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Abstinente Senioren riskieren die soziale Isolation

Verschiedene Organisationen bieten Computer-Kurse für Seniorinnen und Senioren an. Ex-press

Obschon auch die ältere Generation in der Schweiz das Internet immer öfter nutzt, bleibt ein beträchtlicher Teil der Senioren offline. Laut Experten gehen sie dabei das Risiko ein, sich von wichtigen Informationsquellen und sozialen Kontakten abzuschotten.

Die Anzahl Senioren, die das Internet benutzen, hat in den vergangenen fünf Jahren laut einer StudieExterner Link des Zentrums für Gerontologie der Universität Zürich um 47% zugenommen.

Das heisst, dass mittlerweile 56% der über 65-jährigen vom Internet Gebrauch macht. 2010 waren es noch knapp 40%. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung nutzen 88% das Internet.

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 «Heutzutage ist das Internet so stark im Alltag angekommen, dass auch Senioren davon profitieren wollen», sagte Béatrice Fink von  Pro SenectuteExterner Link.» Es gibt auch eine Gruppe von Senioren, die bereits in ihrem Berufsleben mit Computern gearbeitet hat. Neue Geräte, wie Tablets erleichtern zudem den Senioren den Zugang zum Internet. Unserer Meinung nach ist das der Grund, wieso der Gebrauch dieser Geräte in den kommenden Jahren zunehmen wird», sagte Fink gegenüber swissinfo.

Innerhalb der Gruppe der über 65-jährigen gibt es grosse Unterschiede zwischen jüngeren und älteren Senioren.

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E-Mail und die Suche von Informationen, vor allem zu den Themen Reisen, Behörden und Gesundheit, werden von der älteren Generation am meisten genutzt. Die sozialen Medien sind in dieser Bevölkerungsgruppe weniger verbreitet. Auch das Online-Shopping ist vor allem wegen Sicherheitsbedenken in dieser Altersgruppe wenig beliebt.

Zwei Gruppen von Abstinenten

44% der Senioren nutzen das Internet nicht. Laut Hans Rudolf Schelling, dem Direktor des Zentrums für Gerontologie, können diese in zwei Gruppen unterteilt werden: «Es gibt Leute, die zwar an Technologie interessiert sind, sich aber vor den Kosten fürchten oder denken, es sei kompliziert. Sie brauchen Unterstützung, praktische Hilfe und den Ansporn ihres sozialen Umfeldes, um den Schritt ins Internet zu machen. Die andere Gruppe ist nicht interessiert am Internet und sieht für sich darin keinen Nutzen.»

Internationaler Vergleich

Die Schweiz befindet sich innerhalb Europas in der Spitzengruppe, was die Internet-Nutzung durch Senioren betrifft.

«Sie kommt hinter den nördlichen Ländern wie Schweden, Norwegen, Finnland, den Niederlanden und Dänemark, positioniert sich jedoch vor den Nachbarländern Frankreich, Deutschland und Italien», sagt Studienleiter Schelling.

Laut der Studie will nur ein kleiner Teil der Abstinenten (15%) das Internet in Zukunft nutzen. Der Hauptgrund: die Grosskinder.

Risiko der Abstinenz

«Es besteht ein Risiko, dass es für Leute ohne Internet-Anschluss zusehends schwieriger wird, an offizielle Informationen oder Gesundheitspräventions-Programme heranzukommen», warnt Fink.

Deshalb organisiert Pro Senectute Kurse für den Einstieg ins Internet. Ein populäres Thema in diesem Bereich ist ein Kurs der SBB zum Online-Billet Kauf.

Der Verein ComputeriasExterner Link offeriert Kurse für Senioren mit Senioren als Ausbildner. swissinfo.ch hat einen solchen Kurs in einer katholischen Kirche in der Stadt Zürich besucht und traf auf eine Gruppe von hinter Laptops sitzenden Seniorinnen

Darunter waren solche, die in ihrem Berufsleben mit Computern zu tun hatten und nun lernen wollen, wie man beispielsweise über das Internet telefoniert. Eine andere sagte, «mein Mann ist der Computer-Experte.»

Technologische Entwicklung

Die 67-jährige Kursleiterin Dorothee Landolt, eine ehemalige Programmiererin, meinte, die technologische Entwicklung habe grossen Anteil an der steigenden Verbreitung des Internets. «Früher waren Computer viel teurer, das hielt die Leute davon ab. Nur Leute, die wirklich einen wollten, hatten einen Computer. Heute hat jeder einen. Websites sind benutzerfreundlicher geworden und die Betreiber haben gemerkt, dass jeder sie verstehen muss, weil sie sonst ihre Produkte nicht verkaufen können. Man muss also kein Computerexperte mehr sein, um sie zu nutzen.»Die Studie geht davon aus, dass die Internet-Nutzung unter den Senioren künftig zunehmen und sich damit der digitale Graben zwischen den Generationen weiter abnehmen wird. Dennoch wird es wegen den sich ständig erneuernden Technologien weiterhin Unterschiede geben.

Die Studie weist aber auch darauf hin, dass es für ältere Menschen weiterhin möglich sein müsse, ohne das Internet zu funktionieren. «Für Menschen, die nicht in der Lage oder nicht bereit sind, das Internet zu nutzen, braucht es andere Möglichkeiten. Bankschalter beispielsweise muss es weiterhin geben.»

(Übersetzt aus dem Englischen: Andreas Keiser)

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