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Unsicherheit über Schulöffnungen während Corona-Pandemie

Lehrerin mit Klasse
Eine Lehrerin erklärt ihren Schülerinnen und Schülern an einer Primarschule im Kanton St. Gallen die Coronavirus-Hygieneregeln. Der Kanton hat beschlossen, dass jeweils nur die Hälfte der Klasse zur gleichen Zeit am Unterricht teilnehmen kann. Keystone / Gian Ehrenzeller

Sturm aufs Klassenzimmer: Tausende Schulkinder kehren heute Montag in den Unterricht zurück. Nach zwei Monaten Coronavirus-Lockdown öffnet die Schweiz ihre Grundschulen wieder. Doch die Gefühle dabei sind gemischt – wie auch die kantonalen Ansätze.

«Ich bin so froh, wieder zur Schule gehen zu können, weil ich genug vom Fernunterricht habe», sagt Emile aus Genf, 7 Jahre alt, gegenüber der Westschweizer Tageszeitung Le TempsExterner Link. Auch seine Grundschule wird heute Montag wieder geöffnet. «Während des Lockdowns habe ich nur eine Freundin gesehen, deshalb kann ich es kaum erwarten, meine Klassenkameraden wiederzusehen.»

Andere Schülerinnen und Schüler sind sich da nicht so sicher: «Ich will nicht wirklich zurück zur Schule gehen. Mir gefiel der Lockdown, weil man aufstehen kann, wann man will und seinen eigenen Stundenplan hat. Ich fand sogar die Hausaufgaben leichter», sagt die zehnjährige Nina aus Freiburg im gleichen Artikel.

Am 11. Mai öffnen in der Schweiz alle obligatorischen Schulen für Schülerinnen und Schüler bis zu 16 Jahren wieder. Im föderalistischen System der Schweiz sind die Kantone für Bildungsfragen zuständig – sie haben also das letzte Wort, wie genau dabei vorgegangen werden soll.

Kantonale Unterschiede

So hat sich eine Mehrheit der deutschsprachigen Kantone für «fast zurück zum Normalbetrieb» entschieden: Die Schülerinnen und Schüler können wieder dem regulären Stundenplan der Schule folgen.

Derweil haben sich viele Kantone in der französischsprachigen SchweizExterner Link und Zürich (alle stärker vom Coronavirus betroffen) sowie St. Gallen (weniger betroffen) für ein schrittweises Vorgehen entschieden. In diesen Kantonen werden Klassen für bis zu vier Wochen zweigeteilt, mit alternierenden Stundenplänen, bevor der Unterricht wieder in normaler Klassengrösse laufen soll.

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Das Tessin, der am stärksten betroffene Kanton, wird das Halbklassensystem anwenden. Die Schulen dort dürfen auch noch eine Woche aufschieben, bevor sie wieder öffnen.

+ Coronavirus: die Zahlen in der Schweiz

Alle Kantone halten sich an die Empfehlungen für Arbeitswelt und SchulenExterner Link des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Dazu gehören Händewaschen, kein Teilen von Snacks und Social Distancing (obwohl die Kinder untereinander von Distanzierungsregeln ausgenommen sind), aber keine Masken-Tragepflicht.

Schülerinnen und Schüler und Lehrpersonen mit hohem Risiko sowie jene, die mit Familienmitgliedern aus einer Risikogruppe zusammenleben, können den Fernunterricht fortsetzen.

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Besorgte Eltern

Nicht alle Eltern sind glücklich über die verschiedenen Vorgehensweisen. Im Kanton Zürich haben über 7000 Eltern eine Petition für die Rückkehr zum Normalbetrieb in der SchuleExterner Link unterzeichnet. Ihr Argument: «Ein Flickenteppich von Teilzeitunterricht belastet die Lehrpersonen, Kinder und Eltern gleichermassen.»

In mehreren französischsprachigen Kantonen hingegen wurden Petitionen gegen die Wiedereröffnung gestartet. Sie berufen sich auf gesundheitliche Bedenken und Befürchtungen vor einer zweiten Infektionswelle. Und in Basel-Stadt wurde eher eine gestaffelte als eine vollständige Rückkehr gefordert.

Von swissinfo.ch kontaktierte Eltern hatten ebenfalls gemischte Gefühle. «Es fühlt sich an wie ein riesiger Sprung, in wenigen Tagen vom Heimunterricht zum vollen Unterricht zu wechseln», sagte jemand aus dem Kanton Bern. Dieser sieht zwei Tage gestaffelten Unterricht vor, bevor der volle Stundenplan aufgenommen werden soll.

Eine Mutter war der Meinung, dass es eine Herausforderung sein könnte, ihre Tochter, die es genossen hatte, zu Hause zu sein, wieder in den Kindergarten-Alltag zu integrieren. Die gleichzeitige Wiedereröffnung vieler Unternehmen und des öffentlichen Verkehrs gab ebenfalls Anlass zur Sorge, da wieder mehr Menschen unterwegs sein werden.

Kinder als Überträger?

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die Rolle, die Kinder bei der Übertragung des Coronavirus spielen. Die Schweizer Behörden sagen, Kinder spielten keine grosse Rolle. Eine deutsche StudieExterner Link hingegen kam zum Schluss, Erwachsene und Kinder würden eine ähnliche Virenlast tragen.

Die Schweizer Covid-19-Taskforce, ein unabhängiges Gremium, erklärte unterdessen, dass die Rolle von Kindern und Jugendlichen bei der Übertragung von Sars-Cov-2 «höchst ungewiss» sei.

Anpassungen für Lehrpersonen

Die Lehrerinnen und Lehrer ihrerseits freuen sich auf die Wiedereröffnung der obligatorischen Schulen und den Austausch mit ihren Schülerinnen und Schülern im Klassenzimmer, sagt Beat Schwendimann, Vorstandsmitglied des Schweizerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (LCH), gegenüber swissinfo.ch.

Einige Anpassungen allerdings sind nötig: «Die Schülerinnen und Schüler werden je nach ihren Fortschritten beim Lernen im Fernunterricht mit unterschiedlichen Niveaus wieder in die Schulen eintreten. Es wird den Lehrpersonen wichtig sein, jene zu unterstützen, die dabei ins Hintertreffen geraten sind», schreibt Schwendimann per E-Mail.

+ Ein Fünftel der Schülerinnen und Schüler fällt durchs Fernunterrichts-Netz

Gemäss Berichten sollen einige Schülerinnen und Schüler bei Online-Lektionen gefehlt, keinen Zugang zu Computern gehabt oder keine Unterstützung durch die Eltern erhalten haben. Ein weiterer Grund, warum die Bereitschaft zur Wiedereröffnung von Schulen gross ist.

Betreffend Sicherheitsmassnahmen würden die Schulen hart daran arbeiten, die kantonalen und nationalen Sicherheitsprotokolle umzusetzen, so Schwendimann. Dennoch hätte der Verband einen koordinierten, landesweiten Ansatz zur Wiedereröffnung der Schulen vorgezogen.

«Der LCH fordert die Regierung und die Gesundheitsbehörden auf, die Entwicklung in den Schulen nach der Wiedereröffnung genau zu beobachten und die Sicherheitsverfahren nach Bedarf anzupassen», fügt Schwendimann hinzu.

Und in Europa?

Dänemark war das erste europäische Land, das einige Schulen wieder geöffnet hat, Norwegen folgte diesem Beispiel.

Auch Frankreich will ab dem 11. Mai seine Kinderkrippen und Grundschulen auf freiwilliger Basis schrittweise wieder öffnen. Italien will seine Schulen erst im September wieder öffnen.

In Deutschland kündigte Bundeskanzlerin Merkel an, dass die Schulen im Sommersemester schrittweise wieder geöffnet werden sollen (einige Schülerinnen und Schüler sind bereits in die Klassenzimmer zurückgekehrt).

In Österreich sind einige ältere Schülerinnen und Schüler am 4. Mai in die Klassen zurückgekehrt, jüngere Schülerinnen und Schüler beginnen am 18. Mai und alle Schülerinnen und Schüler Anfang Juni.

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