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Das Lauberhorn – eine alte Familiengeschichte

Viktor Gertsch vor dem Denkmal der Lauberhorn-Sieger, das vor dem Sportgeschäft der Familie steht. swissinfo.ch

1930 organisierte Ernst Gertsch das erste Rennen am Lauberhorn. Einheimische duellierten sich damals mit englischen Touristen. Achtzig Jahre später wacht sein Sohn Viktor noch immer über das Familienerbe. Eine Begegnung.

«Am Anfang wollte mein Vater ein Wettrennen zwischen den Engländern, die regelmässig in Wengen ihre Winterferien verbrachten, und Schweizern inszenieren“, erzählt Viktor Gertsch.

«Es ging auch darum zu zeigen, dass die Einheimischen genauso gute Skifahrer waren wie die Engländer.»

Mittlerweile zählt die Lauberhorn-Abfahrt, die am Samstag zum 80. Mal stattfindet, zu den Klassikern des Ski-Weltcups.

Viktor Gertsch kam schon als kleiner Junge in Kontakt mit den Meistern, die jedes Jahr die Hänge des Oberländer-Dorfs unsicher machten.

«Mein Vater hatte keine Zeit, sich um mich und meine vier Brüder zu kümmern. Aber wir fanden unseren eigenen Weg, um die Rennen anschauen zu gehen. Ich war fasziniert von den Österreichern, die in den 1950er-Jahren sehr stark waren.»

Der schlimmste Moment

Zu Beginn der 1960er-Jahre fuhr Gertsch am Lauberhorn mit. «Meine beste Leistung war ein 25. Rang im Slalom. Für die Abfahrt war ich zu wenig waghalsig», erinnert sich Gertsch.

1970, im Alter von 28 Jahren, bat ihn sein Vater, die Nachfolge als Präsident des Lauberhorn-Rennens anzutreten. Ohne einschlägige Erfahrung, entschloss sich der Sohn, die Herausforderung anzunehmen.

Neben all den schönen Erinnerungen blickt der heute 68-Jährige auch auf schwierige Momente zurück. Das schlimmste Ereignis war der Tod des jungen Österreichers Gernot Reinstalder am 18. Januar 1991. Reinstalder stürzte in der letzten Kurve vor dem Ziel. «Ich spreche nicht gerne darüber. Es war schrecklich. Jedes Mal, wenn ich am Fernsehen einen Sturz sehe, denke ich wieder daran.»

Anspruchsvolle Strecke

Alle Organisatoren von Skirennen haben Angst vor Unfällen. «Man macht das Maximum für die maximal mögliche Sicherheit. Aber die Risiken bleiben bestehen. Auch die Rennfahrer sind für ihre Sicherheit verantwortlich.»

Kritiker wie der frühere österreichische Champion Franz Klammer befürchten, dass die Sicherheitsmassnahmen an der Lauberhorn-Strecke ihren Charakter verwässern.

«Am Samstag werden Sie sehen, dass die Strecke immer noch anspruchsvoll ist. Wenn es die Sicherheit erlaubt, werden wir die Buckel soweit wie möglich belassen. Wir wollen keine Strecke, auf der die Rennfahrer die ganze Zeit nach der höchsten Geschwindigkeit trachten.»

Gloriose Zukunft

Das Lauberhorn ist punkto Länge, Streckenführung und Höhenunterschied eine der spektakulärsten Abfahrtsstrecken des Weltcups.

Gertsch ist überzeugt, dass das Rennen neben der gloriosen Geschichte auch eine grosse Zukunft vor sich hat. «Es wäre undenkbar, den Grossen Preis von Monaco aus der Formel 1 zu streichen oder anderswo als in Monaco durchzuführen. Dasselbe gilt für das Lauberhorn.»

Was seine Nachfolge betrifft, hat Gertsch noch keine genauen Vorstellungen. «Ich habe meinen Kollegen im Vorstand gesagt, sie sollen es mir sagen, wenn ich senil werde», scherzt Gertsch: «So lange ich die Kraft habe, werde ich die Arbeit weiterführen.»

Klar scheint, dass der Nachfolger dereinst nicht mehr ein Gertsch sein wird. «Mein Sohn wird demnächst den Sportladen der Familie übernehmen. Ich denke, er soll in erster Linie sein Leben verdienen können. Mit dem Lauberhorn gewinnt man Freunde, aber kein Geld.»

Samuel Jaberg, Wengen, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Französischen: Andreas Keiser)

Die Lauberhornstrecke ist mit 4,5 Kilometern die längste Abfahrt des Weltcups.

Zusammen mit der Streif in Kitzbühel (Österreich) gehört die Lauberhorn-Abfahrt zu den Klassikern des alpinen Ski-Weltcups.

Der letzte Schweizer Sieger am Lauberhorn datiert aus dem Jahr 2009, als Didier Défago die Abfahrt gewann.

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