Schweizerhof in Bern mit Geld aus Katar eröffnet
In Bern wird in diesen Wochen der traditionsreiche Schweizerhof wiedereröffnet. Das Fünfsternhotel, bis im Jahr 2000 im Besitz der Familie Gauer, gehört nun einer Betriebsgesellschaft, deren Geld vom Staatsfonds aus Katar stammt.
Letzte Woche die Lobby und die Bar, dann das Restaurant, in den kommenden Wochen stockwerkweise die 99 Zimmer und Suiten: Der Schweizerhof in Bern eröffnet bis im Mai «stufenweise», sagt der neue General Manager Michael Thomann gegenüber swissinfo.ch.
Vor sechs Jahren war das Hotel – nicht mehr im besten Zustand – geschlossen worden. Und ob es je wieder eröffnet würde, blieb unklar bis 2009, als die Investoren aus Katar einstiegen.
Hinter Hoteldirektor Thomann steht als neue Betreibergesellschaft die QDHP Swiss Management AG. Bruno Schöpfer, ehemaliger CEO der Mövenpick Hotels, hat die AG mit dem Geld der Qatari Diar Real Estate Company in Zug gegründet. Dabei handelt es sich um den Katarischen Staatsfonds im Eigentum der Herrscherfamilie.
Zum Hotel-Portefeuille der QDHP Swiss Management AG gehört nicht nur der Berner Schweizerhof. Schöpfer, dem vom katarischen Fonds mehr als eine halbe Milliarde Franken zur Verfügung steht, erneuert auch den gesamten Hotel Resort Bürgenstock oberhalb von Luzern, und das Royal Savoy in Lausanne, das vor der Eröffnung steht. In den Schweizerhof sind über 45 Mio. Franken investiert worden.
Für die Hotel-Gruppe markenrelevant respektive Label-bestimmend ist dabei der Bürgenstock. Dies zeigt sich auch an den grau-braun («taupe») gehaltenen Namensschildern des Personals im Berner Schweizerhof, an denen ein grosses B für «Bürgenstock Selection» prangt.
Atypisch, aber stabil
«Die Formel Katar plus Schweizer Betreibergesellschaft plus Schweizerhof» sei zwar nicht typisch, sagt der Hotelunternehmensberater und ehemalige Hotelier Heinz Wehrle von der Horwath HTL in Zug gegenüber swissinfo.ch, aber langfristig dennoch stabil. «Üblicherweise interessiert sich zuerst eine Kette mit einem bekannten Namen für ein Hotel, und dann ist der Financier relativ schnell gefunden.»
Im Fall vom Schweizerhof jedoch sei wegen dem weniger wichtigen Standort Bern wohl keine Hotelkette interessiert gewesen, obschon einige Ketten in der Schweiz noch kein Haus hätten. «Der Schweizerhof ist sicher eine gute Anlage, aber so persönlich wie unter der Führung der Hoteliersfamilie wird der Betrieb wohl nicht mehr geleitet werden», schätzt Wehrle.
Jetzt wird der «General Manager» eben den früheren «Herrn Direktor und Privathotelier» ersetzen: Michael Thomann ist erst im vergangenen September zur QDHP Swiss Management AG gestossen. Wie Schöpfer ist auch er ein Ehemaliger aus dem Haus Mövenpick. Seine Laufbahn hat Thomann als Konditor-Confiseur bei Sprüngli begonnen und dort gelernt, dass Qualität über alles gehe.
Bereits als 25-Jähriger erhielt er von Henry Hunold die grosse Chance, im Dolder Grand in Zürich zu wirken. Nachher führte er die gemeinsame Einkaufsgesellschaft der Swissair und Mövenpick. Später übernahm er das Waldhotel im WEF-Ferienort Davos, das in Thomas Manns «Zauberberg» verewigt wurde.
«Im baulich geschützten Waldhotel habe ich meine ersten Erfahrungen mit Denkmalpflegern gemacht», sagt er lachend gegenüber swissinfo.ch, «aber im Unesco-geschützten Bern sind die Auflagen noch viel höher. Gut, dass unsere Investoren einen langen Atem haben».
Kurzer Atem der Familienhotellerie
Der lange Schnauf war in der Schweiz vielen mittelgrossen (Familien-)Betrieben in den 1990er-Jahren ausgegangen: So spitzten sich im Fall des rund 150-jährigen Berner Schweizerhofs die Probleme für die Familie Gauer, die den Betrieb seit Mitte des 19. Jahrhunderts geführt hatte, stark zu.
Die Familienmitglieder fanden ihr Auskommen zwar weiterhin in der Hotellerie, doch nicht mehr im Schweizerhof selbst. Jean-Jacques Gauer führt seit 1996 das Palace in Lausanne, seine Schwester Marianne Gauer-Zurbrügg hatte sich international einen Namen als Hotel-Innenarchitektin gemacht. Ihr Mann, Hans Zurbrügg, ist ebenfalls Hotelier (Innere Enge in Bern, ZG-Hotels) und passionierter Jazz-Liebhaber.
Beim Schweizerhof in Bern kam es zu Nachfolge- resp. Erbteilungs-Unstimmigkeiten, wie man sie von zahlreichen KMU in anderen Branchen ebenfalls kennt.
«Dazu kam, dass Grossbanken, in unserem Fall die UBS, nachdem diese (damals noch als Schweizerische Bankgesellschaft, AdR) den Bankverein geschluckt hatte, Kredite nur noch unter gewissen Voraussetzungen gewähren wollte», erinnert sich Jean-Jacques Gauer gegenüber swissinfo.ch.
«Mit dem Basel-II-System wurden die Hotels neu eingestuft, so dass der Zinssatz für Kredite statt auf 4% wie bisher plötzlich auf 10 oder 11% zu stehen kam.» So habe man nicht mehr wirtschaften können, und die Aktionäre bzw. Besitzer hätten sich danach oft von den Hotels getrennt.
«Es hat aber nicht alle Hotels getroffen, jene mit einer gesünderen Kapitalbasis oder mit einer bereits realisierten Erbteilung konnten sich retten», sagt Gauer.
«Selection» und «Collection»
Der renovierungsbedürftige Schweizerhof war für die Stadt Bern jahrelang ein Sorgenkind. Nach dem Verkauf im Jahr 2000 wurde er zum Spekulationsobjekt. Für die Stadt Bern stellte sich auch die Frage, ob ihre von der Unesco ausgezeichnete Altstadt als eher politischer denn wirtschaftlicher Standort überhaupt Platz für zwei Fünfsternhotels biete.
Der wirklich grosse Fünfsternbetrieb Berns, das «Bellevue» mit 130 Zimmern und acht Konferenzsälen, gehört als hauptstädtisches Hotel der Schweizer Eidgenossenschaft und dient deshalb mehr als staatspolitisch notwendiges Repräsentationshaus und nicht primär als Renditeobjekt.
Künftig wird die Hauptstadt nun wieder zwei elegante 5-Sternhäuser aufweisen: Den Schweizerhof als Teil der «Bürgenstock Selection» und das Bellevue als Teil der «Victoria Jungfrau Collection».
Schweizerhof Bern, Royal-Savoy Lausanne, Atlantis Sheraton, Zürich, Drei Könige Basel, etc.: Alle diese Hotels hatten zwar ein grosses Renommé, waren aber stark renovationsbedürftig.
Sie wechselten im vergangenen Jahrzehnt Besitzer und/oder blieben zum Teil während Jahren geschlossen.
Zuerst handelten die Richemond Héritage SA, dann die Rosebud Hôtels Holding (Luxembourg) die Immobilien. Das heisst, sie kauften sie günstig und verkauften sie dann teuer.
Das Genfer Richemond wurde an Rocco Forte verkauft, der es jetzt weiterverkauft. Das Drei Könige wurde an Unternehmer Straumann (Medizinaltechnik) verkauft, der Schweizerhof, Atlantis und Royal-Savoy mussten warten.
2007 tauchten erstmals die Katarer auf. Ausser dem Atlantis kamen die beiden anderen Hotels zur QDHP Swiss Management.
Erstmals seit drei Jahren sind gemäss dem Hotelbuchungs-Portal «hotels.com» die Zimmerpreise 2010 wieder gestiegen.
Mit einem durchschnittlichen Übernachtungspreis von 140 Euro liegt die Schweiz auf Platz 2 der Rangliste.
Teurer ist nur noch Brasilien, mit 145 Euro. Den dritten Platz belegt Israel mit 138 Euro.
Deutschland liegt mit 90 Euro im Mittelfeld.
Dafür seien die Preise in Irland, Spanien und Island (Vulkanausbruch) wegen der Krise im eigenen Land deutlich gefallen. Aber auch in den Emiraten (Abu Dhabi) fielen die Preise um 17%.
Wie sich die Krise in Nordafrika und im Nahen Osten sowie die Katastrophen in Japan preislich auf den weltweiten Tourismus auswirken, ist noch nicht bekannt.
Laut «hotels.com» bewegten sich die Preise 2010 etwa wieder auf dem Niveau von 2004.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch