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Bei Frau Hügli dreht sich alles um den Hornuss

Karin Hügli, Hornusserin aus Heimiswil. swissinfo.ch

Am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest geht es einmal mehr um Schwingen, Steinstossen und Hornussen - alles Männerdomänen. Hornusserinnen, die auf hohem Niveau spielen, gibt es nur wenige. Eine davon ist Karin Hügli aus Heimiswil im Emmental.

Auf dem Übungsplatz der Hornusser-Gesellschaft Heimiswil-Berg, inmitten von Wäldern und Hügeln zwischen Burgdorf und Wynigen gelegen, bewegt sich die junge, kräftige Emmentalerin mit einer Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit, als wär sie hier zu Hause.

Die 23-jährige Karin Hügli, in bequemem Trainingsanzug gekleidet, hält ihren 2-Meter-Stecken in der Hand, das Instrument, mit dem sie den Hornuss, auch Nouss genannt, schon bald ins Spielfeld schleudern wird.

Sie buddelt sich ein Loch, in das sie das Standbein stellt. Das ist wichtig, damit sie guten Stand hat. Dann fährt sie mit dem Träf, dem hölzernen Schlagstück am Ende des Stecken, über den Bock, eine Metallkonstruktion, die als Führungsschiene für den Abschlag dient. Ein Geräusch ähnlich einem Peitschenhieb ertönt – der Nouss hat den Bock in hohem Tempo verlassen.

«Für eine Frau schlägt sie gut»

«Super, perfekt, Karin», ruft Andreas Hügli. «Das waren wohl gut 230 Meter. Sie hat eine sehr gute Technik, gutes Schlagvermögen und ist auch im Abtun im Ries sehr gut. (Herunterholen des Nouss im Spielfeld)», so der stolze Vater.

«Zudem sieht sie sehr gut. Das ist wichtig, weil man auch auf 280 Meter Distanz gut sehen muss.» Auch Bruder Markus ist des Lobes voll: «Für eine Frau ist sie sehr gut im Schlagen.»

Kraft sei beim Hornussen nicht das Wichtigste, sagt Vater Hügli, sondern die Technik müsse stimmen. «Die Rumpfbewegung nach vorne ist ausschlaggebend, so dass man im letzten Moment mit dem Schwung voll einsetzen kann.»

Karin Hügli hornusst seit dem Vorschulalter. «Ich begleitete jeweils meinen Vater auf den Hornusserplatz und las die Noussen zusammen.»

Dabei habe seine Tochter einmal beanstandet, dass es keine Mädchen gebe, die diesen Sport ausübten, erinnert sich Andreas Hügli. «Wir gingen dann zusammen an ein Junghornusser-Treffen, wo es andere Mädchen hatte. Von da an war sie mit Begeisterung dabei.»

Hornussen als Ausgleich

Seither widmet Karin Hügli praktisch ihre ganze Freizeit diesem Nationalsport. Zwei bis drei Abende pro Woche verbringt sie auf dem Platz und trainiert auch noch die Junghornusser von Heimiswil-Berg, eine von fünf Gesellschaften, die in der Hornusser-Hochburg Heimiswil existieren. Am Wochenende sind jeweils Wettspiele und Meisterschaften angesagt.

Hornussen sei ein guter Ausgleich zu ihrem Bürojob, sagt die kaufmännische Angestellte. «Hier bin ich draussen in der Natur. Zudem gefällt mir das Zusammensein mit Kollegen.» Schön findet sie auch die breite Alterspalette in ihrer Gesellschaft: «Der Jüngste ist 10, der Älteste 71.»

Besonders gefällt ihr, dass Hornussen sowohl ein Einzel- wie auch ein Mannschaftssport ist. «Auch das Einzelresultat zählt. Das ist ein Ansporn und einzigartig im Sportbereich.»

Dass sie sich quasi mit den Männern messen muss und fast als einzige Frau in der 1. Liga spielt, stört sie nicht. Es ist für sie das Normalste auf der Welt, etwas anderes kennt sie nicht. Ein Frauenteam kann sie sich gar nicht vorstellen und ist sich auch nicht sicher, ob sie dort überhaupt mitmachen möchte.

Jedenfalls fühlt sie sich in ihrem Team akzeptiert. «Und sonst habe ich ja noch meinen Vater und den Bruder, die mir den Rücken decken.»

Fast allein auf weiter Flur

Laut Andreas Hügli haben die Frauen beim Hornussen, übrigens auch Bauerntennis genannt, einen schweren Stand. «Es gibt nur wenige Frauen. Und Karin ist fast die einzige, die auf diesem Level mithalten kann. Die Leute staunen, wie weit sie schlägt.»

Von der Leistung her könne sie fast in einem Nationalliga-A-Team mitspielen, so Hügli. «Im Moment liegt sie nur einen Schlagpunkt unter dem Schnitt für die Nati A.»

In den zwei höchsten Spielklassen gibt es keine Hornusserinnen, erst ab der 1. Liga spielen vereinzelt Frauen mit. Zudem existieren in der Schweiz weder Frauenteams noch eine eigene Frauenliga.

Einmal im Jahr treffen sich die Hornusserinnen zu einem Frauentag. Hügli geniesst diesen Anlass zwar, ist dort allerdings wenig gefordert. Denn es gibt nur noch eine knappe Handvoll Frauen, die sich mit ihr messen können.

Laut Vater Hügli beginnen recht viele Mädchen mit Hornussen, hören aber später auf. «Sei das, weil es mit der Technik hapert und sie mit den Männern nicht mithalten können» oder beruflich bedingt.

Karin Hügli jedenfalls denkt noch lange nicht ans Aufhören. Sie ist, wie sie sagt, «angefressen» vom Hornussen und diesem urigen Sport regelrecht verfallen. Und sie ist ehrgeizig.

So feilt sie denn zusammen mit ihrem Vater weiter an ihrer Technik, mit dem Ziel, dass der Nouss noch weiter fliegt.

Gaby Ochsenbein, Heimiswil, swissinfo.ch

In der Schweiz hornussen etwa 8000 Sportler, darunter fast keine Frauen.

In den beiden obersten Ligen spielen keine Frauen. Es gibt weder eine Frauenliga noch Frauenteams.

Das Spiel besteht für die schagende Mannschaft darin, den Nouss möglichst weit ins gegnerische Feld zu treiben.

Für die abtuende Mannschaft geht es darum, den anfliegenden Nouss so früh wie möglich mit der Schindel zu stoppen, spätestens vor dem Auftreffen am Boden des Spielfeldes.

Nouss/Hornuss: Schlagobjekt aus Kunststoff, 78 Gramm schwer

Bock: Abschlag-Vorrichtung

Stecken: Schlaggerät, aus Fiberglas oder Carbonfaser

Abtun: Stoppen des Hornuss› mit der Schindel

Schindel: Abfangbrett zum Abtun der Hornusse

Träf: Gepresstes Treffholz vorne am Stecken

Ries: Spielfeld in Trapezform (vorne 8-10 m, hinten ca. 15 m breit).

Vom 20. – 22. August 2010 findet in Frauenfeld das Eidgenössische Schwing- und
Älplerfest (ESAF 2010) statt.

Nebst Schwingen, Steinstossen, Jodeln und Fahnenschwingen steht auch Hornussen auf dem Programm.

20 Hornusser-Teams werden in Frauenfeld erwartet.

Die Organisatoren rechnen mit rund 200’000 Besucherinnen und Besuchern.

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