Zürcher Muslime bekennen sich zum Rechtsstaat
Die Islam-Organisationen im Kanton Zürich begegnen Vorurteilen mit einer Grundsatzerklärung, in der sie sich zu den schweizerischen Grundwerten bekennen.
Zum ersten Mal unternehmen Muslime in der Schweiz einen solchen Schritt, um ihre Integration und ihr Image zu verbessern.
Die Erklärung bekennt sich in zehn Punkten unter anderem zu «Demokratie und Rechtsstaatlichkeit», «für Frieden und gegen Gewalt», für «Gleichberechtigung» oder «Integration».
Unter «Integration» wird von den Mitgliedorganisationen zum Beispiel ausdrücklich die Förderung der Integration in die Schweizer Gesellschaft verlangt. Umgekehrt wird aber von den Schweizerinnen und Schweizern auch «Respekt und Toleranz» gegenüber der islamischen religiösen Identität erwartet.
Vorwiegend negative Presse
Eine aktuelle Studie der Uni Zürich zeige, dass Muslime in den Schweizer Medien schlecht abschnitten, sagte Isamil Amin, Präsident der Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich (VIOZ) am Montag vor den Medien.
In 70% der untersuchten Berichte seien Muslime negativ vorgekommen. Ferner häufen sich laut VIOZ in der Schweiz Fälle politischer Werbung, bei denen klar mit der Angst vor dem Islam gespielt werde. Zuletzt sei dies bei der Abstimmung zu Schengen/Dublin der Fall gewesen.
Deshalb habe die VIOZ eine Grundsatzerklärung erlassen, um gegen falsche Anschuldigungen und Vorurteile anzukämpfen.
Signalwirkung für andere Kantone
Mit ihrer Erklärung folgen die Zürcher Islam-Organisationen dem Beispiel in Deutschland, wie Amin sagte. Dort sei wegen wachsender Vorurteile gegen den Islam im Zusammenhang mit Terroranschlägen ebenfalls eine Grundsatzerklärung erlassen worden. Amin hofft, dass auch Islam-Organisationen anderer Kantone dem Beispiel folgen.
Der Zürcher Stadtpräsident Elmar Ledergerber begrüsste die Erklärung aus Anlass des 10-Jahre-Jubiläums der VIOZ. Die Öffentlichkeit erhalte damit ein «unmissverständliches Bekenntnis» der verschiedenen islamischen Organisationen zu Grundwerten in der Schweiz.
Bewusstsein unter Muslimen fördern
Ledergerber zeigte sich überzeugt, dass die Öffentlichkeit dies honorieren werde. Die VIOZ mache mit ihrer Erklärung nach aussen und innen deutlich, dass es keine Alternative zur Integration gebe. Auf die Wirkung nach innen für die eigenen Mitglieder zählt auch der VIOZ-Präsident.
Es gelte, allen Muslimen in der Schweiz klar zu machen, dass sie der Rechtsordnung der Schweiz unterstellt seien. Es gehe nicht an, das islamische Recht über die Rechtsordnung eines Landes zu stellen. Er erwarte im Zusammenhang mit der Grundsatzerklärung «eine hitzige Debatte» zwischen Muslimen in der Schweiz, sagte Amin.
swissinfo und Agenturen
Gemäss Volkszählung 2000 leben in der Schweiz 311’000 Muslime, allein 66’500 im Kanton Zürich.
Der grösste Teil der Muslime stammt aus Staaten des ehemaligen Jugoslawien und aus der Türkei.
Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Zahl der Muslime in der Schweiz in erster Linie wegen der Immigrationswelle während des Jugoslawien-Krieges verdoppelt.
Stellten die Muslime 1990 2,2% der Gesamtbevölkerung dar, so waren es 2000 bereits 4,3%.
1995 schlossen sich verschiedene islamische Organisationen im Raum Zürich zur Dachorganisation Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich (VIOZ) zusammen.
Im letzten Jahr hat die VIOZ eines ihrer wichtigsten Ziele erreicht: Die Eröffnung eines Friedhofs, auf dem die Gläubigen nach den Regeln des Islam begraben werden können.
Ein weiteres Anliegen der Zürcher Muslime ist eine zentrale Moschee. Laut VIOZ seien die finanziellen Mittel dafür bereits gesichert und ein möglicher Standort vorhanden.
2003 erlitt die VIOZ allerdings einen Rückschlag: Das Stimmvolk in Kanton Zürich lehnte die öffentlich rechtliche Anerkennung des Islam deutlich ab.
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