Die Opfer des Holocaust dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Dieses Ziel verfolgen weltweit 31 Mitgliedstaaten im Rahmen der "International Holocaust Remembrance Alliance" (IHRA). Am 7. März übernahm die Schweiz für ein Jahr deren Vorsitz.
Unweit des Holocaust-Denkmals in Berlin, nämlich in der Schweizer Botschaft, übergab der scheidende IHRA-Vorsitzende, der rumänische Botschafter Mihnea Constantinescu, die Verantwortung an seinen Schweizer Nachfolger Benno Bättig, Generalsekretär im eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA).
Berlin ist Sitz des IHRA-SekretariatsExterner Link und aufgrund seiner Geschichte einer der zentralen Orte der Holocaust-Erinnerung. Viele Mitgliedsländer der IHRA waren gar nicht oder nur am Rande in den Vernichtungsfeldzug der deutschen Nationalsozialisten verwickelt, zum Beispiel weil sie ihre Grenzen für die Verfolgten dicht machten. Doch alle eint der feste Wille, die Erinnerung an die Schrecken des Holocaust und das Leid der Opfer in Forschung und Unterricht lebendig zu halten.
Dies gestaltet sich zunehmend schwierig. Jahr für Jahr sinkt die Zahl der betagten Holocaust-Überlebenden, die jungen Menschen von Angesicht zu Angesicht berichten können. Dabei sind es gerade die persönlichen Begegnungen mit den Verfolgten, die Schüler fesseln und nachhaltig beeindrucken, weiss Benno Bättig.
Die Vermittlung des Holocaust muss damit neue Wege finden, denn es gebe keine Garantie, dass die schrecklichen Ereignisse der Vergangenheit automatisch und auf ewig in den Köpfen der folgenden Generationen präsent seien. Erinnerung müsse gepflegt und in ihrer Vermittlung an die jeweilige Generation angepasst werden, so der neue IHRA-Vorsitzende.
Die Menschen hinter der Geschichte
Die Schweiz will dies während ihrer Präsidentschaft unter anderem mit der neu entwickelten App «Fliehen vor dem Holocaust» tun. In der digitalen Anwendung können die Nutzer in das Leben von vier Verfolgten eintauchen. Deren Schicksale werden anhand zahlreicher Multimedia-Tools mit Leben gefüllt und greifbar.
«Wir müssen die Sprache der Jugend sprechen und ihre Kommunikationswege nutzen», begründete der EDA-Botschafter das Projekt. «Persönliche Zeugnisse erinnern uns an die Menschen hinter der Geschichte», so Bättig. Die App vereint zugleich anschaulich die drei Schwerpunkte der Schweizer Präsidentschaft: Bildung, Jugend und soziale Medien.
Darüber hinaus wird die Schweiz im kommenden Jahr zwei Plenarsitzungen der IHRA in Bern und Genf durchführen, zwei Wanderausstellungen über den Holocaust unterstützen und die Vermittlung des Holocaust im Unterricht fördern.
Das kollektive Gedächtnis
Die IHRA wurde 1998 mit dem Vorsatz gegründet, dass die Erinnerung an den Holocaust nicht aus dem kollektiven Gedächtnis verschwinden darf. Im Jahr 2004 trat die Schweiz der Allianz bei, der sie nun zum ersten Mal für ein Jahr vorsteht.
Als erstes Land richtete sie ein nationales Beratergremium ein, in dem Vertreter des Bildungswesens, jüdischer Verbände, Sinti-und Roma Organisationen und aus der Politik auf nationaler Ebene gemeinsam die Agenda strukturieren und vorantreiben.
Der nun begonnene Schweizer Vorsitz gründe auf den Werten des Landes, betonte Benno Bättig in Berlin. «Die Schweiz hat sich immer für die Wahrung der Menschenrechte eingesetzt.» Auf diesem Fundament wolle man das Gedenken an und die Forschung über den Holocaust weiter wach halten.
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