sei alles andere als gerecht.
Aber er selber will und darf doch da nicht mitmachen, sonst verspiele er die ganze Glaubwürdigkeit und widerspreche den Werten seiner Mission, aber frustrierend sei es alleweil.
«Wenn ich auch Geldscheine zückte, hätte ich sofort Erfolg», ist er überzeugt.
Wünsche
Der Pater lässt aber den Kopf nicht hängen. «Ich hoffe, dass ich im nächsten Jahr auch noch da bin, dann hätte ich 50 Jahre hier gelebt».
Er wünscht sich, das «Frau Bundesroot» wieder einmal in die Gegend kommt. Er verspricht ihr auf der Stelle eine umfassende Führung durch seine Missionsstation in Chihangu.
«Ich werde ihr alles zeigen, die Kirche, das Schwesternhaus, den Unterrichtsraum und die Wassertanks. Damit sie sehen könnte, wie überlebenswichtig diese sind.»
swissinfo, Urs Geiser, Mtwara
Konfessionszugehörigkeit (Zahlen von 2000)
Moslems: ca. 1/3 (in Sansibar ca. 98%)
Christen: ca 1/2, davon 25% Katholiken
Schweizer Kolonie in Tansania (Ende 2006)
318 Schweizer Staatsangehörige
Tansanische Kolonie in der Schweiz: 134
Tansania gehört zu den ärmsten Ländern Afrikas. Mehr als ein Drittel der Menschen leben unter der international definierten Armutsgrenze von 1 US Dollar pro Tag.
Die Schweiz unterstützt Tansania seit den 1980er-Jahren mit finanzieller und technischer Hilfe. Letztes Jahr belief sich die Unterstützung auf 29,3 Mio. Franken.
Anfang Mai besuchte eine Delegation des Schweizer Wirtschaftsministeriums und von Vertrretern der Privatwirtschaft das Land.
Die Benediktiner gehören einem Orden der römisch-katholischen Kirche an. Sie berufen sich seit dem Mittelalter auf die Grundlagen von Gebet, Arbeit und Lektüre.
In der Schweiz gibt es zahlreiche Benediktiner Gemeinschaften und Klöster. Aber nur die Abtei von Uznach bildet Missionare aus.
Die Gemeinschaft von St. Otmarsberg bei Uznach besteht aus 28 Mönchen. Sechs sind als Missionare in Afrika tätig, vor allem in Tansania and Kenia.
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