Schweizer Sekte will dank Klonen ewig leben

Letzte Woche hat eine Firma das erfolgreiche Klonen eines Menschen bekannt gegeben.
Sie wurde von der Schweizer Raël-Sekte gegründet, die mit dem Klonen von Menschen den Schlüssel zum ewigen Leben gefunden haben will.
Die Raël-Sekte wird vom ehemaligen französischen Journalisten Claude Vorilhon geleitet. Er glaubt, dass die Menschen vor 25’000 Jahren von Ausserirdischen geklont wurden.
Laut dem Schweizer Theologen und Sektenspezialisten Georg Schmid zählt die Sekte zwischen 1’000 und 2’000 Mitglieder in der Schweiz. Die meisten seien eher vermögende und gebildete Menschen.
Die in Genf beheimatete Raël-Sekte hatte letzte Woche einen weltweiten Medienrummel veranstaltet: Die zur Sekte gehörende Firma Clonaid hatte bekannt gegeben, dass eine 31-jährige Amerikanerin erfolgreich ein Klonbaby namens «Eva» zur Welt gebracht habe.
Wissenschaftlicher Blickwinkel
«Raëlisten interessieren sich für die Wissenschaft. Sie glauben nicht an ein Nirwana oder an den christlichen Himmel», sagt Schmid gegenüber swissinfo. «Sie betrachten das Leben eher aus einem wissenschaftlichen Blickwinkel.»
«Nun haben sie einen anderen Weg gefunden, um auf ein Leben nach dem Tod hoffen zu können.» Dazu gehört die Meinung, dank Klonen das Leben verlängern zu können.
Der Gründer der Sekte, Claude Vorilhon oder «Raël», behauptet, er habe 1973 in der französischen Provinz Ausserirdische getroffen. Er nennt sie «Elohim».
Nach diesem Treffen habe er sechs Tage mit den Ausserirdischen verbracht, welche ihm den Ursprung der Menschheit erklärt hätten.
Charismatischer Führer
«Die Gruppe ist radikal, der Chef hat eine absolute Machtposition», sagt Schmid.
«Vorilhon ist der Boss in jedem Aspekt des Lebens eines Mitglieds. Er ist der einzige, der die ‹Elohim› getroffen hat. Daher verlangt er absoluten Gehorsam.»
Von ihrer Basis in Genf aus haben sich die Raëlisten über die ganze Welt – vor allem in Nordamerika – verbreitet. Sie sprechen von total 55’000 Mitgliedern.
Laut Schmid bietet die Schweiz mit ihren liberalen Gesetzen ideale Bedingungen für radikale Gruppen.
«In Frankreich haben die Raëlisten Probleme, denn seit den Massen-Selbstmorden der Sonnentempler 1994 wurden die Gesetze betreffend Sekten verschärft. Danach kamen viele über die Grenze.»
Mindestens zwei Sekten mit ähnlichem Glauben würden von der Schweiz aus operieren, sagt Schmid.
Aufgeschlossen
«Wenn wir Sekten beurteilen, sind wir sehr aufgeschlossen. Wenn es nun politische Extremisten wären, hätten wir mehr Angst. Doch so lange sie nur spirituell oder religiös aktiv sind, lassen wir sie gewähren.»
Doch sind solche Gruppen potentiell gefährlich? Zur Erinnerung: Auch in der Schweiz verübten Mitglieder der Sonnentempler-Sekte in den beiden Orten Cheiry und Salvan einen orchestrierten Massen-Selbstmord.
«Wenn man Mitglied der Raël-Sekte ist, dann ist es gefährlich. Denn sie verlangt totalen Gehorsam», sagt Schmid. «Mitglieder werden verpflichtet, der Gemeinschaft auch ihre geheimsten Gefühle mitzuteilen.»
Geld, Macht, Sex
Des weitern seien die Mitglieder verpflichtet, 7% ihres Einkommens abzugeben. Und nach ihrem Tod fallen alle Besitztümer an die Sekte.
Gruppenmeditation – oder was die Raëlisten «essentielle Meditation» nennen – ist eine regelmässige Tätigkeit der Sekte. Es soll dabei auch zu Gruppensex kommen.
«Du bist nicht mehr du selbst. Du musst dich total aufgeben», sagt Schmid.
Trotz dem Medienrummel der letzten Tage erwartet Schmid aber keinen grösseren Zulauf zur Raël-Sekte.
swissinfo

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