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Der Traum von der grossen Bühne

Frau mit gewelltem Haar
Lea Kalisch fühlt sich in New York sichtlich wohl. zVg

In New York möchte sie als Schauspielerin und Sängerin durchstarten. Lea Kalisch hat dort ihre Nische gefunden und gelernt: Den grossen Durchbruch zu erleben, ist für sie genauso wichtig, wie davon zu träumen.

«Zuhause bin ich ein Exot. Hier bin ich das lebende Klischee», so beschreibt Lea KalischExterner Link ihr Leben. Die 25-Jährige hat sich für ein Künstlerdasein entschieden, hat vor vier Jahren ihre Koffer gepackt und ist für ihren Traum nach New York ausgewandert.

Auslandschweizer-Community

Die Journalistin Joëlle Weil lebt als Auslandschweizerin in Israel. Sie porträtiert in loser Folge interessante Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, denen sie in Facebook-Gruppen der Auslandschweizer-Community begegnet ist.

Musical-Darstellerin will sie sein. Auf der Bühne stehen, singen, spielen, das Publikum begeistern. Aber Lea träumt nicht mehr von «Cats» oder «The Lion King». Lea hat ihre ganz eigene Nische gefunden: Sie performt hauptsächlich auf Jiddisch.

Lea ist in Zürich in einer jüdischen Familie aufgewachsen. Religiös war sie nie, tief verwurzelt in der jüdischen Kultur jedoch immer. In New York verschmilzt ihr Interesse mit ihrer Identität: Neun Prozent der dortigen Gesellschaft sind jüdisch und «jeder ist hier irgendwie Künstler oder Schauspieler».

Sie war erst 21 Jahre alt, als sie ihre Koffer packte. «Ich erhielt ein Stipendium bei einer Musical-Schule in New York. Natürlich musste ich nicht zweimal überlegen.»

Leben wie in einer Sitcom

Frau, als Rabbi verkleidet
Lea rappt auch, auf Englisch und Jiddisch. Hier ist sie in einem Videoclip als Rabbi verkleidet. zVg

Vielleicht ist es die Distanz zur Familie, vielleicht die scheinbar endlosen Möglichkeiten der Grossstadt oder vielleicht auch die extreme Diversität ihrer Einwohner, die Lea das Gefühl von absoluter Freiheit vermittelt. «New York ist wild. Hier ist alles irgendwie normal und hat es für alles Raum», sagt sie.

Dass jüdisches Theater die Nische sein wird, in der sie sich am wohlsten fühlen wird, hätte sie zu Beginn nicht gedacht. Aber manchmal, so sagt sie, müsse man sich vom Leben führen lassen und finde auf dem Weg die Antworten, nach denen man gesucht habe.

Externer Inhalt

Es klingt ein bisschen wie eine Sitcom: Lea lebt in einer Wohngemeinschaft in BrooklynExterner Link mit sechs weiteren Künstlern. Einer ist Filmemacher, der andere Maler und die vier anderen Mitbewohner sind Schriftsteller oder Journalisten.

Alle versuchen ihr Glück in der Weltmetropole und träumen vom grossen Durchbruch. «In New York gibt es keine Norm. Jeder verfolgt seinen Traum und versucht, sich selbst zu verwirklichen. Diese Atmosphäre motiviert ungemein und beflügelt.»

Teure Freiheit

Eine Freiheit, die ihren Preis hat, denn Geld liegt für Künstler nicht auf der Strasse. Lea hatte bereits verschiedene Nebenjobs, unter anderem einen im berühmten neuen World Trade Center. Auf der 102. Etage hat sie fünf Monate lang Informations-iPads an Touristen verteilt.

Mann und Frau in einer Theaterszene
Lea bei einem Theaterauftritt. zVg

Vor zwei Jahren bekam sie ihre erste grosse Rolle am «Jewish Theater». Doch das Leben in New York ist teuer, und als Schauspielerin müsse man viel Zeit in Auditions investieren. Für einen Nebenjob reiche die Zeit kaum: «Wenn ich an eine Audition gehe, blockiert mir das den ganzen Tag. Man muss stundenlang warten, anstehen, sich registrieren und sich vorbereiten.»

Deshalb unterstützen sie ihre Eltern finanziell. Die Existenz in der Künstlerszene ist ein waghalsiges Unterfangen, das wissen auch ihre Eltern. Dennoch habe sie ihre Familie in ihrem Vorhaben immer unterstützt. «Meine Eltern haben mich nie davon abgehalten, meinen Traum zu leben, im Gegenteil.»

Frau, sitzend, in einer Theaterszene
Die Bretter der Bühne bedeuten Lea die Welt. zVg

Gutes Lebensgefühl

New York hat Lea auch in Sachen Liebe Glück gebracht. Seit wenigen Monaten ist sie verliebt. Um das Klischee abzurunden: Ihr Freund ist Rabbiner. Diese Tatsache bringt sogar Lea zum Schmunzeln.

Lieben, leben, träumen in New York. Ob der grosse Durchbruch bald kommt? Lea weiss es nicht. «Es kann ganz unverhofft passieren. Vielleicht bekomme ich diese eine grosse Rolle, die mein Leben verändern wird. Vielleicht auch nicht.»

Wichtiger als der Erfolg jedoch ist das Lebensgefühl, das ihr New York vermittelt. «Ich fühle mich hier so lebendig und merke, dass ich so viel mehr Möglichkeiten habe, als in der Schweiz.» Man lebe hier «Larger than life» (grösser, als das Leben). Und danach strebt sie.

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