Hooligans: «Zeit zum Einschreiten»
200 bis 300 gewaltbereite Chaoten haben am Freitag in den Fussballstadien von Bern und Basel die Meisterschaftsspiele stark gestört. Das sei erneut ein Imageschaden, so die Presse am Montag, einen Monat vor der Euro 08.
Einen Monat vor den Europameisterschaften 2008 kam es am Freitag zu Krawallen, die Dutzende von Verletzten forderten. Der «Blick» stellt die Frage: «Machen Hooligans die Euro kaputt?»
«Mulmige Gefühle vor dem EM-Start» spürt der Kommentator des «Sonntag» – «einen Monat vor dem grössten Sportanlass, den es in unserem Land je gegeben hat».
Wie es möglich gewesen sei, dass Chaoten lebensgefährliche Leuchtkörper ins Stadion schmuggelten, fragt sich der «Sonntag». Denn erstmals wurden in einem Schweizer Stadion gezielt «Bengalen», 1000 Grad heisse Petarden, in einen Familien-Sektor geworfen.
Ausser Italien, so der «Sonntag», habe mittlerweile fast jedes europäische Land Hooliganismus und Fangewalt besiegt.
Für die «Berner Zeitung» ist die «Zeit zum Einschreiten» gekommen. Auch die BZ konstatiert einen grossen Imageschaden. Es zeige sich, dass die Schweiz das Problem des Hooliganismus nicht im Griff habe.
«Privatzone» Fussballstadion
Völlig absurd sei, dass in Basel die Polizei im St. Jakob-Park, der als private Zone gilt, nicht durchgreifen dürfe, obwohl sogar Menschenleben gefährdet waren.
Die BZ fragt sich, ob «in diesem Bereich unseres Rechtsstaats noch alles richtig funktioniert».
«Bestehende Mittel genügen»
Weniger dramatisch kommentiert der «Tages-Anzeiger»: Die Befürchtung sei weitgehend unbegründet, dass sich solche Szenen auch an der Euro 08 abspielen. «Ultra-Gruppierungen identifizieren sich prinzipiell mit Klubmannschaften und nicht mit dem Nationalteam.»
Die Euro 08 sei für die Hooligans eine kommerzielle Veranstaltung – und deshalb nicht ihre Sache. Zudem seien die Eintrittskarten für sie unerschwinglich.
Gewalt sei deshalb ausserhalb der Stadien nicht ausgeschlossen, wie immer bei viel Menschen und Alkohol. Das habe jedoch nur bedingt mit Fussball zu tun.
Gefahrenzone «Fan-Zone»
Auch die «Basler Zeitung» schreibt, dass sich «das Problem vorderhand auf den Clubfussball beschränkt». All jenen, so die BaZ, die nun Randale an der Euro befürchten, sei versichert: «Während der Fussball-EM wird das Stadion eine Hochsicherheits-Zone.»
Aber: Die Fackelwerfer werden nicht im Stadion sein, «dafür wahrscheinlich in den Fan-Zonen».
Ruf nach Schnellrichtern
Christian Kern, Chef des Stadionbetreibers Basel United, fordert in der «NZZ am Sonntag» Schnellrichter in Schweizer Fussballstadien. Dies habe sich in England bewährt. «Man pflückt die Übeltäter heraus und die Sanktion wird sofort ausgesprochen.»
Während die Randalierer in Schweizer Stadien meist mit geringen Geldstrafen davon kämen. «Wer Menschenleben gefährdet, gehört eingesperrt», so Kern.
Die Deutschen fürs Grobe?
Ein weiteres Problem packt die Boulevard-Zeitung «Blick» an: Da die deutsche Polizei Erfahrung im Nahkampf habe, werde sie an der Euro 08 «fürs Grobe» eingesetzt. Im Gegensatz zu den Schweizer Kollegen, die die Hooligans aus der Ferne mit Schrot und Gas in Schach halten.
Laut «Blick» wehren sich die deutschen Polizeifunktionäre dagegen, als «Prügelknaben in deutscher Uniform» an der Schweizer EM den Kopf alleine herhalten zu müssen.
swissinfo, Alexander Künzle
In Basel und Bern sind am Freitag Abend 45 Personen nach schweren Ausschreitungen verletzt worden.
In Basel wurden 3 Personen in Spitalpflege gebracht.
Polizisten setzten vor den Stadien in Basel und Bern Gummischrot und Reizgas ein, um die Fans von Schlägereien abzuhalten.
In Basel warfen Anhänger des FC Zürich Fackeln und Feuerwerkskörper auf Basler Zuschauer auf tiefer gelegenen Rängen.
In einigen Stuhlreihen brachen Brände aus.
Die 12 Personen aus Zürich, die die baselstädtische Polizei verhaftet hat, sind alle wieder auf freiem Fuss.
Bereits am 13. Mai 2006 war es beim Meisterschaftsfinale zwischen dem FC Basel und dem FC Zürich zu Krawallen gekommen.
Das führte damals dazu, dass sich die Basler Clubspitze vermehrt um die Probleme mit ihren eigenen Fans zu kümmern begannen.
Die Personen, die am Freitag in Basel die Feuerwerks-Körper warfen, sollen Zürcher Randalierer der Gruppe K4 sein.
Diese Hooligans aus dem Stadtkreis 4 sind wegen ihrer Aggressionen aus der Zürcher Südkurve verbannt worden.
K4-Randalierer schwenkten in Basel ihre eigene Fahne und prügelten sich mit anderen Zuschauern aus Zürich.
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