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Schaffen es Schweizer Reisende noch nach Hause?

leerer Wartebereich am Flughafen Frankfurt
Rund um die Welt werden Flüge annuliert. Keystone / Frank Rumpenhorst

Der Bundesrat hat Schweizer Reisende im Ausland aufgefordert, zurück in die Schweiz zu kommen. Doch für einige Touristen ist dies gar nicht so einfach. Sie stecken fest, haben keine Informationen – oder wollen gar nicht zurück.

«Irgendwo im Nirgendwo» befanden sich Josefine Vifian und Anna Lüthi in den letzten Tagen ihrer Fahrradtour, nichts ahnend radelten sie durch die bosnische Natur. Zurück in der Zivilisation, in einem Café mit Wifi, konnten sie endlich die Nachrichten anschauen.

«Es war völlig absurd!» Durch die Medien sowie zahlreichen Nachrichten von der Familie und dem Freundeskreis hatten sie von der Aufforderung des Bundesrats erfahren: Schweizer Reisende sollen zurückkehren.

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Gestartet waren die Bernerinnen am 8. März in Zagreb, drei Monate hätte ihre Fahrradtour eigentlich dauern sollen. Zwar war schon zu Beginn Corona ein Thema, doch dass sich das Virus so rasch verbreiten würde und die Massnahmen in Europa, beziehungsweise auf der ganzen Welt so ein Ausmass annehmen würden, das hatten die beiden Uniabsolventinnen nicht erwartet. Am Freitag noch waren sie nach Bosnien eingereist, «völlig problemlos.» Seit Montag müssen bereits alle Einreisenden in Bosnien in eine zweiwöchige Quarantäne.

Jetzt, wo zahlreiche Länder ihre Grenzen schliessen, können sie ihre Fahrradtour nicht weiterführen. Auch innerhalb Bosniens solle nicht mehr gereist werden. So suchten die Freundinnen nach Flügen zurück in die Schweiz.

«Wir haben online gesucht, aber es war unklar, ob man die Flüge buchen kann und ob sie dann auch wirklich fliegen werden», sagt Josefine Vifian. Sie riefen bei Airlines an, bei Reiseveranstaltern – «niemand nahm das Telefon ab! Die einzige Nummer, bei der sich sofort jemand meldete, war die Schweizer Botschaft in Sarajewo», so die 26-Jährige.

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Von der Schweizer Botschaft erfuhren sie dann auch, dass ab Donnerstag womöglich alle Flüge für zwei Wochen gestrichen würden. Heute gehen sie an den Flughafen, um direkt vor Ort zu versuchen, einen Sitz im letzten Flugzeug Richtung Schweiz zu ergattern. Direktflüge gibt es indes keine – ob der Transit klappt oder sie in München oder Zagreb steckenbleiben würden, wissen sie nicht

Zum Glück, sagen die beiden, seien sie beim Vater einer Freundin untergebracht, er helfe beim Übersetzen und fahre sie mit dem Auto an den Flughafen. Angst hätten die zwei nicht, weil sie nicht zur Risikogruppe gehören. Ein schlechtes Gewissen, den Coronavirus womöglich noch weiter zu verbreiten, hingegen schon. Insbesondere, wenn sie älteren Menschen begegnen würden. Deshalb hatten sie beschlossen, zurück in die Schweiz zu reisen.

Lieber in Sri Lanka bleiben

Immer mehr Länder rund um die Welt schliessen ihre Grenzen. Seit Dienstag lässt auch Sri Lanka keine Flugzeuge mehr auf der Insel landen. Dort befindet sich seit dem 3. März Daniel Gehr. Der 29-jährige Zürcher ist auf Weltreise, die letzten Monate hatte er in Indien verbracht.

Eigentlich wollte der Software-Entwickler zwei oder drei Jahre lang um die Welt reisen. Nach nur ein paar Monaten bereits zurück in die Schweiz zu kehren, kann er sich schwer vorstellen: «Ich habe keine Wohnung mehr, auch keine Krankenkasse, ich habe mich in der Schweiz abgemeldet», sagt er.

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Daniel Gehr mit Surfbrett am Strand.
Daniel Gehr wollte eigentlich zwei bis drei Jahre auf Weltreise – jetzt sitzt er auf Sri Lanka fest. zvg

Lange Zeit hatte ihn die Coronakrise nicht gross beschäftigt, Medien habe er wenig beachtet, sei aber mit seiner Gotte aus der Schweiz regelmässig in Kontakt gewesen und hatte so das Ausmass der Krise zunehmend realisiert. Am Dienstag dann schickte er der Schweizer Botschaft in Colombo eine Email und erhielt schnell Antwort: «Sie empfehlen eine Rückreise, aber es sei meine Entscheidung, ob ich dies tue oder nicht», sagt Daniel Gehr.

Daniel Gehr zögert. «Ich fühle mich hier sicher und wohl. Warum sollte ich in der Schweiz herumhocken, wenn im Süden Sri Lankas die Menschen froh sind, dass ich bleibe?» Im Hotel sei er nämlich inzwischen der einzige Gast, die meisten Touristen hätten das Land bereits verlassen. «Die Hotelangestellten flehen mich nahezu an, zu bleiben. Ihr Einkommen hängt davon ab.» Daniel Gehr weiss von anderen Ausländern, die ebenfalls mit dem Gedanken spielen, die Krise «hier auszusitzen».

Daniel Gehr ist noch unschlüssig, was er tun soll. Angst habe er keine, weil er nicht zur Risikogruppe gehöre. Auch findet er den Gedanken, dass Sri Lanka eine Insel ist und keine Ausländer mehr einreisen lasse, beruhigend.

«Vielleicht bin ich hier in der Isolation sogar sicherer als auf dem Kontinent in der Schweiz», sagt er. Doch häuften sich Meldungen, dass die Bevölkerung europäische Touristen rassistisch beleidigen oder sie meiden würde. Sollte die Stimmung kippen, würde Daniel Gehr auch zurückkehren. Er hat sich vorgenommen, die Lage weiter zu beobachten.

«Wir bleiben in Argentinien»

Gabriella und Sandro Alvarez-Hummel hingegen haben sich bereits entschieden: Sie bleiben vorerst in Argentinien. Das Paar, besser bekannt als VanabundosExterner Link, ist normalerweise mit ihrem Wohnwagen unterwegs und berichtet von seinen Reisen auf Social Media. Dieser Van steht jetzt allerdings in einer Garage, die 29-jährige Liechtensteinerin und der 40-jährige Zürcher sind zurzeit nicht als Reisende unterwegs – in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires bauen sie eine Wohnung um, die sie gekauft haben.

Gemäss Auslandschweizergesetz (ASG) erwartet der Bund, dass jede Schweizerin und jeder Schweizer bei der Vorbereitung und Durchführung eines Auslandaufenthalts oder der Ausübung einer Tätigkeit im Ausland persönliche Verantwortung wahrnimmt, sich risikogerecht verhält und auftretende Schwierigkeiten aus eigener Kraft zu meistern versucht.

Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer müssen sich in einer Krisensituation jederzeit und unabhängig von der aktuellen Situation informieren, insbesondere über Medien, Mitteilungen der lokalen Behörden, die Websites der Gesundheitsbehörden, das Bundesamt für GesundheitExterner Link (BAG) und das Aussendepartement Externer Link(EDA).

Zudem werde erwartet, dass die betroffenen Personen mit Hilfe ihrer eigenen Reiseversicherung, der Fluggesellschaft und des Reiseveranstalters selbständig nach alternativen Lösungen suchen (Hotelunterkunft, Umbuchungen, Stornierungen, alternative Rückreisemöglichkeiten).

«Wir arbeiten ortsunabhängig und hatten geplant, uns zuerst vier Monate in Argentinien niederzulassen, bevor wir dann nach Ostern in Richtung USA und Bermudas reisen würden», sagt Sandro Alvarez-Hummel. Doch seit Freitag stecken sie in selbstauferlegter Quarantäne. «Die Situation ist zwar ruhig und offiziell vermeldet Argentinien erst wenige Fälle. Doch wir wollen das Virus nicht weiterverbreiten und andere Menschen gefährden», erklärt er diesen Schritt.

Über die Lage in Argentinien, aber auch in der Schweiz würden sie und ihr Ehemann sich laufend informieren. Zurück in die Schweiz zu reisen würde vorerst allerdings keinen Sinn machen: «Hier ist es zurzeit ruhiger als in der Schweiz. Ausserdem haben wir hier eine Wohnung, in der Schweiz nicht mehr.»

Ob sie Argentinien überhaupt noch verlassen könnten, wissen Gabriella und Sandro Alvarez-Hummel allerdings nicht. Ankommende Flüge aus Europa seien momentan bereits verboten, Edelweiss habe alle Direktflüge nach Buenos Aires bis Anfang Mai storniert. Wie es mit Argentinien verlassenden Flügen aussehe, sei für Sandro noch unklar. Zurzeit sei ein Rückflug aber keine Option: «Wir fühlen uns wohl und sicher hier.»

In bestimmten Sonderfällen, und die COVID-19-Krise ist ein solcher Fall, intervenieren die Schweizer Behörden zur Unterstützung von Schweizerinnen und Schweizern im Ausland. Marokko ist ein aktuelles Beispiel.

Tausende von ausländischen Touristen sind betroffen, darunter mehrere hundert Schweizer Reisende. Das EDA und die Schweizer Botschaft in Marokko stehen in Kontakt mit den marokkanischen Behörden, um Schweizer Touristen eine Rückkehr in die Schweiz zu erleichtern, insbesondere im Hinblick auf die Erteilung von Fluggenehmigungen.

Dies machte politische Schritte nötig. Am 17. März konnten mindestens fünf gecharterte Flüge von Marrakesch aus starten. Diese Fluggesellschaften planen im Laufe der Woche weitere Flüge. Die Schweizer Botschaft in Marokko steht in regelmässigem Kontakt mit Schweizer Touristen und informiert sie über diese Rückkehrmöglichkeiten.

Es handelt sich um kommerzielle Flüge. Schweizer Reisende sind für die notwendigen Buchungen und die Bezahlung der entsprechenden Kosten selber verantwortlich.

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