Was im Sport oft nicht ganz gelingt, ist beim öffentlichen Transport schon fast die Regel: Die Schweiz ist erneut Europameisterin im Zugfahren. Nur für Silber reichte es im weltweiten Vergleich: Einzig die Japaner fuhren öfter mit der Bahn. Weltmeister bleiben die Schweizer mit 2277 zurückgelegten Bahnkilometern pro Kopf.
Durchschnittlich bestieg 2015 jede Schweizerin und jeder Schweizer 59 Mal einen Zug. Öfter machten es nur die Japaner: Sie fuhren im letzten Jahr im Durchschnitt pro Kopf 72 Mal mit der Eisenbahn. Das ergab eine am 16. August veröffentlichte Auswertung der Jahresstatistik des Internationalen Eisenbahnverbandes durch den Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr Litra.
Hinter der Schweiz auf dem zweiten Rang der europäischen Länder landete Luxemburg mit 40 Bahnfahrten. Am Ranglistenende liegt Schweden mit gerade mal drei Bahnfahrten pro Person.
Externer Inhalt
Ganz an die Weltspitze schafften es die Schweizerinnen und Schweizer auch dieses Jahr bei der Anzahl zurückgelegter Bahnkilometer. Mit 2277 Kilometer pro Kopf fuhren sie weiter mit dem Zug als jede andere Nation der Welt. In dieser Kategorie konnten die Schweizer Bahnfahrenden die Japaner (2052 Kilometer) klar auf Platz zwei verweisen.
Hinter den beiden Spitzenreitern folgen weit abgeschlagen Österreich mit 1361 Kilometern, danach Frankreich mit 1252 Kilometern und Dänemark mit 1057 Kilometern. Die Deutschen fuhren mit 979 Kilometern pro Person fast zweieinhalb Mal weniger Zug als die Schweizer.
Externer Inhalt
Bereits in den vergangenen Jahren hatten die Schweizer Zugpassagiere die europäische Konkurrenz hinter sich gelassen. Bei den zurückgelegten Kilometern holte die Schweiz schon 2013 und 2014 Gold.
Die Gründe für diesen Erfolg sind zahlreich: überdurchschnittlich hohe Dichte an Bahnlinien, häufige Verbindungen, Pünktlichkeit, günstige Umsteigezeiten und gute Koordination mit Postbussen in entlegene Täler, relativ geringe Distanz zwischen den grossen Städten des Landes, usw.
Trotzdem habe dieser Erfolg etwas Paradoxes an sich, betonte François Walter, emeritierter Professor für Geschichte an der Universität Genf, gegenüber dem Westschweizer Radio RTS. Im Vergleich zu den Nachbarländern nämlich habe sich die Bahn in der Schweiz erst relativ spät entwickelt, aber sie habe rasch grosse Begeisterung hervorrufen können.
«Die Bahn konnte sich schnell in die Landschaft integrieren, bis zu dem Punkt, dass sie zu einem Teil der Landschaft wurde. Und da die Landschaft von zentraler Bedeutung für das Schweizer Identitätsgefühl ist, nahm die Bahn auch in unser nationales Bewusstsein Einzug», so Walter.
Beliebte Artikel
Mehr
Swiss Abroad
Argentinien: Tausende Nachkommen von Ausgewanderten fordern den Schweizer Pass
Welche psychischen Herausforderungen mussten Sie nach Ihrer Auswanderung aus der Schweiz überwinden?
Trotz der Freude auf etwas Neues, kann Auswandern psychisch belastend sein. Erzählen Sie uns von Ihren Erfahrungen – auch vertraulich via E-Mail möglich.
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch
Mehr lesen
Mehr
Ein Symbol der Einheit in einem geteilten Europa
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
«Mit diesem Jahrhundertbauwerk leistet die Schweiz einen wichtigen Beitrag an den europäischen Transport», schreibt Il Sole 24 Ore. Die italienische Tageszeitung bemerkt aber auch, dass der Gotthard-Basistunnel und der Basistunnel am Monte Ceneri im Kanton Tessin erst eine echte Wirkung entfalten können, wenn sie «durch die Entwicklung und die Aufrüstung der Infrastruktur im Norden und…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Drei Milliarden Franken an Mineralölsteuern werden ausschliesslich in den Strassenbau fliessen – anstatt wie bisher nur die Hälfte davon, wenn das Schweizer Stimmvolk anfangs Juni Ja sagt zur «Initiative für eine faire Verkehrsfinanzierung». Ist diese sogenannte Milchkuh-Initiative ein Schritt in die richtige Richtung, um die Verkehrsprobleme von heute und morgen zu lösen? Ueli Haefeli, Titularprofessor…
Hat die Schweiz wirklich den besten Service public der Welt?
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
«Wir haben den besten Service public der Welt. Die Menschen gelangen mit den Schweizerischen Bundesbahnen oder dem Postauto in jedes noch so abgelegene Tal der Schweiz», sagte Bundesrätin Doris Leuthard am 12. Mai in einem InterviewExterner Link mit der Gratiszeitung 20 Minuten. Grosse Worte und grosses Lob für die öffentlichen Dienste in der Schweiz. Laut…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Es ist das Jahr des Gotthards. Neat-Eröffnung, Abstimmung über einen zweiten Strassentunnel. Zeit, um mit Peter von Matt über den Mythos Gotthard zu diskutieren. Kein Schweizer hat sich intensiver mit diesem Pass auseinandergesetzt als der Schriftsteller und Literaturwissenschaftler. Und weil Peter von Matt bevorzugt schriftliche Interviews gibt, dabei aber so präzise und schön formuliert wie…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Jedes Jahr und im Einklang mit andern europäischen Ländern, tritt am zweiten Dezembersonntag der neue Fahrplan in Kraft. Zuständig dafür sind die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und der Koordinator der Nutzungsrechte, die Firma «Trasse». Trotz der Bevölkerungsdichte und der teilweise schwierigen Topographie, erreichen die Reisenden in 98% der Fälle ihre Anschlusszüge. «In der Schweiz wird der…
Pilatus – die Bahn, die den verbotenen Berg bezwang
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Die Türen des Zugs sind bereits geschlossen, als eine chinesische Familie auf dem Perron erscheint. Stephan Sigrist, der Lokomotivführer, scheint über deren Verspätung überhaupt nicht verdrossen und lässt die Passagiere zuhinterst im Wagen Platz nehmen. «An diesen Regentagen kommen vor allem ausländische Touristen auf den Pilatus. Die Schweizer warten lieber auf besseres Wetter», sagt der…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Gestützt von der öffentlichen Meinung hat der Bundesrat den öffentlichen Verkehr (ÖV) nachhaltig gefördert. So besitzen heute mehr als zwei Millionen Leute – ein Viertel der Bevölkerung – ein Halbpreis-Abonnement. Der SBB-Slogan «Der Kluge reist im Zuge» ist in der Schweiz nicht nur ein Begriff, sondern wird von vielen auch täglich gelebt. 2010 hat jede…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Wenn am Sonntag die Bahn 2000 erstmals die neue Strecke befährt, wird Realität, was Wildener bereits vor Jahrzehnten ausgeheckt hatte. Vor genau 20 Jahren, um Weihnachten 1984, setzte sich Werner Wildener mit einem kleinen Team an einen Tisch. Mit Bleistift und Radiergummi machten sie sich daran, der Schweiz für das Jahr 2000 einen neuen Fahrplan…
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch