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«Eine Million Views, nur um zu sehen, wie ich einen Raclettekäse schneide»

Claude Luisier bei einem Auftritt im Westschweizer Fernsehen.
Claude Luisier bei einem Auftritt im Westschweizer Fernsehen. RTS

Claude Luisier, ein Käseveredler aus dem Wallis, ist seit kurzem ein echter Star auf sozialen Netzwerken. Auf YouTube, Instagram und vor allem TikTok folgen ihm Millionen von Menschen ‒ zu seiner eigenen Überraschung auch viele Junge.

Der 68-jährige Claude Luisier ist eine Entdeckung in den sozialen Medien geworden. Zunächst war es sein Sohn, der für ihn einen Fuss in die Tür brachte, mit einem als Werbung gedachten Beitrag.

«Am Anfang war es tatsächlich ein kommerzieller Schritt für uns, um unseren Käse besser zu verkaufen», gibt der Walliser aus Leytron in La Matinale gegenüber RTS bereitwillig zu.

Doch angesichts des Erfolgs hat sich das Ziel für den Käser geändert. Er wird seine Keller übrigens an seinen Sohn übergeben, um sich mehr seiner neuen Rolle «als Influencer» zu widmen.

«Nach und nach ging es immer mehr um Kommunikation, darum, dieses Erbe zu bewahren (…), denn die Reifung ist eine Tradition, die verloren geht», erklärt er.

Auf Kriegsfuss mit dem Industriekäse

Der Käser richtet seinen Kampf vor allem gegen den Industriekäse, «der überall die Oberhand gewinnt». Claude Luisier räumt ein, dass dieser notwendig ist, kritisiert aber, dass nicht genug für den Geschmack oder die Textur getan wird.

In vielen seiner Videos spielt er Industriekäse und gereiften Käse gegeneinander aus.

«Der Fall ist schnell erledigt. Das Industrieprodukt hat keine Substanz, ist nicht lebendig usw. Bei der Industrie muss man natürlich vorsichtig sein, denn man muss ja auch Menschen ernähren. Aber ich finde, dass sie sich qualitativ nicht allzu sehr anstrengen. Manchmal muss man sich zum Essen zwingen.»

Und er schiebt nach: «Wenn Sie Milchprodukte brauchen, trinken Sie lieber Milch, als etwas so Geschmackloses zu essen.»

Interesse an den Produkten

Fast 500’000 Abonnent:innen auf YouTube, 549’000 auf Instagram und 1,4 Millionen auf Tiktok. Der Erfolg überrascht Claude Luisier immer wieder, vor allem, weil das Publikum relativ jung ist.

«Vielleicht merken sie, dass es hier etwas zu retten gibt. Auf jeden Fall gibt es ein Interesse an der Geschichte, die ich erzähle, und an den Produkten, die ich verteidige. Sehr oft bedanken sich die Leute bei mir, weil sie etwas gelernt haben», erklärt er.

Für den Käser ist der Erfolg seiner Videos jedoch nicht immer erklärbar. «Manchmal fällt es mir schwer, das zu verstehen (…) eine Million Aufrufe für das Schneiden eines Raclettekäses», sagt er schmunzelnd.

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Mischung aus Geschichte und Praxis

Der Schlüssel zum Erfolg in den sozialen Medien liegt vielleicht in der Vielfalt der Videos von Claude Luisier. Bei einigen kann man eine Technik erlernen, etwas, das auf den ersten Blick einfach erscheint, für das man aber nicht immer den passenden Code hat  z. B. wie man einen riesigen Parmesan öffnet, indem man ihn der Länge nach aufschneidet.

Andere dagegen sind eher theoretischer Natur und gehen in die Geschichte des Käses und seiner Herstellungsgeheimnisse ein, wie kürzlich bei der Mimolette, einem Käse aus gepresstem, ungekochtem Teig und Kuhmilch, der die Besonderheit hat, orange zu sein.

Indem er seine Keller an seinen Sohn übergibt, hofft der Käser, Zeit zu gewinnen, um noch stärker in sozialen Netzwerken präsent zu sein. Er plant insbesondere Reisen durch Europa, immer auf der Suche nach den besten Käsesorten, «eine schöne Aufgabe, aber nicht unbedingt die einfachste», wie er sagt.

Für Oktober ist auch ein Buch geplant, das im Larousse-Verlag erscheinen soll. «Ich bin sehr stolz darauf, denn es wird bleiben. Es wird diese Bewahrung des kulturellen Erbes ermöglichen.»

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