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Der Ideenjäger

Bruno Giussani: Ideenjäger von Beruf. swissinfo.ch

Es gibt Berufe, die nicht ganz einfach zu erklären sind. Jener von Bruno Giussani gehört sicherlich dazu. Der Tessiner, Sohn italienischer Emigranten aus Bergamo, nennt sich "Curatore di idee", also "Kurator von Ideen". Und dies macht er als Europa-Direktor der TED-Konferenzen.

Die Ideen von exklusiven und innovativen Rednern finden dank TED (Technology, Entertainment, Design) ein weltweites Publikum. Ab dem 17. März feiert TED anlässlich der Jahreskonferenz im kanadischen Vancouver seinen 30. Geburtstag.

Wir treffen Bruno Giussani in Bellinzona. Obwohl er mittlerweile die Hälfte des Jahres weltweit unterwegs ist, häufig in New York, hat er seine feste Basis immer noch im Tessin. Sein zweiter Stützpunkt ist Lausanne. Von der Schweiz aus organisiert Giussani die jährlichen TEDGlobal-Konferenzen.  Zu diesen Konferenzen werden Redner eingeladen, die über ihre Forschung oder ihre Berufstätigkeit berichten.

Wichtig ist, dass sie innovative Ideen haben und diese einem breiten Publikum in verständlichen Worten vermitteln können.  Gemäss dem TED-Motto: «Ideas Worth Spreading» (Ideen, die es verdienen, bekannt zu werden). Maximale Redezeit: 18 Minuten. Minimale: 3 Minuten. Es können Wissenschaftler, Designer, Politiker, Unternehmer, Erfinder oder Künstler das Wort ergreifen – wenn sie eingeladen werden.

Technologie, Unterhaltung, Design

TED steht für «Technology, Entertainment, Design», das heisst für Technologie, Unterhaltung und Design.  Diese Kombination mag erstaunen, «doch gerade Anfang der 1980er-Jahre, als TED ins Leben gerufen wurde, verschwammen die Grenzen zwischen diesen Bereichen», sagt Giussani. Er erinnert etwa an den Computer Mac, der grafische Anwendungen zuliess. Technik und Design begannen, sich gegenseitig zu beeinflussen.

Die TED-Konferenzen wurden 1984 von Richard Saul Wurman in Kalifornien ins Leben gerufen. Da die erste Veranstaltung finanziell ein Misserfolg war, dauerte es sechs Jahre bis zur nächsten Konferenz. Seit 1990 findet TED jährlich statt – in der Zwischenzeit ist Wurman zurückgetreten. Organisatorin ist heute die Non-Profit-Organisation Sapling Foundation aus New York.

Die alljährlichen TED-Konferenzen fanden lange nur in Kalifornien statt. Aus Anlass des 30. Geburtstag zügelt die Konferenz nun erstmals ins Ausland, nach Vancouver, Kanada, wo ab 17. März hochkarätige Redner auftreten werden.

TED – die Abkürzung steht für Technology, Entertainment, Design (Technologie, Unterhaltung, Design) – wurde 1984 gegründet. Ursprünglich handelte es sich einzig um eine alljährliche Konferenz, die zuerst in Monterey, später in Long Beach (Kalifornien, USA) stattfand.

Für den 30. Geburtstag wird die Ursprungskonferenz erstmals von Kalifornien nach Vancouver (Kanada) verlegt. Dort wird sie mindestens zwei Jahre bleiben. Die Konferenz findet vom 17. bis 21. März 2014 im Ball-Saal des dortigen Convention Centre statt.

Die 1200 Tickets für die diesjährige TED-Konferenz in Vancouver sind längst vergriffen. Der normale Eintrittspreis beträgt 7500 Dollar (7000 Franken), spezielle Sponsorentickets könnten auch 15’000 oder 125’000 Dollar kosten.

Wer die TED-Referenten live via Internet im Streaming sehen will, muss dafür zwischen 600 und 2500 Dollar bezahlen. Erst später werden die maximal 18 Minuten langen Reden im Internet auf einem Youtube-Kanal von TED gratis freigeschaltet.

Das Motto der diesjährigen TED-Jahreskonferenz lautet «The Next Chapter» (Das nächste Kapitel). Unter den Rednern befinden sich bekannte Persönlichkeiten wie Melinda und Bill Gates, der Musiker Sting oder der Astronaut Chris Hadfield.

Nächstes Jahr lautet der Titel der Ted-Jahreskonferenz «Truth and Dare» (Wahrheit und Wagnis). Sie wird vom 16. bis 20. März 2015 in Vancouver stattfinden. Der Preis für ein normales Ticket beträgt dann 8500 Dollar. 

Exklusives Event

Die Formel der Konferenz hat sich nicht verändert.  Die Teilnahme ist extrem teuer und einem exklusiven Kreis von gut 1000 Besuchern vorbehalten. Rund 7500 Dollar kostet ein Ticket  – trotzdem sind die Plätze schon Monate vor der Veranstaltung ausverkauft.

Dafür werden  die Reden später von TED gratis ins Internet gestellt. Dies mag als Widerspruch erscheinen. «Doch letztlich geht es darum, durch exklusive Events einem weltweiten Publikum innovative Ideen näher zu bringen», so Giussani. Und dafür nutze man dieses Geschäftsmodell. Es geht um Reden und Gedanken, die etwas verändern oder auslösen können, letztlich also um Ideen für eine bessere Welt.

Die Videos mit den Reden von TED, die mittlerweile über eine eigene Webseite (Ted.com), aber auch Kanäle wie Youtube, iTunes und  Smartphone-Apps kostenlos publiziert werden, finden weltweit ein Millionenpublikum.  Rechnet man die Zuschauer aller publizierten Videos zusammen, geht es bereits in die Milliarden.

Verständlich und horizontal

TED ist das Gegenteil von Fachkonferenzen und Fachsimpelei. Die Redner sind gehalten, in verständlicher Weise zu sprechen, auch wenn sie hochwissenschaftliche Themen anpacken. Interdisziplinarität ist gross geschrieben. «Unserer Konferenzen sind horizontal, nicht vertikal», bringt es Giussani auf den Punkt. Ideen sind gefragt, Produktewerbung ist verboten. 

Seit 2005 ist Giussani Europäischer Direktor von TED, nachdem die amerikanische Mutterstiftung beschlossen hatte, die Aktivitäten auszuweiten und neben der Ursprungskonferenz an der amerikanischen Westküste eine weitere globale Konferenz (TEDGlobal) auszurichten. Heute zählt TED weltweit 10 Direktoren und 120 Mitarbeitende.

Giussani ist in seiner Funktion immer auf der Suche nach interessanten Ideen und interessanten Rednern. Er brachte Nato-Kommandant James Stavridis oder die Erziehungswissenschaftlerin Daphne Koller an eine der letzten Konferenzen im schottischen  Edinburgh.

TED gibt es in gewisser Weise auch auf lokaler Ebene. So wird am Samstag, 12. April 2014, erstmals eine TEDx-Konferenz in der italienischen Schweiz geben: TEDxLugano. TEDx bedeutet, dass die Konferenz unabhängig von der Ursprungsorganisation (TED), aber gemäss deren Richtlinien organisiert wird. Es handelt sich also um «independently organized TED events».

Die Initiative in Lugano geht von Studierenden der amerikanischen Franklin Universität von Lugano-Sorengo aus. Angesagt sind hochkarätige und internationale Redner aus Wirtschaft, Wissenschaft, Sport und Unterhaltung.

TEDx-Konferenzen finden weltweit statt. In der Schweiz gab es solche bereits  in Genf, Lausanne,  Zürich, Zug oder auch Gundeldingen.

Vom Tessin nach Rio de Janeiro

«Den grössten Effekt haben manchmal aber Reden von Leuten, die nicht schon vorher bekannt sind», sagt Giussani. Dank der Verbreitung ihrer Talks im Internet schaffen sie es dann aber zu einem gewissen Ruhm. Im Moment ist er in der Vorbereitung für die diesjährige TEDGlobal Konferenz, die vom 5. bis 10. Oktober in Rio de Janeiro stattfindet.  

 

Giussani hat nach seinem Studium der Sozialwissenschaften in Genf 1989 als Journalist bei Tessiner Lokalzeitungen begonnen. «Meine heutige Tätigkeit hat immer noch gewisse Parallelen zum Journalismus», sagt er. Statt über die Ideen interessanter Leute selbst zu schreiben, holt er diese nun aufs Podium und lässt sie dort reden. «Oft bespreche ich mit diesen Rednern stundenlang, wie sie sich am besten ans Publikum wenden können», sagt er. Das sei sein Job. Auch für die TED-Konferenz von Vancouver gehört es zu seinen Hauptaufgaben, die geladenen Gäste auf ihre Reden vorzubereiten.

Die aktive journalistische Tätigkeit begleitete Giussani viele Jahre seiner Karriere, sehr früh in Verbindung mit Internet, was in den 1990er-Jahren revolutionär war. So begleitete er den Online-Auftritt der Westschweizer Wochenzeitung L’Hebdo, betreute aber auch für die New York Times eine eigene Kolumne.

Am Sonntag mit der gedruckten Zeitung

Im Tessin war er 1995 an der Gründung von Tinet beteiligt, dem ersten Internet-Provider der italienischen Schweiz. Bis heute ist er Vize-Präsident des Softwareunternehmens Tinext, das etwa die Webseite von Al Arabiya, den Konkurrenten von Al-Jazeera, entwickelt hat.

Er schrieb für Schweizer und internationale Medien (NZZ, La Repubblica,  Libération und weitere), war Stipendiat an der Stanford University und betreute von 1998 bis 2000 den Online-Auftritt des World Economic Forum (WEF). In Lausanne organisiert er mit dem Wochenmagazin L’Hebdo bis heute das «Forum des 100», ein jährliches  Westschweizer Symposion nach TED-Muster.

Bei aller Internationalität ist Giussani seinem Heimatkanton Tessin immer sehr verbunden geblieben: «Ein schöner Ort, und nicht überfüllt; schade nur, dass die Tessiner so viel untereinander streiten.» Das Wochenende verbringt er jedenfalls immer noch gerne im Tessin und greift am Sonntag möglichst zu einer druckfrischen Zeitung: «Dann lese ich aus Vergnügen, mein Herz hängt noch an Printmedien.»

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