Expo 2020 Dubai: Schweizer Pavillon promotet Nachhaltigkeit und Innovation
Gegenwärtig ist in Dubai die Weltausstellung im Gang. Sie war eigentlich für 2020 geplant. Der Schweizer Pavillon führt in einem Licht- und Schattenspiel durch alpine Landschaften, um die Nachhaltigkeit, Urbanisierung und Innovation der Schweiz zu zeigen. Ein Konzept, das bei den Besucherinnen und Besuchern aus aller Welt Anklang findet – trotz der Pandemie und der vielen Widersprüche, welche die Golfregion kennzeichnen.
Mit einer Investition von 16,5 Millionen Franken war die Schweiz das erste Land, das sich an der Expo 2020 in DubaiExterner Link beteiligte. Diese Investition zahlt sich bereits aus: Trotz der Herausforderungen, welche die Pandemie mit sich bringt, hat der Schweizer PavillonExterner Link bereits zwei Monate nach seiner Eröffnung eine halbe Million Menschen angelockt.
«Der Pavillon ist immer sehr gut besucht. Es ist schön zu sehen, dass er beim Publikum auf so grosses Interesse stösst», freut sich Manuel Salchli, Generalkommissar des Schweizer Pavillons.
Die Expo Dubai will bis zum 31. März voraussichtlich 25 Millionen Besucherinnen und Besucher aus aller Welt anziehen, von denen bisher mehr als 5,6 Millionen registriert wurden.
Für die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ist die Expo eine Gelegenheit, ausländische Unternehmen und Investitionen in ihr Wirtschaftszentrum zu holen. Das Land hat mehr als sechs Milliarden Franken für die Ausstellung ausgegeben.
Die Schweiz hingegen will die Beziehungen zu ihrem wichtigsten Handelspartner im Nahen Osten und Nordafrika pflegen. «Die Teilnahme an der Expo ist eine gute Gelegenheit, die Beziehungen zu den Emiraten und Dubai, aber auch zur gesamten Region zu festigen und zu stärken», sagt Salchli.
SWI swissinfo.ch vor Ort in Dubai!
Als Medienpartner des Schweizer Pavillons war SWI swissinfo.ch vom 14. bis 17. Dezember an der Expo 2020 in Dubai präsent. Unsere Journalistin Sara Ibrahim moderierte auf der Hauptbühne der Expo die Podiumsdiskussion zum Thema «Die Zukunft der beruflichen Grundausbildung»Externer Link, eines der Aushängeschilder des Schweizer Bildungssystems.
Die Aufzeichnung des Livestreams kann unten angeschaut werden.
Ein ehrgeiziges Projekt inmitten der Pandemie
Mit einer Fläche von 438 Hektar ist die Expo 2020 die grösste internationale Veranstaltung seit Beginn der Pandemie und hält bereits jetzt eine Reihe von Rekorden.
Zum ersten Mal findet die Weltausstellung im Nahen Osten statt. In diesem Jahr sind 192 Nationen vertreten – eine Grösse, die nur von Shanghai im Jahr 2010 übertroffen wurde. Und zum ersten Mal in der Geschichte der Expo ist jede Nation mit einem eigenen Pavillon vertreten.
Die Ausstellung konzentriert sich auf drei HauptthemenExterner Link: Nachhaltigkeit im Einklang mit den UNO-Zielen für nachhaltige Entwicklung, intelligente Mobilität und Chancen für eine bessere Zukunft.
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Was sich die Schweiz von der Expo in Dubai verspricht
Der Schweizer Pavillon will «ein emotionales und immersives Erlebnis in drei Akten» bieten, eine Inszenierung, die von der arabischen Wüste über die Schweizer Berge bis zur Stadt der Zukunft reicht.
Die Besuchenden werden zu Protagonistinnen und Protagonisten in einem Spiel aus Spiegeln, Farben und sanftem Licht, das von alpinem Nebel verdeckt wird, um dann in einer innovativen und nachhaltigen städtischen Umgebung wieder aufzutauchen.
«Gerade in diesen Zeiten, wo so viele Menschen wegen der Pandemie am Computer sitzen, dürstet es uns nach solchen emotionalen Erfahrungen. Das ist das Angebot des Schweizer Pavillons und einer der Gründe für seinen Erfolg», sagt Salchli.
Bisher war der Schweizer Pavillon einer der meistbesuchten Pavillons, zusammen mit jenen von Pakistan, Indien, Italien und Saudi-Arabien. Letzterer hat kürzlich bereits die Millionengrenze gesprengt.
Der letzte Teil des Pavillons beherbergt eine Wechselausstellung, die wöchentlich einem anderen Expo-Thema gewidmetExterner Link ist – von Weltraumforschung und Klima bis hin zu Stadtentwicklung und Integration. Der Pavillon wird von Unternehmen wie Schindler, Roche, Novartis und Nestlé gesponsert.
Nachhaltigkeit, im Weltraum wie auf der Erde
Der Pavillon stellt speziell die Innovationskraft der Schweiz ins Schaufenster. Wie viele andere Länder auch, legt die Alpennation grossen Wert auf Nachhaltigkeit, dem Hauptthema der Expo. «Die Schweiz ist überzeugt, dass Innovation eine Schlüsselrolle bei der Förderung der nachhaltigen Entwicklung spielt. Als Innovations- und Recyclingführerin wollen wir Best Practices diskutieren und austauschen», sagt Salchli.
Eines der interessantesten Schweizer Projekte, die auf der Expo vorgestellt werden, ist «ClearSpace»: Das Startup-Unternehmen der Eidgenössischen Technischen Hochschule LausanneExterner Link (EPFL) will ein effizientes und kostengünstiges System zur Beseitigung der 3000 grösseren in der Erdumlaufbahn verstreuten Weltraum-Schrottteile entwickeln.
Es handelt sich um eine der Vorzeigetechnologien der EPFL. Sie wurde im Auftrag und mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) entwickelt. Diese hat die Technologie für die erste Mission zur Abfallbeseitigung im Weltraum ausgewählt.
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Die nächste Expo will sich vom Grössenwahn verabschieden
Erwähnenswert ist auch das Projekt PlasticycleExterner Link, das von einer Gruppe libanesischer Studierender durchgeführt wurde. Sie haben damit den Wettbewerb «Swiss – Middle East Circular Economy for Youth Initiative»Externer Link gewonnen.
Die Idee ist, eine nachhaltige Lösung für das Recycling von Plastiktüten im Libanon zu schaffen, indem diese in rezyklierte Pellets umgewandelt werden. Das Projekt wird mit Hilfe von Mentoren und Professorinnen von Schweizer Universitäten durchgeführt.
«Es war spannend, zu sehen, wie sich diese vielversprechenden jungen Leute für ihr wirklich aussergewöhnliches Projekt engagierten und den Wettbewerb gewannen», sagt Dante Larini, Projektleiter bei SwissnexExterner Link, dem Schweizer Netzwerk von Aussenstellen für Bildung, Forschung, Innovation und Kunst. Dieses betreibt mit mobiler Präsenz den Pavillon zusammen mit Präsenz SchweizExterner Link.
VAE: Nachhaltigkeit und Menschenrechten in Frage gestellt
Die Expo ist jedoch auch Gegenstand zahlreicher Kontroversen. Eine davon betrifft den ökologischen Fussabdruck eines Ereignisses dieser Grössenordnung in einem Land, das eine der höchsten Pro-Kopf-Emissionsraten der Welt aufweist – noch vor Australien und den Vereinigten Staaten – und stark von Öl- und Gasexporten abhängig ist, die 30% des Brutto-InlandproduktsExterner Link ausmachen.
«Aus meiner Sicht ist es keine Nullsummen-Rechnung», sagt Salchli.. «Um unsere Zukunft nachhaltig zu gestalten und gemeinsame Lösungen zu finden, brauchen wir Plattformen, auf denen wir uns treffen und Ideen austauschen können. Die Expo ist dafür die ideale Veranstaltung, weil sie Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zusammenbringt.»
Um ein deutliches Zeichen in Richtung Nachhaltigkeit zu setzen und ihre Umweltauswirkungen zu verringern, haben die Vereinigten Arabischen Emirate einen Investitionsplan mit dem Ziel aufgelegt, bis 2050 Null Emissionen zu erreichen.
Auch in Bezug auf die Menschenrechte ist die Situation in der Region besorgniserregend. Kurz vor der Eröffnung der Expo prangerte das Europäische Parlament die schweren Menschenrechts-Verletzungen in den Emiraten anExterner Link und forderte seine Mitgliedstaaten auf, die Veranstaltung zu boykottieren.
Ein Aufruf, dem niemand gefolgt ist. «Wie bei anderen Grossveranstaltungen setzt sich die Schweiz für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte durch Dialog statt durch Boykott ein», schreibt Léa Zürcher, Sprecherin der Schweizer Botschaft in Abu Dhabi, in einer E-Mail.
Und dann ist da noch das Problem der ausgebeuteten ausländischen Arbeitskräfte in den Golfstaaten. Laut einer Untersuchung des GuardianExterner Link litten die Bauarbeiter der Expo 2020 in Dubai bei ihrer Arbeit auf den Baustellen wahrscheinlich unter gefährlichem Hitzestress.
Auf Nachfrage erklärte die Schweizer Botschaft, sie habe die Einhaltung der Einstellungs- und Lohnstandards bei ihren Haupt- und Subunternehmern stets gefordert und kontrolliert. «Aus diesem Grund hat [die Botschaft] im Dezember 2019 und im März 2020 Inspektionen auf der Baustelle der Schweiz sowie bei den Unterkünften der von unseren Auftragnehmern beschäftigten Arbeiter durchgeführt», schreibt Zürcher.
Im Oktober hatte die Expo die Zahl der Todesfälle unter den Arbeitnehmenden auf insgesamt sechs beziffertExterner Link (von etwa 200’000 Beschäftigten), darunter Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 und der Arbeit auf Baustellen. Die Organisation weigert sich jedoch zu sagen, ob es Todesfälle gab, die auf andere Ursachen zurückzuführen sind.
(Übertragung aus dem Italienischen: Christian Raaflaub)
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