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Der Rhein: Arg gebeutelt, aber immer noch lebendig

Nahaufnahme des Lai da Tuma, der Quelle des Rheins im Kanton Graubünden. Keystone

Von der alpinen Quelle des Rheins bis zum Flussufer im industriellen Basel folgt swissinfo.ch dem Schweizer Abschnitt des wichtigen europäischen Wasserwegs. Die vielen Staudämme behindern den Lebensraum und die Fortpflanzung vieler Wasserlebewesen – aber es gibt auch Zeichen der Besserung.

Die eisige Flüssigkeit läuft durch meinen Körper und verleiht ihm neues Leben. Ich forme meine Hände zu einer Schale, um mehr vom Quellwasser zu trinken, das in den Lai da Tuma (Tomasee) fliesst. Der Bergsee mit dem romanischen Namen liegt auf einer Höhe von 2345 Metern ü. Meer und gilt als Quelle des Rheins.

Anders als meine Bergführerin Marta bin ich nach dem eineinhalb-stündigen Aufstieg vom Oberalppass an der Grenze zwischen den Kantonen Uri und Graubünden ausser Atem und glücklich, mich auf der grasbedeckten Bank ein wenig auszuruhen, um auf den natürlichen, silbergrünen See zu blicken.

An diesem Montagmorgen steht uns dieses Wunder der Natur exklusiv zur Verfügung.

An diesem Montagmorgen steht uns dieses Wunder der Natur exklusiv zur Verfügung. Den Lärm der Motorräder, die das Tal hinauf- und hinunterbrausen, hört man nicht mehr, sondern nur das Zwitschern der Vögel und gelegentliche Pfiffe der Murmeltiere. Ich bin von der Schönheit der natürlichen Landschaf überwältigt.

Der Lai da Tuma ist vom Menschen nicht ganz unberührt geblieben. Spätestens seit der Einweihung des Vierquellenwegs im letzten Jahr, einem 90 Kilometer langen Wanderpfad zu den Quellen des Rheins, der Rhone, der Reuss und des Ticino, pilgern an manchen Wochenenden tausende Besucher in diese Bergwelt und plantschen an heissen Tagen im eiskalten Bergsee.

«Vor zwanzig Jahren kamen nicht viele Leute auf die Idee, zum Tuma hinaufzusteigen. Aber heute trifft man auch viele junge Leute auf dem Pfad an», sagt Marta.

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Der Rhein als Ader des Lebens

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Der reissende Bergbach gewinnt auf seiner Reise in den Norden und Westen an Breite, fliesst dafür aber auch gemächlicher. Viele Menschen schätzen den Rhein zum Schwimmen, Fischen und Bootfahren. Daneben ist er aber auch ein Wirtschaftsfaktor – als Energielieferant. (Bilder: Simon Bradley/swissinfo.ch)

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Darüber freuen sich allerdings nicht alle. Laut der Umweltschutzorganisation Pro Natura ist die Eröffnung des Pfads nicht ohne negative Wirkung geblieben. Marta teilt diese Ansicht nicht. «Vor zehn Jahren liessen viele Besucher überall Verpackungen und Büchsen liegen, aber heute haben die meisten mehr Respekt und Sorge gegenüber der Natur. Ich mache mir über die Vielzahl der Touristen keine Sorgen – jedenfalls noch nicht. Schliesslich leben wir vom Tourismus.»

Wolken beginnen den Himmel zu bedecken, es wird Zeit, an den Abstieg zu denken. Am Ausgang des Bergsees taucht der Rein da Tuma in ein dunkles, eisiges Loch und erscheint 20 Meter weiter unten wieder, um seine 1230 Kilometer lange Reise in die Nordsee anzutreten.

Im Untergrund 

Etwas weiter unten verschwindet der sprudelnde Bach erneut im Untergrund, hier allerdings ohne wieder an die Oberfläche zu kommen. Wo fliesst er hin?

«Siehst Du den schmalen Fluss dort drüben?», fragt Marta und zeigt ins Tal hinunter. «Dieses Wasser stammt nicht vom Tuma, sondern von anderen Bächen im Einzugsgebiet.»

Der Rein da Tuma wird wie viele andere Bäche im Quellgebiet des Vorderrheins erfasst und durch vom Menschen geschaffene, unterirdische Leitungen zum «grössten Pumpspeicher-Elektrizitätswerk der Schweiz» geführt, wie der Stromproduzent Axpo schreibt, der diesen Abschnitt bewirtschaftet.

Die Wassertunnels, die das flüssige Gold zickzack-förmig den Hängen entlang zu den 1960 errichteten Elektrizitätswerken der kleinen Dörfer von Tavanasa und Reichenau führen, bleiben mir aber verborgen.

Rund 55 Prozent der in der Schweiz produzierten Energie stammt aus Wasserkraftwerken. 21 Prozent davon werden im Kanton Graubünden erzeugt. In den nächsten 35 Jahren sollen weitere «klimafreundliche» Wasserkraftwerke und neue, effizientere Anlagen dazu beitragen, die wachsende Energienachfrage zu decken. Vor allem Naturschutzorganisationen bezweifeln aber, ob sich die Schweizer Gewässer noch mehr «ausquetschen» lassen.

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Umweltkosten

Wie Sie vermutlich festgestellt haben, ist meine Flussreise, die ich während des «Internationalen Jahres der Wasserkooperation» unternehme,  nun zur Strassenfahrt geworden. Unterhalb des Dorfes Disentis halte ich an einer Stelle an, wo der Fluss über kleine Felsbrocken rauscht. Ein Signal, das mich auf die vom Kraftwerk verursachte Hochwassergefahr aufmerksam macht, liefert die Erklärung dafür, dass ich hier keine Menschenseele antreffe.

Hydropeaking (Schwallproblematik) – künstliche Hochwasser, die in Zeiten grossen Strombedarfs ausgelöst werden, weil enorme Wassermengen durch die Turbinen geführt werden – ist eines der grossen Probleme in diesem Streckenabschnitt des Rheins. Bis zu 1000 Kilometer Fliessgewässer sind in der Schweiz von dieser künstlichen Flutung betroffen, vor allem der Vorder- und Hinterrhein und weitere Teile des Alpenrheins zwischen Reichenau und dem Bodensee.

Die Umwelt zahlt dafür einen hohen Preis. Fische und andere Wasserlebewesen können an Land oder weggeschwemmt, Laichgründe zerstört, Lebensräume vernichtet und die Wassertemperaturen verändert werden, sagt der Wasserexperte Diego Tonolla vom Bundesamt für Umwelt (Bafu).

Unterhalb von Disentis

Ein Signal, das mich auf die vom Kraftwerk ausgehende Hochwassergefahr aufmerksam macht, liefert die Erklärung dafür, dass ich hier keine Menschenseele antreffe.

Dass die zahlreichen Dämme und Wasserkraftwerke die Migrationswege der Wasserorganismen unterbrechen, wird an dieser Stelle ersichtlich. Fischtreppen, die helfen könnten, die Hindernisse zu überwinden, wurden nicht überall oder nur in schlechter Qualität gebaut. In den Dämmen bleiben auch Sedimente wie Sand, Kies und Holzteile hängen, die für natürliche Lebensräume wichtig wären. Davon betroffen ist zum Beispiel auch die Fortpflanzung der Bachforelle im Alpenrhein.

Keystone

Die Umweltorganisation «ProFisch Alpenrhein» schlägt Alarm. Sie beschreibt die regionale Situation als «katastrophal». 2011 drängte sie Behörden und Stromproduzenten, lindernde Massnahmen zu ergreifen, zum Beispiel mit dem Bau von separaten Abflussleitungen und reduzierten oder ausgeglichenen Abflussmengen. Der Kanton Graubünden und der Stromproduzent Axpo haben für 2014 einen Massnahmenplan in Aussicht gestellt. Aber die Umsetzung der Massnahmen in diesem Streckenabschnitt ist nicht vor 2030 zu erwarten.

Das andere grosse Problem – sozusagen gegenteiliger Natur – sind die sehr geringen Wassermengen unterhalb der Elektrizitätswerke. Ein Gesetz von 1992 verlangt, dass eine minimale Restwassermenge in den Bachbetten bleiben muss. Aber nur 16 von 26 Kantonen dürften dieses Ziel bis 2015 erreichen. Graubünden hat sich damit Zeit gelassen und macht Rechtsstreitigkeiten dafür verantwortlich.

Im kleinen Weiler von Valendas nähere ich mich dem Fluss an einer Stelle, wo kreischende Schlauchboot-Fahrer über zahllose Stromschnellen preschen. Hier, wo er seine wilden Eigenschaften wiedererlangt hat, schlängelt sich der Fluss an den riesigen Kalksteingipfeln der Ruinaulta vorbei, dem Grand Canyon der Schweiz.

Wenige Kilometer weiter unten ändert der Fluss sein Gesicht erneut. In Reichenau verlässt der Vorderrhein die Schlucht und trifft mit dem Hinterrhein zusammen, der vom San Bernadino-Pass herunterfliesst. Das Aufeinandertreffen wirbelt so viel Geröll auf, dass das Wassergemisch zu einer trüben, braunen Brühe wird.

Im engen Korsett

Die Altstadt von Chur, fruchtbare Wein- und Ackerlandschaften und die als Heidiland beworbene Region ziehen an mir vorbei, als ich auf der Autobahn dem Fluss entlang nach Norden fahre.

Auf dieser 80km langen Strecke lassen weitere grosse Bäche aus dem Osten den Rhein anschwellen und der Talboden weitet sich aus. Bis vor einigen Jahrzehnten suchte sich der Fluss hier seinen Weg selbst durch das breite Tal. In Triesen, südlich von Liechtenstein, war das Flussbett damals zeitweise mehr als einen Kilometer breit.

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bändigen die Menschen den Fluss in einem 100 Meter breiten Kanal bis zum Bodensee hinunter, um sich vor Überschwemmungen zu schützen. Der Gewinn von Kulturland ging einher mit einem Verlust der Biodiversität.

Externer Inhalt

Einige Leute möchten den Fluss aus seinem engen Korsett befreien. Inspiriert von seiner Arbeit zum Schutz der artenreichen Auenlandschaft des Tagliamento-Flusses im Nordosten Italiens, träumt WWF-Experte Lukas Indermaur davon, Teile des Alpenrheins zu renaturieren. 

Lukas Indermaur, WWF

Der Rhein ist wie ein lebendiger Organismus. Wir müssen Sorge zu ihm tragen. Es gibt hier ein grosses Potential für die Biodiversität.

«Der Rhein ist wie ein lebendiger Organismus. Wir müssen Sorge zu ihm tragen», sagt Indermaur mit Blick auf den Fluss bei Diepoldsau. Angesichts des langen Streckenabschnitts zwischen Chur und Bodensee ohne Elektrizitätswerke habe der Fluss als Migrationskorridor zwischen den Voralpen und den Alpen hier ein grosses Potential für die Biodiversität.

Die grossen Projekte zur Renaturierung des Flusses bestehen nur auf dem Papier. Einzig eine schweizerisch-österreichische Initiative scheint voran zu kommen und hohe Wellen zu schlagen. Das Renaturierungs- und Hochwasserschutzprojekt namens Rhesi auf einer Strecke von 30 Kilometern zwischen dem Mündungsgebiet des Ill-Flusses oberhalb von Liechtenstein und dem Bodensee ist mit Kosten von 600 Millionen Franken veranschlagt.

Das Projekt, das eine Region mit 300’000 Einwohnern vor einem Jahrhunderthochwasser mit Milliardenschäden schützen sollte, hatte letzten Herbst die Gemüter erhitzt, als der Öffentlichkeit zwei Optionen präsentiert worden waren. Einige Leute befürchten, dass die ökologischere Lösung zum Verlust von Trinkwasserquellen und 450 Hektaren Kulturland führen könnte. Inzwischen wurden weitere Studien in Auftrag gegeben und das Projekt auf 2019 hinausgeschoben.

Route für Naturliebhaber

Als ich dem neuen Rheinkanal entlang bis zur Mündung am Bodensee schlendere, schwirren Libellen um meinen Kopf herum. Das neongrüne Wasser fliesst hier an einem Bagger vorbei, der Kies und andere schwere Ablagerungen aus dem Bachbett in einen Flusskahn schaufelt. Der Rhein schiebt jedes Jahr rund drei Millionen Kubikmeter Geröll in den Bodensee.

Das Rheindelta, eine dreieckige, 2000 Hektaren umfassende Fläche zwischen dem 1900 errichteten Kanal und dem ursprünglichen Flusslauf, ist Lebensraum von rund 600 Pflanzen- und 300 Tierarten, darunter auch Flussseeschwalben und Flussregenpfeifer.

An den Ufern des drittgrössten Sees Zentraleuropas leben rund zwei Millionen Menschen. Dessen Reservoir von 48 Milliarden Kubikmetern liefert Trinkwasser für vier Millionen Menschen, darunter auch den Bewohnern der 120 Kilometer entfernten deutschen Stadt Stuttgart. Die Region Bodensees ist auch als Feriendestination beliebt.

Abgesehen von einigen Plastikgegenständen entdecke ich an den Ufern und im Wasser wenig Abfall. Laut dem Forschungsbericht 2011 der Internationalen Gewässerschutzkommission für den Bodensee sind hier auch Mikroverunreinigungen kein Thema.

Am Abfluss des Untersees (dem kleineren der beiden Gewässer, die den Bodensee bilden) liegt das mittelalterliche Städtchen Stein am Rhein. Jugendliche springen von der  Brücke ins kühle Nass hinunter.

Ich drossle mein Reisetempo, wie ich an der Grenze zwischen Deutschland und der Schweiz dem pittoresken Dorf Diessenhofen und der Schilf- und Auenlandschaft am Flussufer entlang fahre. Oberhalb der Stadt Schaffhausen kühlen sich Badende – junge und alte – in der Rhybadi ab.

swissinfo/Rhybadi

Energie und Industrie

Die 1870 aus Holz gebaute Flussbadeanstalt am Rhein wurde 30 Jahre vor dem Schaffhauser Staudamm errichtet. In der Folge wurden allein auf der 165 Kilometer langen Strecke bis nach Basel zehn weitere gebaut.

Oben auf dem begehbaren Beton-Staudamm über dem rauschenden Wasser erklärt mir Samuel Gründler, Fischbiologe und Vorstandsmitglied des Schweizerischen Fischereiverbands, wie dramatisch die Staumauern den Charakter des Flusses auf diesem Abschnitt verändert hätten.

«Die Fische können die Dämme nicht passieren. Die Strömung wird gebremst und die Umwelt verändert sich von einem Fluss- zu einem See-Ökosystem», erklärt er.

Der Geschiebetransport ist stark reduziert und der Lebensraum von Fischen und Kleintieren sehr eingeschränkt worden.

Die Schweizer und die deutschen Behörden haben Massnahmen zur Verbesserung des erodierten Flussbetts und anderer durch die Staudämme verursachten Umweltschäden in Aussicht gestellt. Im März dieses Jahres legte das Bundesamt für Energie einen Masterplan vor, der aufzeigt, wie der Geschiebebetrieb reaktiviert und der Flussabschnitt ökologisch aufgewertet werden könnte.

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Etwas südlich davon verengt sich das Tal. Wo das Wasser des 150 Meter breiten Flusses 23 Meter in die Tiefe stürzt, schiessen Touristen aus allen Lagen Fotos vom mächtigsten Wasserfall Europas.

Von hier weg legt der Rhein zwischen dem Schwarzwald und den Jurahügeln einen gemächlicheren, trägeren Gang ein. Abgesehen von einigen wenigen natürlichen Abschnitten wie den Stromschnellen bei Koblenz fliesst das Wasser des Stroms über weite Strecken erneut im engen, vom Menschen geschaffenen Korsett ab.

Augenfällig wird die gewaltige Energieproduktion am Rhein, als ich das grösste schweizerische Atomkraftwerk Leibstadt und in Laufenburg Swissgrid passiere, die nationale Stromversorgungsgesellschaft. Ein Fünftel der gesamten Stromproduktion der Schweiz fliesst hier vorbei.

Urs Chrétien, Pro Natura

Wenn ich ein Biber wäre, würde ich mich nicht in der Nähe des Chemieriesen BASF niederlassen, aber er hat es getan.

Noch offensichtlicher wird die wirtschaftliche Bedeutung des Rheins, als ich Basel mit seinen Rheinhäfen in Muttenz, Birsfelden und nördlich der Stadt an der französisch-deutschen Grenze erreiche.

Trotz der regen industriellen Aktivitäten schafft es die Natur, hier und dort Fuss zu fassen. Urs Chrétien von der Umweltschutzorganisation Pro Natura zeigt auf einen neuen Biberbau am Flussufer bei Grenzach-Wyhlen in der Nähe von Basel: «Wenn ich ein Biber wäre, würde ich mich nicht in der Nähe des Chemieriesens BASF niederlassen, aber er hat es getan.»

Seit 1956 wird der Biber in der Schweiz langsam wieder heimisch. Im dicht besiedelten Kanton Basel-Landschaft lebt dank der Unterstützung von Organisationen wie Pro Natura ein halbes Dutzend Familien am Rhein und dessen Zuflüssen. Die Umweltschutzkollegen vom WWF erhoffen sich ähnliche Bestrebungen zugunsten eines Comebacks des Lachses im Rhein und in der Aare.

Wieder sauberes Wasser

Rote, gelbe und blaue, wasserdichte, fischförmige Beutel tauchen an der Oberfläche des grau schimmernden Wassers auf und ab. Sie weichen der Fähre aus, ziehen an der ziegelsteinroten Kathedrale vorbei, bevor sie mit ihren Besitzern an den Flusstreppen in Mitten von hunderten sonnenhungrigen Einheimischen auftauchen.

Für viele Basler gehört das Schwimmen im kühlen Rhein und das Herumhängen mit Freunden am sonnigen Flussufer in Kleinbasel während der heissen Sommertage zum beliebten Freizeitvergnügen.

Seit der Einführung der Reinigungs- und Monitoring-Massnahmen in der Folge der Gewässerverschmutzung von 1986 beim Brand des Lagergebäudes des Pharmariesen Sandoz am Flussufer ist das Wasser sauberer geworden. Der Chemieunfall bei Schweizerhalle war eine der grössten Umweltkatastrophen Europas.

Das diskrete, weisse Gebäude in der Nähe des Flusses bei Weil am Rhein nördlich von Basel ist eine von sieben schweizerisch-deutschen Messstationen, welche die Qualität, Temperatur und den Kohlendioxidgehalt des Wassers prüfen.

Paul Svoboda, Experte für Wasserschutz

Es gibt Substanzen, die sich nicht nur verringert haben, sondern überhaupt nicht mehr nachweisbar sind, wie zum Beispiel das Herbizid Atrazin,

Paul Svoboda, Experte für Wasser und Verschmutzungen beim Kanton Basel ist überzeugt, dass sich die Wasserqualität dramatisch verbessert habe. Er zeigt auf eine Tafel mit Diagrammen und Grafiken und meint: «Man sieht es anhand der Messungen. Es gibt Substanzen, die sich nicht nur verringert haben, sondern überhaupt nicht mehr nachweisbar sind, wie zum Beispiel das Herbizid Atrazin, das in Deutschland seit 1991 und in der Schweiz seit 2012 verboten ist.»

Täglich werden Wasserproben entnommen und in ein Labor in Basel geschickt, wo sie anhand eines hochauflösenden Massenspektrometers analysiert werden. Seit Anfang 2012 lassen sich damit täglich mehr als 300 Substanzen überprüfen.

Seit den 1990er-Jahren hat sich der Fokus der Arbeit von Schwermetallen, Nahrungsmitteln und chlorierten Produkten zu Pestiziden, Pharmazeutika, Haushaltschemikalien und anderen Mikroverunreinigungen verschoben.

Die Schweiz sei in diesem Bereich ihren Nachbarstaaten Frankreich und Deutschland einen Schritt voraus, sagt Svoboda. Die Schweizer Behörden wollen zusätzliche Verfahren, wie Ozonisierung und UV-Behandlung, in 100 von 700 ausgewählten Kläranlagen einführen, die bis zu 80 Prozent der Mikroverschmutzungen eliminieren könnten. In diesem Herbst sollte das Parlament die Finanzierung der neuen Massnahmen diskutieren, deren Umsetzung 20 Jahre dauern und 1,2 Milliarden Franken kosten würden.

Der Sandoz-Chemieunfall von 1986 hatte den Rhein rot gefärbt. Heute, an einem sonnigen Sommertag ist das Wasser grünblau. «Es ist sauber genug, um darin zu schwimmen, aber ich würde es nicht trinken», sagt Sara an der Rezeption des Hotels, in dem ich absteige.

Weil die Sonne immer noch strahlt, folge ich ihrem Rat. Mit der Basler Hymne «Ds Basel a mym Rhy» (In Basel an meinem Rhein) im Ohr, an meinen wasserdichten Wickelfisch-Beutel gepresst, in dem sich meine Kleider befinden, und mit fest geschlossenem Mund, springe ich ins kühle Nass.

(Übertragung aus dem Englischen: Peter Siegenthaler)

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