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Maria, das Leben einer Pflegerin aus Rumänien

una donna in piedi, appoggiata contro una parete, che guarda verso l obiettivo.
Maria Nodis liess 2008 einen alkoholkranken Ehemann in Rumänien zurück, um sich in Italien und der Schweiz um alte Menschen zu kümmern. swissinfo.ch

Maria Nodis verliess Rumänien, um eine eigene Existenz aufzubauen. Heute arbeitet sie als Heimpflegerin im Tessin. Krankheit und Tod sind  allgegenwärtig. Die 65-Jährige will bald zurück nach Rumänien, wo sie eine Wohnung kaufen konnte. Eine Biografie.

«Ich habe immer Glück gehabt mit den Menschen, um die ich mich gekümmert habe, und mit ihren Familien»: Diesen Satz wiederholt Maria Nodis mehrmals während unseres Gesprächs in der grosszügigen Wohnung mitten im historischen Zentrum von Bellinzona, der Hauptstadt des Tessins.

Hier versorgte Nodis ab Februar 2018 die alte Frau Chichi. Diese erkrankte im Juli 2019 und verstarb innerhalb einer Woche. Für Maria Nodis war es ein Schock, denn sie war der alten Frau sehr zugetan. «Ich habe viel geweint. Es war, als wäre meine eigene Mutter gestorben», erzählt sie.

Maria Nodis hatte nicht nur gute Arbeitsbedingungen, sondern spürte auch die Zuneigung und Grosszügigkeit von Seiten der betreuten Seniorin: «Ich musste nicht einmal putzen. Dafür kam eine andere Person. Frau Chichi sagte immer zu mir: Maria, darum musst du dich nicht kümmern. Es gibt noch andere Menschen, die Angehörige ernähren müssen.»

Nach dem Tod der alten Dame bot deren Sohn und Erbe der Wohnung Maria Nodis an, dass sie in deren Wohnung bleiben könne. Zumindest so lange, bis sie nach Rumänien zurückkehren werde oder eine neue Stelle als Betreuerin beziehungsweise Pflegekraft gefunden habe. «Ein Jahr war ich hier und er hat keinen Rappen Mietzins verlangt», sagt sie voller Dankbarkeit.

Doch nun zieht Nodis weiter, hat sie doch eine neue Stelle gefunden. Sie darf sogar Möbel mitnehmen. Sie zeigt uns einen schönen Fernseher und einen Kühlschrank, den sie nach Rumänien bringen will.

Stellenwechsel an der Tagesordnung

Nicht immer habe sie so gute Arbeitsbedingungen erlebt wie bei Frau Chichi in Bellinzona, berichtet Maria. Doch auf grössere Probleme sei sie in ihren zwölf Jahren als Pflegekraft nie gestossen. Weder in der Schweiz noch in Italien. Sie weiss, dass es in dieser Branche häufig Situationen der Ausbeutung gibt und dass es sogar zu Misshandlungen kommt. Sie hat davon oft gehört, aber diese Dinge zum Glück nie selbst erlebt.

Das bedeutet aber nicht, dass es für Maria Nodis leicht war, von Rumänien in Länder zu ziehen, in denen sie zuvor noch nie gewesen war, um sich dort um gebrechliche oder kranke Menschen zu kümmern. Eine andere Kultur, eine andere Sprache, andere Gewohnheiten. «Ich sprach kein Wort Italienisch, und in meinem Alter war es nicht leicht, eine neue Sprache zu lernen», räumt er ein.

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Und sie musste feststellen, dass sie als Pflegekraft und Betreuerin häufig mit dem Tod konfrontiert ist. Und dass der Tod der betreuten Person das Ende einer Anstellung bedeutet.

Diese Situation hat sie häufig erlebt, manchmal schon nach ein oder zwei Monaten. In einem einzigen Fall stand sie einer älteren Person mehr als zwei Jahre zur Seite, bevor diese verstarb.

Weg vom Alkoholiker und Ehemann

Maria hat jedoch eine positive Lebenseinstellung. Und so sieht sie vor allem die Vorteile in ihrer Berufswahl als Pflegekraft im Ausland. Es könnte als grosse Herausforderung erscheinen, diesen Weg ins Ungewisse im Alter von mehr als 50 Jahren zu beschreiten, in einem Alter, als sie bereits Mutter und Grossmutter war. Aber Maria Nodis ist eine Person, die sich leicht anpasst. Hinter ihrem sanften Temperament verbirgt sich ein eiserner Wille.

Zudem verfügt sie über einen grossen Erfahrungsschatz, der es ihr erlaubt, sich nicht leichtfertig täuschen zu lassen. Der Abschied von Baia Mare (Frauenbach), der Stadt in Siebenbürgen im Norden Rumäniens, wo sie gelebt hatte, bedeutete für sie vor allem eines: Weg vom Ehemann, einem Alkoholiker. Die Frau wagte den Versuch, sich anderswo eine eigene Existenz aufzubauen.

Kluge Entscheidungen

Im Ausland hat sie schnell ihre eigenen Rechte kennengelernt. Und sie traf kluge Entscheidungen. So nutzte sie zum Beispiel im Juli 2011 die Gelegenheit, ins Tessin zu ziehen, dank der Beziehung zu einer anderen rumänischen Betreuerin, mit der sie sich in Italien angefreundet hatte. «Die Arbeitsbedingungen sind in der Schweiz besser als in Italien. Und das Gehalt ist viel höher», stellt sie fest.

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Maria erzählt uns jedoch, dass sie anfangs dachte, nicht in Bellinzona leben zu können. «Alle diese Berge hier haben mir Angst gemacht. Es schien, als würden sie auf mich fallen», erinnert sie sich und bedeckt ihr Gesicht mit den Händen. Gerade so, als ob sie die damalige Angst nochmals erlebte. Doch dann wechselt die Stimmung auf einen Schlag. Und sie sagt begeistert: «Jetzt mag ich die Berge.»

In Richtung Ruhestand

Inzwischen schätzt sie die Lebensqualität in der Südschweiz und die Beziehungen, die sie zu den von ihr betreuten Menschen und ihren Familien hatte. Sie zeigt uns mit Freude viele Fotos von Feiertagen und sogar von Ferien in Rumänien, die sie gemeinsam mit ihnen verbracht hat.

Während dieser Jahre hat Maria stets gespart, um sich eine Rente zu sichern, wenn sie eines Tages definitiv nach Baia Mare zurückkehrt. In ihrer Freizeit gab sie nie Geld für Freizeitaktivitäten aus. Sie ist eher eine einsame Hausfrau. «Ich bleibe gerne im Haus oder mache höchstens ein paar Spaziergänge. Ich hatte immer nur sehr wenige Freunde und gehe nie in Bars und Restaurants».

Dank ihrer Bescheidenheit ist es ihr inzwischen gelungen, sich eine Wohnung in Baia Mare zu kaufen. Dort wird sie von ihren Ersparnissen und einer kleinen AHV-Rente ohne finanzielle Sorgen leben können.

Inzwischen ist sie 65 Jahre alt und damit eigentlich schon im Pensionsalter. Doch wegen der Coronavirus-Krise hat sie ihre Rückkehr nach Rumänien verschoben und will noch etwas länger weiterarbeiten. «So kann ich noch etwas Geld für meine Zukunft auf die Seite legen», sagt sie.

Seit 2011 ist der Mindestbruttolohn für Hausangestellte, einschliesslich Pflegekräfte, in der ganzen Schweiz in einer Bundesverordnung festgelegt. Dieser Mindestlohn liegt derzeit zwischen 19.20 Franken pro Stunde für unqualifiziertes Personal und 23.20 Franken für qualifiziertes Personal. Hausangestellte haben Anspruch auf vier (in einigen Kantonen fünf) bezahlte Ferienwochen pro Jahr sowie bezahlte Feiertage.

Für Hausangestellte, die seit 2012 über Zeitarbeitsfirmen beschäftigt werden, gilt der Gesamtarbeitsvertrag für Leihpersonal. In diesem Fall variiert der Mindestlohn nicht nur je nach Qualifikation, sondern auch je nach Einsatzregion. Er liegt zwischen 20.33 Franken pro Stunde für ungelerntes Personal im Tessin und reicht bis 25.62 Franken pro Stunde für qualifiziertes Personal in Gebieten mit hohen Gehältern.

Vom Monatslohn können maximal 990 Franken für Kost und Logis abgezogen werden, wenn die Pflegekraft im Haushalt der betreuten Person lebt.

Obwohl es gesetzliche Mindestlöhne gibt, werden diese in vielen Fällen immer noch nicht eingehalten.

Eine Umfrage im Jahr 2015 hatte ergeben, dass die Zeitarbeitsfirmen den Haushaltshilfen und privaten Pflegekräften monatlich zwischen 1500 und 3000 Franken Lohn bezahlen, inklusive Unterkunft und Verpflegung. Diese Hilfspersonen werden hauptsächlich aus osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten rekrutiert. Es gab auch Fälle von Monatsgehältern von unter 1000 Franken. Die den Kunden in Rechnung gestellten Kosten schwankten zwischen 4500 und 13’500 Franken pro Monat.

Zusätzlich zu den Nettolöhnen der Pflegekräfte kommen die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung und die Versicherungsbeiträge sowie die Verwaltungs- und Vermittlungskosten hinzu.

Für Personen, die rund um die Uhr Pflege benötigen, sind die Kosten sogar noch höher, da sich die Löhne mehrerer Pflegekräfte summieren.

Es ist zu beachten, dass Hausangestellte in der Schweiz nur Hilfsdienste in der Pflege leisten dürfen. Die eigentliche Krankenpflege darf nur von ausgebildeten Krankenschwestern und Sozialarbeitern mit einem von den Kantonen anerkannten Diplom geleistet werden. Daher sind die damit verbundenen Kosten nicht in den Lohnkosten für eine private Pflegekraft enthalten.

Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob

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