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Ist das Alter bei der Zuteilung von Intensivpflege-Plätzen ein Kriterium?

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Nicht nur wie hier in Neuenburg, sondern in der ganzen Schweiz haben die Intensivstationen auf den Modus "Katastrophen-Management" umgestellt. Keystone / Laurent Gillieron

Die Kurve des Virus in der Schweiz hat ihren Höhepunkt noch nicht erreicht. Werden Spitäler allen Patienten, die Intensivpflege benötigen, diese anbieten können? Die Ärzteschaft hat Triage-Richtlinien erarbeitet.

Von allen Covid-19-Fällen müssen rund 15% in ein Spital eingeliefert werden, ein Drittel davon landet auf der Intensivstation. Derzeit – Stand Samstag – sind es landesweit 280 Menschen, die künstliche Beatmungsgeräte benötigen. Was im Zusammenhang mit diesen Geräten oft nicht gesagt wird, ist, dass diese weit davon entfernt sind, ein Allheilmittel zu sein – denn im Kampf gegen dieses Virus gibt es keines.

Gegenwärtig haben die Schweizer Spitäler ihre Kriterien für die Intubation gesenkt, so dass der kritische Zeitpunkt für die Einführung des Beatmungsschlauchs in die Luftröhre des Patienten nicht mehr abgewartet wird. Hat das Virus jedoch einmal die Lunge in dem Masse angegriffen, dass die Maschine tatsächlich benötigt wird, sind die Überlebenschancen nicht gut.

Zahlen für die Schweiz liegen bisher nicht vor, aber eine in Wuhan durchgeführte und in der medizinischen Fachzeitschrift The LancetExterner Link veröffentlichte Studie zeigt, dass 86% der Covid-19-Patienten, die intubiert wurden, im Durchschnitt nach fünft Tagen starben. Die anderen konnten die Intensivstation nach zwei bis drei Wochen verlassen.

Auch wenn das Ergebnis zynisch erscheinen mag, ist der Turnus also signifikant und relativ schnell.

Wie sieht es mit den Kapazitäten aus?

Nach Angaben der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin (SSMIExterner Link) bieten die insgesamt 82 zertifizierten Intensivstationen des Landes «zwischen 950 und 1000 Betten an, eine Kapazität, die in Ausnahmesituationen auf vielen Stationen erhöht werden kann». Hinzukommen «400 bis 450 Betten in der Intermediärversorgung». Es besteht also noch ein gewisser Spielraum.

Covid-19-Patienten sind jedoch nicht die einzigen, die eine Intensivpflege benötigen. Spitäler im ganzen Land haben sich in Rekordzeit reorganisiert und vorerst alle nicht dringenden Operationen verschoben, um Platz zu schaffen. Trotzdem erleiden die Menschen weiterhin Herzinfarkte, Schlaganfälle und Verkehrsunfälle.

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Was ist, wenn bei den Patienten eine Triage vorgenommen werden muss?

Die Ärzte und Ärztinnen werden nicht auf eine mögliche Katastrophe warten, bevor sie reagieren. Denn lebenswichtige Entscheidungen müssen sie auch ausserhalb einer Pandemieperiode immer wieder treffen.

Für solche Fälle hat die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) 2013 «medizinisch-ethische RichtlinienExterner Link für die Triage von Patienten und Patientinnen bei Engpässen» erarbeitet. Mit dem Aufkommen des Coronavirus wurden diese vor einer Woche aktualisiert.

Das Grundprinzip bleibt das gleiche: «So viele Leben wie möglich retten». Und selbst wenn die Ressourcen knapp werden: «Covid-19-Erkrankte und andere Patienten, die intensive Pflege benötigen, werden weiterhin nach denselben Kriterien behandelt,» schreibt die SAMW.

Möglichst viele Leben erhalten

Das erste der Kriterien für die Triage im Fall der völligen Überlastung der Intensivkapazitäten ist die Kurzfristprognose. «Bei der Aufnahme auf die Intensivstation haben diejenigen Patienten die höchste Priorität, deren Prognose im Hinblick auf das Verlassen des Spitals mit Intensivbehandlung gut, ohne diese aber ungünstig ist; Patienten also, die am meisten von der Intensivbehandlung profitieren», heisst es in dem Dokument.

Von Diskriminierung aufgrund von «Geschlecht, Wohnort, Nationalität, Religionszugehörigkeit, sozialem Status, Versicherungsstatus oder chronischer Behinderung» kann daher keine Rede sein.

Und was ist mit dem Alter? Das Alter an sich ist kein direktes Kriterium. Die SAMW räumt aber ein, dass objektiv gesehen ältere Patienten die schlechtesten Überlebenschancen haben können.

Schliesslich betont die Vereinigung auch, wie wichtig es ist, «im Vorfeld mit allen Patienten, die dazu in der Lage sind, ihre Wünsche im Falle von Komplikationen zu klären. Begrenzte Ressourcen dürfen unter keinen Umständen für Behandlungen verwendet werden, die der Patient nicht wünscht». Mit anderen Worten: keine aggressiven Behandlungen.

Patienten, die wegen der aktuellen Lage möglicherweise nicht auf der Intensivstation behandelt werden können, werden aber nicht vergessen. Die Frauen und Männer in Weiss, denen die Welt dieser Tage jeden Abend von Balkonen aus Applaus spendet, werden es sich zur Pflicht machen, auch diese Patientinnen und Patienten bis zum Ende zu begleiten und ihnen die notwendige palliative Betreuung zukommen zu lassen – damit sie in Würde gehen können.

(Übertragung aus dem Französischen: Rita Emch)

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