Mutmassliche Unterstützer der Tamil Tigers vor Schweizer Gericht
13 Personen werden beschuldigt, mehr als 15 Millionen Schweizer Franken an die sri-lankische Separatistengruppe Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) transferiert zu haben. Heute beginnt der Prozess vor dem Schweizerischen Bundesstrafgericht.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
5 Minuten
Der Indien-Spezialist von swissinfo.ch deckt eine breite Palette von Themen ab, von bilateralen Beziehungen bis zu Bollywood. Er kennt sich auch mit der Schweizer Uhrmacherkunst aus und hat eine Vorliebe für die französischsprachige Schweiz.
Die Angeklagten kommen aus der Schweiz, Deutschland und Sri Lanka. Einige von ihnen sind ehemalige Mitglieder des World Tamil Coordinating Committee (WTCC), das die Befreiungsfront der Tamil Tigers bis 2009 in der Schweiz vertrat, darunter der Gründer des Komitees, dessen Stellvertreter und der Finanzverantwortliche.
Zwischen 1999 und 2009 haben sie angeblich eine komplexe Fundraising-Struktur geschaffen, bei der Mitglieder der tamilischen Diaspora dazu gebracht wurden, bei Banken Kredite aufzunehmen. Um höhere Kredite aufnehmen zu können, soll das WTCC im Namen der Kreditnehmer fiktive Unternehmen gegründet und gefälschte Lohnausweise ausgestellt haben.
Die 13 Angeklagten müssen sich wegen Betrugs, Falschbeurkundung, Geldwäscherei und Erpressung verantworten. Weil die LTTE in der Schweiz im Unterschied zum IS oder Al-Kaida nie als Terrororganisation eingestuft wurde, werden die Beschuldigten nicht wegen Finanzierung einer Terrororganisation angeklagt, sondern wegen Unterstützung einer kriminellen Organisation.
Externer Inhalt
Freiheitskampf oder kriminelle Handlung?
«Die Bundesanwaltschaft vermutet stark, dass die LTTE-Fraktion, gegen die ermittelt wird, das Geld durch Drohungen gegenüber Mitgliedern der tamilischen Gemeinschaft beschafft hat, oder zumindest ein Angstregime aufgebaut hat, damit sie die Zahlungen leisten», heisst es in einem früheren GerichtsurteilExterner Link.
Kuriere brachten die Schweizer Gelder in bar nach Singapur und Dubai; später gelangte das Geld zu den Tamil Tigers in Sri Lanka, die damit angeblich Waffen kauften. Dieses Finanzierungssystem brach 2009 zusammen, nachdem die sri-lankischen Regierungstruppen die Tamil Tigers militärisch besiegt hatten.
Mehr
Mehr
Tamil Tigers erneut im Fokus der Schweizer Justiz
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Es war eine konzertierte Aktion: Die Bundeskriminalpolizei (BKP) nahm am Dienstag in zehn Kantonen zehn Mitglieder der Tamil Tigers fest und durchsuchte 23 Räumlichkeiten. Die Bundesanwaltschaft, in deren Auftrag die BKP handelte, wirft den Festgenommenen Drohung, Erpressung, Urkundenfälschung, Geldwäscherei sowie Zugehörigkeit und Unterstützung einer kriminellen Organisation vor. Dass Tamil Tigers in der Schweiz von ihren…
«Ich finde nicht, dass die 13 Personen angeklagt werden sollten, denn die LTTE kämpfte für die Freiheit und Selbstbestimmung der Tamilen, was kein Verbrechen ist. Es braucht zwei Parteien für einen Krieg, und die Schweiz sollte die Kriegsverbrechen der sri-lankischen Regierungstruppen ebenfalls untersuchen», sagte Anna Annor, Präsidentin des Schweizerischen Volksrats der Eelam-Tamilen, am Donnerstag gegenüber swissinfo.ch.
Langer Prozess
Der Prozess wurde bereits 2009 in die Wege geleitet, als die Bundesanwaltschaft eine Untersuchung gegen Unbekannt wegen Erpressung, Nötigung, Geldwäscherei und organisierter Kriminalität einleitete.
2011 führte eine breite verdeckte Ermittlung in mehreren Schweizer Kantonen zur Verhaftung mehrerer Personen, die allerdings innerhalb von zwei Monaten wieder freigelassen wurden. Ein Jahr später reiste eine Delegation der Bundesanwaltschaft und des Bundesamts für Polizei nach Sri Lanka, um rund 15 Zeugen zu befragen.
«Etwa 80% der in der Schweiz lebenden Tamilen haben damals Zahlungen an die LTTE geleistet, um sie im Kampf gegen den Genozid zu unterstützen. Das macht die Tamilen nicht zu Unterstützern von Terrorismus», sagt Kuruparan Kurusamy, ehemaliger Präsident des Schweizerischen Volksrats der Eelam-Tamilen.
135 Kredite auf einen Namen
Die Gerichtsverhandlung war ursprünglich auf Juni 2017 angesetzt. Allerdings verzögerte sich das Verfahren, als der Anwalt eines der Angeklagten verlangte, dass eine an den Finanztransaktionen beteiligte Bank ebenfalls als Angeklagte aufgeführt werden solle. Laut Kurusamy handelte es sich bei der fraglichen Bank um die Schweizer Grossbank Credit Suisse. Er behauptet, sie habe einem in Deutschland wohnhaften sri-lankischen Staatsbürger 135 Kredite gewährt. Die Tageszeitung Le Temps berichtet, dass die Bank Now, eine Tochtergesellschaft der Credit Suisse Group, 182 Personen Kredite zu einem Zinssatz von 12% gewährt habe.
Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts lehnte die Beschwerde des Angeklagten ab, so dass der Prozess fortgesetzt werden konnte. Ein Urteil wird Mitte März erwartet.
Mehr
Mehr
In der Heimat ihrer Kinder – Tamilen in der Schweiz
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
«Tamilen sind die beliebtesten Ausländer», «Tamilen sind sehr gut integriert» – solche Sätze bekam die Fotografin Vera Markus aus Zürich immer wieder zu hören. Die negativen Schlagzeilen aus den 1980er-Jahren waren verschwunden. In ihrem Wohnquartier lebten viele tamilische Flüchtlinge aus Sri Lanka. Persönliche Berührungspunkte gab es keine, aber die Neugier der Fotografin war geweckt. Zwischen…
Es leben etwa 50’000 aus Sri Lanka stammende Menschen in der Schweiz, vor allem Tamilen, die vor dem 30 Jahre dauernden Bürgerkrieg geflohen sind. Der Krieg endete 2009. Viele sri-lankische Flüchtlinge beantragten die Schweizer Bürgerschaft, so dass 2016 noch etwas mehr als 28’000 Menschen mit sri-lankischer Bürgerschaft in der Schweiz wohnten. 2016 kündigte die Schweizer Regierung an, bei der Anerkennung sri-lankischer Bürger als Flüchtlinge zukünftig strengere Regeln anzuwenden.
Übertragung aus dem Englischen: Sibilla Bondolfi
Beliebte Artikel
Mehr
Bundespolitik
Schweizer Stimmbevölkerung könnte Autobahnausbau ablehnen
Wie kann die Monopolisierung der KI durch mächtige Länder und Unternehmen verhindert werden?
KI hat das Potenzial, viele Probleme der Welt zu lösen. Aber die reichsten Länder und Technologieunternehmen könnten versuchen, diese Vorteile zu beanspruchen.
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch
Mehr lesen
Mehr
Wenn die erzwungene Rückkehr zum Albtraum wird
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Vor kurzem hat die Schweiz zwei tamilische Asylsuchende nach Sri Lanka zurückgeschafft. Dort wurden sie prompt verhaftet und landeten im Gefängnis, wie das Bundesamt für Migration (BFM) Anfang September publik machte. Die Gründe für die Inhaftierungen sind nicht bekannt. Gemäss BFM ist ebenfalls nicht bekannt, ob die beiden Tamilen misshandelt wurden. Nichts desto trotz erntete…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Seit 2011 führen Südafrika und Organisationen der Zivilgesellschaft in Sri-Lanka Friedensgespräche zwischen den Tamil Tigers und der Regierung durch. Ziel ist es, nach dem Ende der 30 Jahre dauernden Kriege einen stabilen Frieden zu erreichen. Behördenvertreter Sri Lankas und Südafrikas haben sich im vergangenen Jahr gegenseitig besucht. Anfang Februar reiste zudem eine Delegation der Tamil…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Trotz bestehender Menschenrechtsprobleme ist die Lage laut dem Bundesverwaltungs-Gericht sicher genug, um Asylbewerber nach Sri Lanka zurückzuschicken, ausgenommen in ein Gebiet im Norden des Inselstaats. Der Gerichtsentscheid hat bereits hohe Wellen geworfen: So findet ihn die Schweizerische Flüchtlingshilfe «verfrüht», weil die Lage in Sri Lanka nach wie vor unstabil sei. Auch die Gesellschaft für bedrohte Völker…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Es war eine konzertierte Aktion: Die Bundeskriminalpolizei (BKP) nahm am Dienstag in zehn Kantonen zehn Mitglieder der Tamil Tigers fest und durchsuchte 23 Räumlichkeiten. Die Bundesanwaltschaft, in deren Auftrag die BKP handelte, wirft den Festgenommenen Drohung, Erpressung, Urkundenfälschung, Geldwäscherei sowie Zugehörigkeit und Unterstützung einer kriminellen Organisation vor. Dass Tamil Tigers in der Schweiz von ihren…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Laut dem IKRK sind insgesamt fast 300’000 Tamilen in beengten Verhältnissen in Flüchtlingslagern im Norden Sri Lankas untergebracht, nachdem sie aus ihren Häusern vertrieben worden waren. Derzeit reiche die humanitäre Hilfe nicht aus, um die Bedürfnisse aller zu decken, sagte Kellenberger vor den Medien in Genf. Er zeigte sich vor allem besorgt wegen des Mangels…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Viele in der Schweiz lebende Tamilen haben Verwandte im Norden Sri Lankas. Es kamen bereits Befürchtungen auf, dass für diese eine Flucht nicht möglich sein wird. Sri Lankas Präsident Mahinda Rajapaksa erklärte am Dienstag, das Land sei nach 26-jährigem Krieg zwischen den Regierungstruppen und den Rebellen jetzt von den Tamil Tigers (LTTE) «befreit». Am Tag…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Auch wenn die Tamilen zu Beginn auf Ablehnung stiessen, werden sie heute als gut angepasst eingestuft. Voll integriert sind sie aber nicht. 1983 begann der Kampf der Tamil Tigers um einen separaten Tamilien-Staat in Sri Lanka. Sie warfen der singhalesischen Mehrheit im Land Diskriminierung vor. Der Konflikt eskalierte und viele Tamilen flohen nach Europa und…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Vor den Treffen leitete Calmy-Rey die Konferenz der Schweizer Botschafter in Asien. Die Schweiz sei in dem südlich von Indien gelegenen Inselstaat seit einigen Jahren sehr aktiv, sagte Calmy-Rey am Donnerstag, einen Tag vor ihrer Abreise. Im laufenden Jahr unterstütze das Land in Sri Lanka Projekte mit rund acht Mio. Franken und habe sich zudem…
Ihr Abonnement konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Fast fertig... Wir müssen Ihre E-Mail-Adresse bestätigen. Um den Anmeldeprozess zu beenden, klicken Sie bitte den Link in der E-Mail an, die wir Ihnen geschickt haben.
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch