Die Festivalsaison bringt nebst Musik viel Müll
Die Schweiz ist eines der Länder der Welt mit der höchsten Dichte an Open-Air-Musikfestivals. Mindestens ebenso auffällig ist aber auch die Menge an Abfall, die nach den Konzerten liegenbleibt.
Paléo, St. Gallen, Frauenfeld, Gurten, Greenfield, Gampel, Rock the Ring….: Die Liste der Open-Air-Musikfestivals in der Schweiz ist lang. So lang, dass die Schweiz mit rund 300 Veranstaltungen pro Jahr zu den Ländern mit der höchsten Open-Air-Dichte der Welt gehört, sagt Christof Huber von YouropeExterner Link, dem Verband der europäischen Musikfestveranstalter, gegenüber swissinfo.ch.
Laut Huber hat dieser Rekord wenig mit der hohen Kaufkraft der Schweizer zu tun. «Ich denke, es liegt vor allem an der relativ kurzen Dauer des Sommers. Wir sehen das auch in skandinavischen Ländern und in Deutschland: Die Menschen verbringen den Sommer gerne im Freien und deshalb sind Musikfestivals sehr beliebt.»
Nach der Musik bleibt der Müll
Die Saison der grossen Outdoor-KonzerteExterner Link dauert von Mitte Juni bis Mitte August. Mit rund 230’000 Zuschauern an sechs Tagen ist das Paléo FestivalExterner Link in Nyon, zwischen Lausanne und Genf gelegen, das grösste Open-Air-Musikevent der Schweiz.
Neben den für diesen Sommer angekündigten grossen Namen wie The Cure, Elton John, Toto und Sting gibt es eine Show, auf welche die Organisatoren gerne verzichten würden: Am Ende jedes Events sind die Rasenflächen mit Tonnen von Müll, Flaschen, Plastik und Zelten übersät.
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Festival der Abfälle
Kartonzelte
Um Abfälle zu reduzieren, haben sich zwei Schweizer Festivals – Greenfield in Interlaken (Bern) und Burning Mountain in Zernez (Graubünden) – entschlossen, eine Neuheit aus Holland einzuführen: Zelte aus Karton.
Die Zelte von KartentExterner Link für zwei Personen sind wasserdicht und zu 100% recycelbar, erklärte Iris Huggler, Verantwortliche des Greenfield Festival, gegenüber dem deutschsprachigen Schweizer Radio SRFExterner Link. Bislang hat das niederländische Unternehmen rund 50’000 Kartonzelte an rund hundert Outdoor-Festivals weltweit verkauft. In der Schweiz werden die Zelte rund 90 Franken kosten.
Ein falscher Anreiz
Obwohl die Produktion eines Kartonzeltes laut Kartent halb so viel CO2 ausstösst wie die eines klassischen Campingzeltes, sind nicht alle von der Idee begeistert.
Die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) sagte gegenüber SRF, es sei schwierig, die Ökobilanz von Karton mit jener von Kunststoff zu vergleichen.
Auch die Umweltökonomin Barbara DubachExterner Link fragt sich, ob Kartonzelte die richtige Wahl sind, auch wenn sie recycelbar sind. Laut Dubach wäre die ideale Lösung, mit einem richtigen Zelt an das Festival zu gehen und es am Ende der Konzerte wieder mit nach Hause zu nehmen.
Gleicher Meinung ist Christof Huber, der auch für das Open-Air St. Gallen verantwortlich ist: Kartonzelte seien nicht der richtige Anreiz. «Sie stärken die Wegwerf-Mentalität.» Das in St. Gallen eingesetzt System sei effizienter: «Vor fünf Jahren haben wir ein Depot von 20 Franken für mitgebrachte Zelte eingeführt. Wir haben sehr gute Ergebnisse erzielt: Letztes Jahr wurden 85% der Zelte wieder nach Hause genommen», so Huber.
CO2-kompensiertes Festival
Das St. Galler Festival ist das erste grosse Open-Air-Musikfestival der Schweiz, das seine CO2-Emissionen kompensiert. Ab diesem Jahr werden die Emissionen von Zuschauern, Künstlern (die mehr als 50% des ökologischen Fussabdrucks der Veranstaltung ausmachen) und der gesamten Organisation durch Projekte kompensiert, die vom Schweizer Verband myclimateExterner Link unterstützt werden. Dazu gehören die Renaturierung von Moorgebieten im Kanton Glarus und ein Aufforstungsprojekt in Nicaragua.
(Übertragung aus dem Italienischen: Sibilla Bondolfi)
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