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Brücken und Tunnels gegen die Passagier-Ströme

Die Gleise der Einfahrt in den Hauptbahnhof Zürich aus der Vogelperspektive. Keystone

Steil steigende Passagierzahlen, Takt-Fahrpläne, dichte S-Bahn-Netze und die Wandlung zu Einkaufszentren haben die grossen Bahnhöfe an ihre Kapazitäts-Grenzen gebracht. Ein Blick auf die Grossbaustellen in Zürich und in Genf.

In Zürich kommen täglich 3000 Züge an oder fahren ab. Damit ist der Hauptbahnhof einer der höchst frequentierten Bahnhöfe der Welt. Fast eine Million Menschen sind in der Schweiz täglich als Pendler oder Touristen mit der Bahn unterwegs. Tendenz: stark steigend.

Die offiziellen Schätzungen des Bundes gehen bis 2030 von einer Zunahme von 45% aus. Die Menschenmassen, die sich vor allem zu den Spitzenzeiten täglich gegenseitig in die Quere kommen, nehmen permanent zu. Immer mehr Bahnhöfe in der Schweiz stossen an ihre Kapazitätsgrenzen.

Ursache dafür sind nicht lediglich die steigenden Passagierzahlen. «Der Taktfahrplan und die Knotenpunktbildung haben den Effekt, dass die Umsteigevorgänge stark zugenommen haben und sich auf einen sehr kurzen Zeitraum konzentrieren. Zur vollen und zur halben Stunde sind die Umsteigevorgänge sehr geballt. Die stark ausgebauten S-Bahnen bringen zusätzliche Nachfrage in den Bahnhof. Ein weiterer Faktor ist die Kommerzialisierung, also die Tatsache, dass Bahnhöfe heute viel stärker als Einkaufszentren genutzt werden. Damit hat es in den Bahnhof auch Leute, die gar keine Reise unternehmen», sagt Ulrich Weidmann vom Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme der ETH Zürich gegenüber swissinfo.ch.

Grösste innerstädtische Baustelle

Bahnhöfe in den grossen und mittleren Städten des Landes haben zwei Gemeinsamkeiten: Sie stehen mitten in der Stadt und sie sind über Jahrzehnte kontinuierlich gewachsen. «Die Nachfrage war über Jahrzehnte ähnlich oder leicht steigend. Seit rund 20 Jahren ist der Nachfragezuwachs deutlich höher, als er in der Vergangenheit war», sagt Weidmann.

In den kommenden 10 bis 15 Jahren werden die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) die Knotenpunkt-Bahnhöfe einem grundlegenden Umbau unterziehen. Das heisst, nicht lediglich also die Empfangsgebäude und Perrons sanieren, sondern auch die Gleisanlagen vergrössern. Konkret geplant sind grössere Umbau-Operationen in Bern, Basel, Luzern und St. Gallen.

In vollem Gang sind die Bauarbeiten in Genf und in Zürich. Der Ausbau des Bahnhofs Zürich, die so genannte «Durchmesserlinie»,  ist mit 2 Milliarden Franken das grösste innerstädtische Bauprojekt der Schweiz. «Bis zu einem gewissen Stand können Sie mit kleineren Massnahmen noch mehr Leistung aus einem Bahnhof raus holen. Dann aber kommt ein Niveau, auf dem man einen ganz grossen Schritt machen muss, und der ist dann riesig», sagt Ulrich Weidmann.

Zeitgewinn und spektakuläre Ausblicke

Die Bahnfahrt Bern-Zürich dauert 56 Minuten. Kein anderes Verkehrsmittel ist auch nur annähernd so schnell. Bevor der Zug zum Flughafen und weiter nach St. Gallen fährt, steht er neun Minuten still, bevor er in umgekehrter Richtung den Bahnhof verlässt. Der Zürcher Hauptbahnhof ist ein Kopf-Bahnhof. Dank der so genannten «Durchmesserlinie» werden die Inter-City, aber auch die S-Bahn-Züge auch Zeit gewinnen.

Die «Durchmesserlinie» umfasst drei Teilprojekte: Den Weinbergtunnel, durch den Züge unterirdisch und ohne Wechsel der Fahrtrichtung nach Oerlikon fahren werden, einen neuen, unterirdischen Durchgangsbahnhof, 16 Meter tief unter Gleisen des Hauptbahnhofs, und im Westen zwei Bahnbrücken, parallel über den Gleisen und in einem 90-Grad-Winkel über den bestehenden Brücken für den privaten Verkehr.

Mit einer Höhe von bis zu 20 Metern, einer Gesamtlänge von mehr als anderthalb Kilometern und dreissig Pfeilern werden die Brücken das Stadtbild von Zürich entscheidend prägen. Der Blick aus dem Zug auf die Stadt verspricht spektakulär zu werden.

Neue Gleise auch in Genf

An seine Grenzen stossen wird auch der Bahnhof Cornavin in Genf, der heute lediglich 500 Züge täglich zu bewältigen hat. 2017 soll die seit einem Jahrhundert geplante, 16 Kilometer lange Verbindungsstrecke von Genf nach dem französischen Annemasse (CEVA) eröffnet werden.

«Wenn CEVA in Betrieb geht, gelangen die Gleisanlagen von Cornavin an ihre Kapazitätsgrenze», sagt SBB-Sprecher Reto Kormann gegenüber swissinfo.ch. Bis ins Jahr 2030 erwarten die SBB zudem, dass sich die Transportkapazitäten zwischen Lausanne und Genf verdoppeln werden. «Deshalb sind nicht nur mehr Züge, sondern auch mehr Perronkanten zum Halt der Züge und für den Ein- und Ausstieg notwendig.»

Opposition gegen Verlust an Wohnraum

Deshalb planen die SBB eine Erweiterung der Bahnhofsanlagen Cornavin um zwei Gleise und ein Perron. Baubeginn soll gemäss dem aktuellen Stand der Planung frühestens im Jahr 2020 sein. Die Anwohner bekämpfen die Gleiserweiterung und den damit verbundenen Verlust von 150 Wohnungen. Sie verlangen eine Tunnellösung, also eine unterirdische Vergrösserung der Gleiskapazitäten.

Die SBB verweisen auf die mit erwarteten 1,7 Milliarden Franken für eine Tunnel anstelle der 0,9 Milliarden für eine Erweiterung deutlich höheren Kosten und lehnen deshalb die Tunnellösung ab.

Aushöhlen und Fassaden renovieren

Bereits im Gang ist der Umbau und die Sanierung des Aufnahmegebäudes des Bahnhof Cornavin. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz. Deshalb wird es in zwei Phasen bis auf die Fassaden ausgehöhlt und erneuert. Die erste Phase wurde im August 2011 abgeschlossen. Ende 2013 soll der Umbau abgeschlossen sein.

Mit dem Umbau wollen die SBB das Innere des Gebäudes modernisieren. «Es ist schlicht nicht mehr zeitgemäss und muss auf die künftigen Passagierfrequenzen und –ströme ausgerichtet werden», so Kormann.

In der Schweiz nutzen Personen- und Güterverkehr das gleiche Schienennetz.

Dies stellt eine hohe Belastung dar und führt auf Grund der hohen Zugsfrequenzen zu Engpässen.

Solche tauchen namentlich zwischen den grossen Zentren Bern, Basel, Zürich und in den Agglomerationen auf, vor allem im Grossraum Zürich sowie auf den Strecken Olten-Zürich-Winterthur, Lausanne-Genf und  den Zufahrten der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale.

In den grossen Agglomerationen und auf den Hauptstrecken fahren heute so viele Züge, dass kaum noch ein zusätzlicher dazwischen Platz hat.

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