Schweizer Juden erklären orthodoxen Feriengästen die Schweiz
Schweizer Juden und Jüdinnen haben diesen Sommer in den Berggebieten zwischen ausländischen orthodoxen Gästen und Schweizer Berglern vermittelt. Damit sollen Missverständnisse verhindert werden, wie das Plakat mit dem Duschaufruf an jüdische Gäste in Arosa.
Vor zwei Jahren löste eine unbedachte Affiche in einem Schweizer Berghotel, das jüdische Gäste zum Duschen aufforderte, einen Shitstorm aus. Sogar das israelische Aussenministerium reagierte und sprach von einem antisemitischen Akt der übelsten Sorte.
Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG)Externer Link reagierte wie gewohnt diplomatisch und konstruktiv: Nicht nur nahm er die Angestellte, die den Faux-Pas zu verantworten hatte, in Schutz, sondern er gleiste auch umgehend Aufklärungsarbeit in Form von Seminaren, Workshops, Informationsbroschüren und einem «Knigge für jüdische GästeExterner Link» auf.
Schon länger helfen jüdische Schweizer Jugendliche mit dem Aufklärungsprojekt Likrat PublicExterner Link Firmen, Hotels und anderen Unternehmen, ihre jüdischen Kunden besser zu verstehen. Auch an Schulen betreiben sie Aufklärungsarbeit:
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«Ich bin der Jude»
Es brauche mehr Dialog und Aufklärung statt Aufschrei und Shitstorm, so der SIGExterner Link.
Sommerprojekt in den Bergen
Im Rahmen von Likrat Public wurden diesen Sommer erstmals Schweizer Juden und Jüdinnen in die Berggebiete geschickt, um zwischen den Einheimischen und den ausländischen orthodoxen Gästen zu vermitteln.
Es geht dabei nicht nur darum, bei Einheimischen Verständnis für jüdische Religionsregeln zu wecken. Sondern auch um die Sensibilisierung der ausländischen Gäste für Schweizer Verhaltensweisen. Beispielsweise wird ihnen erklärt, dass es in ländlichen Schweizer Gebieten gebräuchlich ist, auch Fremde mit einem «Grüezi» zu grüssen und dass dies keinesfalls aufdringlich gemeint ist.
Tipps für sicheres Wandern
Die Mitarbeiter verteilten auch die vom SIG für jüdische Gäste aus dem Ausland publizierte Broschüre mit dem Titel «Welcome to the Swiss AlpsExterner Link«. Darin werden Schweizer Sitten erklärt. Dass es beispielsweise aus hygienischen Gründen nicht erlaubt ist, in öffentlichen Badeanstalten im T-Shirt zu schwimmen. Laut SIG werden in der Schweiz nicht nur Sauberkeit, sondern auch Ruhe geschätzt, man solle daher nicht laut in der Öffentlichkeit telefonieren.
Auch praktische Hinweise zu koscherem Essen, Banköffnungszeiten und Verkehrsregeln fehlen in der Broschüre nicht. Und die Gäste werden ermahnt, beim Wandern gute Schuhe zu tragen und das Hotel zu informieren, welche Wanderroute sie nehmen.
Jüdische Gäste sind für die Schweizer Berggebiete sehr wichtig. Orthodoxe aus aller Welt kommen schon seit Jahrzehnten in die Schweiz, um ihre Ferientage in den Bergen zu verbringen. Das Sommerprojekt von Likrat PublicExterner Link wird nächstes Jahr wiederholt.
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