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Glückskette feiert 75 Jahre Schweizer Solidarität

Bundesrätin Simonetta Sommaruga nimmt bei einer Spendenaktion der Glückskette telefonisch Zusagen entgegen
Bundesrätin Simonetta Sommaruga nimmt bei einer Spendenaktion der Glückskette 2015 telefonisch Zusagen entgegen. Keystone / Walter Bieri

In dem Dreiviertel-Jahrhundert ihres Bestehens hat sich die Glückskette zu einer der wichtigsten Finanzierungsquellen der humanitären Hilfe in der Schweiz entwickelt. Bis heute hat der "humanitäre Arm" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fast zwei Milliarden Franken gesammelt. Ein Blick zurück.

Die GlücksketteExterner Link ist eines der bekanntesten Hilfswerke der Schweiz. Im September feiert sie ihr 75-jähriges Bestehen. Das Jubiläum wird im Dezember mit einer speziellen Spendenwoche für Kinder in Not begangen.

Ihre Geschichte beginnt 1946 in Lausanne (Kanton Waadt). Am Ende des Zweiten Weltkriegs lebt ein grosser Teil der Schweizer Bevölkerung in Armut. Es ist nicht ungewöhnlich, alleinstehende Mütter zu sehen, die mit ein paar hundert Franken im Monat um den Unterhalt ihrer Kinder kämpfen.

Zwei Moderatoren des öffentlich-rechtlichen Westschweizer Radios (damals Radio Sottens, heute Radio Télévision Suisse RTS), Roger Nordmann und Jack Rollan, haben die Idee, gemeinsam mit ihrer Hörerschaft einen Solidaritätssender zu gründen, um die vom Krieg Betroffenen zu unterstützen.

Der erste Spendenaufruf wird am 26. September 1946 ausgestrahlt und später zu einer wöchentlichen Sendung mit dem Namen «La Chaîne du Bonheur» umgewandelt. Deren Ziel ist es, nach dem Prinzip des Kettenbriefs humanitäre Hilfe zu sammeln. Eine der ersten Aktionen der Glückskette ermöglicht zum Beispiel britischen Kriegswaisen einen Ferienaufenthalt in der Schweiz.

Anfangs handelt es sich hauptsächlich um Sachspenden (Bücher, Schuhe, Matratzen, warme Kleidung usw.). Das Lausanner Atelier wird regelmässig von Kisten mit verschiedensten Gütern überschwemmt, die das Schweizerische Rote Kreuz weiterverteilt, die erste Partnerorganisation der Glückskette.

Die Idee aus der Westschweiz verbreitet sich schon bald in der Deutschschweiz (mit der «Glückskette» ab 1947) und im Tessin («La buona azione» beginnt 1948 und wird später zur «Catena della Solidarietà»). Die erste landesweite Sammlung kommt Soldaten zugute, die an den schweren Folgen einer versehentlichen Kühlöl-Vergiftung leiden.

Von 1948 bis 1968 arbeitet die Organisation mit Medien aus den Nachbarländern der Schweiz zusammen. Das trägt dazu bei, den Aktionen eine europäische Dimension zu verleihen.

Im Jahr 1954 wird die wöchentliche Radiosendung eingestellt, aber in den folgenden Jahren geht die Glückskette wieder auf Sendung, sobald die aktuellen Ereignisse es erfordern.

Die Glückskette gehört seit 37 Jahren zur Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG SSR), dem öffentlich-rechtlichen Schweizer Rundfunk, dem auch SWI swissinfo.ch angehört.

1983 wurde die Glückskette aufgrund der zunehmenden Fundraising-Aktivitäten und der Professionalisierung ihrer Tätigkeit in eine unabhängige Stiftung umgewandelt.

Sie ist jedoch nach wie vor sehr eng mit der SRG SSR verbunden und ist deren «humanitärer Arm», wie es heisst.

Der Stiftungsrat besteht aus fünf Mitgliedern aus den Reihen der SRG SSR und wird aktuell von RTS-Direktor Pascal Crittin präsidiert. Auf operativer Ebene vermittelt die SRG SSR die Kampagnen der Glückskette über ihre verschiedenen Kanäle und Plattformen.

Mehr als 5000 Projekte in der Schweiz und im Ausland

Im Lauf der Jahre hat die Glückskette ihr Tätigkeitsspektrum erweitert. Eine ihrer Prioritäten ist die Hilfe für bedürftige Menschen in der Schweiz, speziell für Kinder. Ihre Spendenkampagnen konzentrieren sich aber auch auf den Wiederaufbau nach Naturkatastrophen und die Unterstützung der Opfer von Konflikten und Krankheiten in vielen Teilen der Welt.

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Die grösste Sammlung in der Geschichte der Stiftung findet 2004/2005 nach dem Tsunami in Südostasien statt: Insgesamt kommen 227 Millionen Franken zusammen. In der Schweiz wird eine der wichtigsten Aktionen im Jahr 2000 nach den heftigen Unwettern im Dorf Gondo im Wallis organisiert, bei der 74 Millionen Franken zur Unterstützung der Opfer gesammelt werden.

Eines der jüngsten Beispiele ist die Sammlung Coronavirus Schweiz, im letzten Jahr als Reaktion auf die Pandemie eingerichtet. Sie hat bisher fast 43,5 Millionen Franken zusammengebracht und über 1,7 Millionen Menschen unterstützt.

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Laut Angaben der Organisation haben durch das internationale Gegenstück dieser speziellen Covid-Aktion sechs Millionen Menschen in 17 Ländern, die von der Gesundheitskrise betroffen sind, Unterstützung erhalten.

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Die Glückskette verteilt die gesammelten Spenden an ihre 24 PartnerorganisationenExterner Link vor Ort (u.a. Ärzte ohne Grenzen, Helvetas, Rotes Kreuz und Caritas) und verspricht Transparenz bei der Verwendung der Gelder.

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Wie spenden?

Spenden können direkt online auf der Website der GlücksketteExterner Link oder auf das Postkonto 10-15000-6 getätigt werden. Die Spenden können für eine der laufenden Kampagnen (z.B. Afghanistan, Erdbeben in Haiti oder Coronavirus) bestimmt werden, oder Sie können die Organisation entscheiden lassen, wo die Mittel am nützlichsten sind.

Seit ihrer Gründung vor 75 Jahren hat die Glückskette in rund 260 Spendenaktionen 1,9 Milliarden Franken gesammelt und ist damit die grösste Spenderin der humanitären Hilfe. Nach Angaben der Glückskette wurden mit diesen Geldern rund 5100 Projekte unterstützt.

Eine «fantastische» und sogar «einzigartige» Unterstützung, sagt der Präsident und Direktor von RTS, Pascal Crittin. «Gemeinsam symbolisieren wir die Solidarität der Schweiz.»

Die nächste Veranstaltung ist die Jubiläums-Spendenaktion vom 12. bis 17. Dezember in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG SSR), zu der auch SWI swissinfo.ch gehört.

Im Mittelpunkt stehen Kinder in Not in der Schweiz und in der Welt, sagt Catherine Baud-Lavigne, stellvertretende Direktorin der Glückskette: «Die Solidarität mit den Kindern ist eine wesentliche Voraussetzung für die Verbesserung ihrer Zukunft, oft ist sie sogar überlebenswichtig.»

Die Glückskette führt in Zusammenarbeit mit dem Sotomo-Institut und mit Unterstützung der SRG SSR eine Umfrage zur Solidarität in der Schweiz durch. Die Ergebnisse der Umfrage werden im November veröffentlicht.

«Wer anderen Gutes tut, ist glücklicher.» Teilen Sie diese Ansicht? Wer hat Ihre Unterstützung am meisten verdient? Was motiviert Sie, zu spenden? Welches Mass an Solidarität haben Sie während der Covid-19-Pandemie empfunden?

Sagen Sie Ihre Meinung und nehmen Sie hier an der Sotomo-Umfrage teilExterner Link.

(Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub)

(Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub)

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