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Bildung für taube Kinder dank Schweizer Initiative

Einmalig in der Mongolei: Kindergarten für Gehörlose. Christa Wüthrich

Vorschulbildung für gehörlose Kinder suchte man in der Mongolei lange Zeit vergebens. Geistige und soziale Defizite beim Schuleintritt waren die Folgen. Seit 2006 gibt es in der Hauptstadt ein entsprechendes Angebot, vor allem dank der Initiative des Schweizers Hans Jutzi.

Pionierprojekt mit Schweizer Unterstützung

In der Schweizer Gehörlosen-Szene ist Jutzi kein Unbekannter. Während Jahren leitete er eine Gehörlosen-Institution im bernischen Uetendorf, bevor er 2001 zusammen mit seiner Frau Friedi in die Mongolei auswanderte, um sich für die Ärmsten einzusetzen.

Ein Todesfall in der Familie zwang das Paar schon 2002 nach Brienz zurückzukehren. Geblieben ist die Erinnerung an die gehörlosen Kinder im zentralasiatischen Land.

«In den ländlichen Regionen werden behinderte Kinder oft nur als Arbeitskräfte gebraucht. Wohnen sie in der Hauptstadt, haben sie die Chance, die einzige Gehörlosenschule des Landes zu besuchen. Für einen Kindergarten fehlen aber die finanziellen Mittel», erinnert sich der heute 64-Jährige.

Mit der Unterstützung des damaligen Schweizer Konsuls Markus Dubach, privaten Gönnern und mongolischen Fachkräften startete Hans Jutzi 2006 das Projekt «Bambarush» («Teddybär»).

Dahinter steht der erste und einzige Kindergarten für Gehörlose in der Mongolei. Zwei der einheimischen Lehrerinnen wurden während einem halben Jahr in der Schweiz ausgebildet. Zusammen mit einem lokalen Lehrerteam haben sie bis heute mehr als 40 gehörlose Kinder unterrichtet.

Fehlende Finanzen und neue Pläne

Das mongolische Erziehungsministerium wurde auf das Projekt aufmerksam und entschloss sich 2008 «Bambarush» ins mongolische Schulsystem zu integrieren und finanziell zu tragen. Bis September 2010 soll der Kindergarten ausgebaut und in eine Tagesschule umgewandelt werden.

Für Hans Jutzi und die Gemeinschaft tauber Menschen in der Mongolei ist dies ein Achtungserfolg. Und dabei soll es nicht bleiben: «Wir sollten nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch auf dem Land Institutionen für Kinder mit einer Behinderung einrichten», fordert Jadamba Myagmar, verantwortlich im Erziehungsministerium für die Erziehung von Kindern mit speziellen Bedürfnissen. Doch es bleibt bei der Forderung.

Fehlendes Geld

Von mangelnden finanziellen Mitteln und langwierigen Prozessen lassen sich Hans Jutzi und seine Frau nicht aus dem Konzept bringen. Eine Reise zurück in die Mongolei ist geplant – mit neuen Plänen im Gepäck.

«Eine Beratungsstelle und Ausbildungsmöglichkeiten für Taube zu schaffen, ist das Ziel. Viele der Betroffenen kennen ihre Rechte nicht. Chancen und Perspektiven werden dadurch limitiert. Doch gehörlose Menschen haben ein grosses Potenzial. Man muss nur die Möglichkeiten schaffen, dass sie es nutzen können».

Christa Wüthrich, Ulaanbaatar, swissinfo.ch

Auf der Strasse, im Supermarkt, in der Kirche: Gehörlose Menschen sind in der Mongolei omnipräsent. Genaue offizielle Zahlen, wie viele Gehörlose im zentralasiatischen Staat leben, gibt es nicht.

Ende der 90er Jahre sprach das Gesundheitsministerium von 3% der Gesamtbevölkerung. Zuverlässige Statistiken sind jedoch keine vorhanden.

Fakt ist, dass während rund 35 Jahren (anfangs der 60er-Jahre bis 1995) Antibiotika gegen Angina und Mittelohrentzündungen verwendet wurden, die bei falscher Dosierung eine Gehörschädigung oder einen Gehörverlust zur Folge hatten.

1995 wurden die Medikamente offiziell vom Markt genommen.

Das extreme Klima – im Winter wird auf dem Land auch bei minus 40 Grad auf dem Boden geschlafen – so wie die fehlende medizinische Infrastruktur und Betreuung sind Faktoren, die eine Schädigung des Gehörs beeinflussen können.

Chirurgische Eingriffe (Cochlear Implantate) sind in der Mongolei noch nicht möglich. Eine Operation im Ausland (Kostenpunkt an die 40‘000 Euro) ist für die Mehrheit der Menschen unerschwinglich. Laut der Weltbank leben 36% Prozent der Mongolen unter der Armutsgrenze.

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