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Mit der eigenen Alpaka-Herde die Freiheit geniessen

Frau mit Alpakas in einem Stall
Das Tierwohl steht an oberster Stelle: Sandra Zahn im Stall ihres Hofes "La Bardine" mit einem Teil ihrer kleinen Alpakaherde. swissinfo.ch

Die Aargauerin Sandra Zahn ist vor sieben Jahren nach Frankreich auswandert. Im Gepäck hatte sie einen Traum: Alpakas züchten und aus ihren Haaren Wolle spinnen. Sie hat ihn wahrgemacht. Und zu ihrem Beruf.

Sie bewegen die Ohren in unsere Richtung. Aber lassen sich viel Zeit, um sich uns Fremden anzunähern. «Sie sind neugierig, aber scheu», sagt Sandra Zahn, während sie uns ins Gehege einlässt. 

Nach ein paar Minuten kommen die Tiere näher und lassen sich von uns das Fell kraulen. Wir sind auf dem Hof von Sandra Zahn in BardineExterner Link in der Region Bordeaux. Hier verfügen die Huftiere, die ursprünglich in den südamerikanischen Anden beheimatet sind, über ausgedehnte Weiden.

Alpaka auf der Weide
Die angelegten Ohren verraten noch etwas Vorsicht: Alpaka von Sandra Zahn. swissinfo.ch

In den Ställen von Sandra Zahn tummeln sich neben den fünfzehn Alpakas auch noch Kaninchen und Hühner. Zusammen mit den Hunden und Katzen zählt ihr Hof insgesamt 40 Tiere.

In der Schweiz hatte sie im medizinischen Bereich gearbeitet. Aber in ihrem Kopf entwickelte sie eine Vision, die immer konkretere Formen annahm. «Ich wollte Tiere aufziehen, aber nicht für den Schlachthof. Eine Herde Alpakas war da eine gute Wahl.»

Sie besuchte Kurse im Wallis und in der Zentralschweiz, wo sie erfuhr, was alles zur artgerechten Haltung der Tiere gehört. Doch sehr schnell baute sich vor ihr eine schier unüberwindbare Hürde auf: Als Nicht-Bäuerin war es für sie in der Schweiz praktisch unmöglich, Weideland zu kaufen.

Kleine, grosse Freiheit

In Frankreich fand Sandra Zahn schliesslich das kleine Paradies, das sie vor ihrem inneren Auge sah: ein Haus samt Werkstatt, darum herum grosse Weiden. Zum Grundstück gehört sogar noch ein kleiner Wald. «Hier kann ich meine Ideen verwirklichen und es braucht nicht für jede Hütte eine Baugenehmigung. Wir haben sehr gute Beziehungen zu den Nachbarn und den lokalen Behörden.»

Einmal im Jahr schert Sandra Zahn ihre Alpakas, um daraus Wolle zu spinnen. Anfangs machte sie dies nach der traditionellen Art. Aber das erwies sich rasch als zu aufwändig und unrentabel. Zahn beschloss, Maschinen zum Waschen, Trocknen und Drehen der Haare zu kaufen. Inzwischen schicken ihr Züchter aus ganz Europa ihre Wolle zur Verarbeitung.

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Die meisten von ihnen kommen als Feriengäste in die Region Bordeaux. Im Gepäck bringen sie einen Packen Alpakawolle mit, den sie Sandra Zahns Kleinbetrieb «Filature de la Bardine»Externer Link zur Verarbeitung anvertrauen. «Es ist immer noch eine handwerkliche Arbeit, weil ich für jede Tierwolle die richtige Einstellung der Maschinen vornehmen muss», sagt sie. Mittlerweile ist die Wollverarbeitung zur ihrer Haupteinnahmequelle geworden.

Kein Heimweh nach der Schweiz


Zwei Alpakas auf der Weide.
Nach einer Phase der vorsichtigen Annäherung zeigen sich die Alpakas zutraulich. swissinfo.ch

Rund zweimal im Jahr kommt Sandra Zahn in die Schweiz zurück, um Familie und Freunde zu besuchen. An den Abstimmungen und Wahlen in der Schweiz beteiligt sie sich nicht. Aber sie verfolgt interessiert die Entwicklung in jenen Bereichen, die sie direkt betreffen. Es sind dies etwa die bilateralen Abkommen mit der EU oder die Rentenreform. «Wenn man reist, öffnet sich der Horizont», sagt sie. «Hier stelle ich fest, dass die Probleme der Schweiz im Vergleich zu denen in Frankreich sehr klein sind.»

Als lähmend empfindet Sandra Zahn insbesondere die Bürokratie. «Wir können hier keine Mitarbeiter einstellen, weil es sehr kompliziert ist, einen Arbeitsvertrag zu kündigen. Die Gewerkschaften blockieren alles.»

Was Sandra Zahn noch mit ihrer Heimat verbindet, ist die Küche. Oft kocht sie typische Schweizer Gerichte wie Raclette oder Fondue. Auch bäckt sie ihr eigenes Roggenbrot. Dennoch sagt sie: «Die Schweiz fehlt mir nicht, ich lebe hier sehr gut.» Am meisten liegt ihr das Wohl ihrer Tiere am Herzen. «Für mich ist das Wichtigste, glückliche Tiere zu haben.»

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(Übertragung: Renat Kuenzi)

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