Die Schweiz soll vorwärts machen und die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare einführen. Auch sollen diese Kinder adoptieren können. Dies schlägt die Rechtskommission des Nationalrats vor, die Grosse Kammer des Schweizerischen Parlaments.
Heiraten, wen man will, unbesehen vom Geschlecht: Dies soll in der Schweiz bald möglich sein. Damit wären Schwule und Lesben den Heterosexuellen weitestgehend gleichgestellt.
Heute haben Schwule und Lesben die Möglichkeit zur eingetragenen Partnerschaft. Darin ist ihnen die Adoption von Kindern nicht erlaubt.
Allerdings machten die Mitglieder des vorberatenden Parlamentsausschusses einen Vorbehalt: Sie nahmen die Samenspende für lesbische Paare raus aus dem Gesetz und wollen diese erst noch zur Diskussion stellen.
Eine Samenspende ist aktuell nur gemischt-geschlechtlichen Ehepaaren erlaubt. Die Kommission schlug vor, das schweizerische Zivilgesetzbuch zu ändern, um die Samenspende verheirateten lesbischen Paaren zu ermöglichen.
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Schweiz führte vor zehn Jahren eingetragene Partnerschaft ein
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Florent Jouinot von der Waadtländer Vereinigung für homosexuelle Personen (VoGay) glaubt, die eingetragene Partnerschaft werde stigmatisiert, weil solche Paare nicht selber entscheiden können, ob ihr Zivilstand offengelegt wird oder nicht. «Wenn man auf Job- oder Wohnungssuche ist oder Steuern zahlt, muss man den Zivilstand angeben. Und da eingetragene Partnerschaften nur für Homosexuelle existieren, kann das…
Kritiker befürchten, dass die Frage um die Einführung der Homo-Ehe von der Debatte über die Samenspende überschattet werden könnte.
Positive Reaktionen
Mit ihrem Entscheid hat die Kommission ein vorwiegend positives Echo ausgelöst. Roman Heggli, Direktor von Pink CrossExterner Link, dem Dachverband schwuler und bisexueller Männer, sagte gegenüber dem Schweizer Fernsehen (SRF), es sei an der Zeit, dass die Schweiz die gleichgeschlechtliche Ehe erlaube.
Den Entscheid der Kommission wertet er als «Teilerfolg». Heggli hätte es begrüsst, wenn die Samenspende im Gesetz drin gestanden hätte. Der Aktivist zeigte sich jedoch erfreut darüber, dass der Ausschuss die Wichtigkeit der Ehe- und Spendenproblematik für gleichgeschlechtliche Paare erkannt habe.
Die Kommission erntete auch das Lob der Neuen Zürcher Zeitung. «Die Öffnung der Ehe für schwule und lesbische Paare ist überfällig», titelte die NZZ ihren Kommentar. Damit würde ein Grundrecht verwirklicht. Denn laut Bundesverfassung haben alle Schweizerinnen und Schweizer das Recht auf Ehe und Familie. Und die Bundesverfassung sage auch: Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich.
Der zweite Schritt zur Gleichstellung
Die wichtige Weichenstellung der Parlamentskommission kommt zu einer Zeit, in der die öffentliche Unterstützung für homosexuelle Ehen zunimmt. Sieben von zehn Menschen in der Schweiz sind der Meinung, dass schwule und lesbische Paare heiraten können sollten. Dies ergab eine Umfrage von 2016.
2005 sagte das Schweizer Volk an der Urne Ja, dass gleichgeschlechtliche Paare eine eingetragene Partnerschaft eingehen können. Dieser «Zwischenschritt» trat 2007 in Kraft. Die zivilrechtlich registrierte Lebenspartnerschaft ähnelt der Ehe, wobei schwule und lesbische Paare die gleichen Renten-, Erbschafts- und Steuerrechte und -pflichten erhalten. Allerdings wird ihnen darin das Recht auf Adoption von Kindern weiterhin verweigert. Ebenso wie das erleichterte Antragsverfahren für ausländische Partner auf die Schweizer Staatsbürgerschaft.
Andere Länder Europas sind der Schweiz punkto gleichgeschlechtlicher Ehe voraus. Diese ist in Frankreich, Deutschland, Österreich, Grossbritannien, Irland, Spanien und den skandinavischen Ländern bereits Tatsache. Nachbar Italien kennt wie Schweiz die eingetragene Partnerschaft.
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