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Federer & Co. laden zum Tennis-Fest nach Bern

Völlig entspannt: Roger Federer bei einer Trainingspause in Bern, beobachtet von Eishockeyspielern des SC Bern. freshfocus

Die Davis-Cup-Affiche kommt nüchtern daher: Am Wochenende trifft die Schweiz in Bern auf Portugal. Roger Federer und Stanislas Wawrinka aber bringen nicht nur Spitzentennis mit, sondern auch den Glamour von 16 Grand-Slam-Siegen und Olympiagold.

Gäbe es eine Umfrage darüber, wer der beste Botschafter der Schweiz in der Welt sei, stünde Tennis-Champion Roger Federer als Gewinner fest: Zwar ist er in der Weltrangliste auf Rang drei abgerutscht, aber niemand hat mehr Grand-Slam-Titel gewonnen als der 29-jährige Baselbieter. Und als komplettester Spieler der Geschichte hat er das Herrentennis in eine neue Ära geführt.

Trotz des Erfolgs auf dem Court, den Preisgeld-Millionen und Ruhm und Rummel ist Federer stets auf dem Boden geblieben: ruhig und umgänglich, ein Star ohne Macken, Geschichten oder Exzesse.

Wenn da nur eines nicht wäre: Die Fans in der Schweiz kriegen «King Roger» praktisch nur am Bildschirm zu sehen. Ausnahme ist im Spätherbst jeweils der Auftritt an seinem «Heimturnier», den Swiss Indoors in Basel.

Der Davis Cup, der wichtigste Wettbewerb für Nationalmannschaften im Herren-Tennis, schafft am nächsten Wochenende nun eine der raren Gelegenheiten, an denen das Schweizer Publikum seinem Racket-König huldigen kann.

Klare Favoriten

In den Genuss der besonderen Atmosphäre in Bern kommt auch Stanislas Wawrinka. Die aktuelle Nummer 14 der Weltrangliste war der Partner Federers beim Olympiasieg 2008 in Peking im Tennis-Doppel. Marco Chiudinelli und Stéphane Bohli komplettieren beim Heimauftritt das Schweizer Team, das an der Seitenlinie von Captain Severin Lüthi geleitet wird.

Sportlich gesehen sind die Rollen klar verteilt: Die Platzherren um das Gold-Duo sollten gegen die Gäste aus Portugal leichtes Spiel haben. Deren Team-Leader Frederico Gil und Rui Machado liegen im ATP-Ranking lediglich auf den Plätzen 91 resp. 98.

Obwohl die Kräfteverhältnisse klar zugunsten des Heimteams sprechen, warnte Rogerer Federer davor, die Portugiesen zu unterschätzen. «Weil aber ihre Stärken auf Sand liegen, bedeutet der Hartbelag für uns ein Vorteil», sagte der Teamleader gegenüber swissinfo.ch. Weiteres Plus sei die Unterstützung durch das Heimpublikum.

Von der Eis- zur Tennis-Arena 

Um dem seltenen Anlass den würdigen Rahmen zu verleihen, haben die Organisatoren die PostFinance Arena in einen Tennis-Tempel verwandelt: Statt mit einer Eisfläche wie im Winter ist der Boden des Stadions mit einem Hartbelag in Grün und Hellblau belegt. Dieser macht das Spiel schnell und attraktiv. Das Fassungsvermögen des Eishockey-Stadions wurde für die Davis-Cup-Partie von 17’000 auf 8000 Plätze verringert.

Veranstalter der Begegung in Bern ist Swiss Tennis. Der Verband rechnet bei einem Budget von zwei Mio. Franken mit einem Reingewinn von knapp 250’000 Franken.

Aber auch mit dieser Reduktion um gut die Hälfte wird es am Wochenende in der Halle ganz schön laut werden. Zumindest an den beiden ersten Tagen: Während am Freitag die beiden Eröffnungs-Einzel gespielt werden, kann das Doppel vom Samstag die Begegnung bereits entscheiden. Dann nämlich, wenn die Schweizer Equipe mit 3:0 Siegen in Front liegt. Dann würden die beiden abschliessenden Einzel vom Sonntag zu reinen Pflichtübungen. Gleiches gilt selbstverständlich für die Portugiesen, wenn auch mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeits-Quote.

Sportfans als Wirtschaftsfaktor

Der Tennis-Leckerbissen bringt aber nicht nur Federer und den Glamour eines globalen Superstars in die Bundesstadt, sondern dem Sommergeschäft an der Aare eine willkommene, zusätzliche Umsatz-Spitze.

Laut Stadtpräsident Alexander Tschäppät unterstützt Bern den Anlass mit 50’000 bis 60’000 Franken. Dies scheint ein vergleichsweise bescheidener Betrag zu sein im Vergleich mit den Summen, welche die Tennis-Fans für Übernachtungen und Einkäufe ausgeben werden.

Besucher von sportlichen Grossanlässen stellen einen nicht zu verachtenden Wirtschaftsfaktor dar. Das unterstreicht einerseits der harte Konkurrenzkampf um die Austragung der Davis-Cup-Partie: Nicht weniger als 16 Standorte hatten sich um den Auftritt von Federer & Co bemüht.

Andere Bewerber wie etwa Zermatt hatten ein deutlich höheres finanzielles Engagement als dasjenige der Berner in Aussicht gestellt.

Für die Bundesstadt sprach aber unter anderem die grosse Erfahrung mit der Veranstaltung von sportlichen Grossanlässen: 2008 war Bern Austragungsort der Fussball-Europameisterschaft, 2009 trugen die Eishockeyaner die Weltmeisterschaft aus. Im selben Jahr liessen die Schwergewichtsboxer Vitali Klitschko und Kevin Johnson in der PostFinance Arena ihre Fäuste sprechen, während Anfang dieses Jahres Sarah Meier an gleicher Stätte vor verzücktem Heimpublikum Eiskunstlauf-Europameisterin wurde.

Gegen Langlauf und Velo

Den Berner Stadtbehörden geht es aber nicht um jeden Preis um Promotion durch Sportanlässe. Das Gastspiel der Langlauf-Sprinter in den Gassen der Berner Altstadt vom Dezember 2004 blieb einmalig. Dies obwohl der Weltcup-Anlass vor der Münster- und Bundeshauskulisse telegen in fast alle Welt übertragen worden war.

Und jüngst gab die Stadtregierung auch den Velorennfahrern einen Korb: Bern ist nicht mehr Start oder Ziel einer Etappe der Tour de Suisse, lautet ein Entscheid vom Mai.

Im Vorfeld der Davis-Cup-Partie haben in der PostFinance Arena schon jeweils über 1000 Fans Roger Federer, Stanislas Wawrinka & Co. zugeschaut, wie sie sich mit der Unterlage vertraut machten.

Noch bis Donnerstagabend findet auf dem Bundesplatz ein Tennisfest statt, an dem Besucher das Schweizer Team hautnah erleben können.

Den Davis-Cup-Auftritt Federers in Bern wollen sich auch zahlreiche Prominente aus Sport und Politik nicht entgehen lassen.

Erwartet werden u.a. NHL-Star Mark Streit, Basketballprofi Thabo Sefolosha aus der NBA, Abfahrts-Olympiasieger Didier Défago und Sportminister Ueli Maurer.

Freitag, 8. Juli Einzel: Wawrinka – Gil  (Beginn 13 Uhr), danach Federer – Machado.

Samstag, 9. Juli Doppel: Federer/Wawrinka – Gil/Tavares(12 Uhr).

Sonntag, 10. Juli Einzel: Federer – Gil (12 Uhr), danach Wawrinka – Machado.

Die Selektion der Schweizer Equipe wurde von Coach Severin Lüthi vorgenommen.

Die Schweiz war im September 2010 von der Weltgruppe im Davis Cup in die untere Liga abgestiegen.

Bei der schmerzlichen Niederlage gegen Kasachstan hatte Roger Federer gefehlt, weil er sich ausgelaugt gefühlt hatte.

2010 war das erste Jahr seit seiner Davis-Cup-Premiere 1999, in dem das Aushängeschild seinem Team eine Absage erteilte.

Siegt die Schweiz in Bern gegen Portugal, muss sie ein Barrage-Spiel gewinnen, um wieder in die Weltgruppe aufzusteigen.

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